Die Bilder aus dem
chinesischen Wuhan gingen um die
Welt: Dort wurde innerhalb von
wenigen Tagen und somit in
Windeseile ein Krankenhaus für
Corona-Patienten gebaut. Gerade mal
zehn Tage nachdem die Bagger
anrückten, konnten die ersten
Patienten behandelt werden. Auch in
Deutschland rüsten sich die Kliniken
für den Notfall. Sollten die
Kapazitäten einzelner, besonders
betroffener Regionen nicht
ausreichen, gilt es stillgelegte
Kliniken zu reaktivieren. In manchen
Städten werden auch bereits Gebäude
wie Messe- oder Sporthallen
umgewidmet. Damit dies reibungslos
funktioniert, müssen von baulichen
Besonderheiten über hygienische
Anforderungen bis zu rechtlichen
Fragen zahlreiche Dinge beachtet
werden.
Wenn Kapazitäten nicht ausreichen
Was die medizinische Versorgung
angeht, zählt Deutschland im
europäischen Vergleich eindeutig zu
den Spitzenreitern. 1.160
Krankenhäuser führen etwa 28.000
intensivmedizinische Betten, die
durch Sondermaßnahmen derzeit
verdoppelt werden. Gleichzeitig
haben Kliniken planbare Operationen
ohne medizinische Dringlichkeit
abgesagt, Patienten wurden verlegt
und - sofern möglich - nach Hause
entlassen. All diese Maßnahmen
schaffen zwar zusätzliche
Behandlungskapazitäten für den
Ernstfall. Falls die Anzahl schwerer
Fälle jedoch in kurzer Zeit stark
ansteigen sollten, fangen so
genannte Hilfskrankenhäuser die
erwartete Patientenzunahme auf.
Stillgelegte Klinken wiederbeleben
Um zusätzliche
Behandlungskapazitäten zu schaffen,
nehmen verschiedene Bundesländer
stillgelegte Kliniken wieder in
Betrieb. In Deutschland existieren
noch etwa 150 solcher Kliniken,
deren Zustand allerdings - je nach
Dauer der Stilllegung und den
zwischenzeitlich vorgenommenen
Sanierungsmaßnahmen - sehr
unterschiedlich ist. Dementsprechend
komplex gestaltet sich die
Inbetriebnahme: "Hier müssen
Kliniker, Techniker und Ingenieure
Hand in Hand arbeiten, um das
Gebäude schnellstmöglich für die
neuen Prozess- und
Hygieneanforderungen zu
ertüchtigen", erklärt Prof. Dr. med.
Christian K. Lackner, Mediziner und
Director der Healthcare Division bei
Drees & Sommer. "Dazu gehören auch
genaue Kenntnisse aller - auch
rechtlicher - Rahmenbedingungen zu
Gebäuden, Klinikbetrieb,
Medizintechnik oder Hygiene. Unter
Zeitdruck wird das nur in
berufsübergreifenden und parallel
agierenden Teams gelingen." Der
Aufwand lohne sich, denn gegenüber
anderen Gebäudetypen ließen sich
klinische Prozesse hier leichter
abbilden, so Lackner weiter. Auch
die technischen Voraussetzungen und
die hygienischen Rahmenbedingungen
seien schon gegeben.
Umwidmung von Sport- und Messehallen
Sollten auch die reaktivierten
Krankenhäuser an ihre
Kapazitätsgrenze stoßen, können
Großraumgebäude wie beispielsweise
Sport- oder Messehallen im
Schnellverfahren umgebaut werden.
Damit das funktioniert, muss jeder
Handgriff vorher geplant und exakt
getimt werden. Einzelne Module wie
beispielsweise Trennwände werden
industriell vorgefertigt und vor Ort
lediglich montiert. Der Aufbau von
Intensiv- und Beatmungsplätzen ist
grundsätzlich in gleicher Weise
möglich. Intensivplätze haben jedoch
noch höhere Anforderungen an Hygiene
oder technische Ausstattung. Um die
Patientensicherheit zu
gewährleisten, gelten daher auch in
Sport- oder Messehallen dieselben
baulich-technischen Anforderungen
wie bei Klinikgebäuden.
"Die Maxime lautet: Keinesfalls
dürfen Patienten gefährdet oder
Keime verschleppt werden", so
Lackner weiter. "Dazu müssen sich
speziell die Planer für Lüftung,
Sanitär und Medizintechnik mit der
Hygiene abstimmen. Wichtige
Maßnahmen sind beispielsweise ein
gesonderter Bereich für die Aufnahme
der infizierten Patienten oder eine
Lüftungsanlage, die eine
Weiterverbreitung von Keimen in
andere Gebäudeteile ausschließt."
Darüber hinaus sei es sinnvoll,
solche Hilfskrankenhäuser nur in
enger Vernetzung mit den regionalen
Kliniken zu betreiben.
Personal und Ausrüstung
Diese Vernetzung betrifft alle
Ressourcen und Prozesse
gleichermaßen - ähnlich wie bei
einer Fusion klinischer
Einrichtungen. Dies betrifft
klinische und logistische Prozesse,
die Dokumentation der Behandlungen,
medizinische Ausrüstung, technische
Ausstattung und nicht zuletzt
Personal. "Wir befinden uns nun
bereits in der Phase 'Learning by
doing' - insbesondere, was die
Nachschublogistik von
Verbrauchsmitteln und
Schutzausrüstungen betrifft. Hier
greifen Kliniken,
Pflegeeinrichtungen und der gesamte
ambulante Sektor auf denselben
globalen Ausrüstungsmarkt zu", sagt
Lackner.
Neben der Bereitstellung
medizintechnischer Ausrüstung, wie
etwa Beatmungsgeräte und
intensivmedizinischem Monitoring und
Perfusionspumpen, sei die
Zusammenstellung des Personals eine
große Herausforderung. "Neben
medizinisch voll ausgebildeten
Fachärzten und Pflegepersonal können
gemäß Verordnung des
Bundesgesundheitsministers auch
Medizinstudenten als Teammitglieder
eingesetzt werden, etwa zum Blut
abnehmen oder Abstriche machen", so
Lackner. Dies schaffe eine gewisse
Entlastung für das Personal, aber
nur, wenn die Teams richtig
zusammengesetzt sind:
"Patientensicherheit ist das oberste
Gebot."
Vita Prof. Dr. med. Christian
Lackner, Director Healthcare
Division
Prof. Dr. med. Christian K. Lackner
ist ein Kliniker im
Immobilienunternehmen. Lackner
tauschte vor acht Jahren seine
langjährige Tätigkeit als Vorstand
des Instituts für Notfallmedizin und
Medizinmanagement am Uniklinikum
München gegen eine leitende
Beraterfunktion innerhalb der
Healthcare Division des Stuttgarter
Immobilienberatungsunternehmen Drees
& Sommer. Große Kliniken berät er
seit vielen Jahren u.a. bei der
Erstellung von Alarm- und
Einsatzplänen für den Massenanfall
von Verletzten (MANV) und den
Massenanfall von Infizierten (MANI).
Darüber hinaus unterstützt er die
Einrichtungen bei der Harmonisierung
und Fortschreibung dieser Pläne auf
regionaler und Landesebene.
Seine Kenntnisse und Erfahrungen im
Bereich der Notfall- und
Akutmedizin, dem klinischen Risiko-
und Fehlermanagement, Struktur- und
Prozessanalysen sowie Change- und
Qualitätsmanagementprozessen lässt
er in Planungen und Analysen zu
Neu-, Um- und Erweiterungsvorhaben
von Kliniken und Krankenhäusern
einfließen. Gemeinsam mit
Ingenieuren, Prozessberatern und
Projektmanagern für Bauprojekte
begleitet er die Planungs- und
Bauprozesse bis hinein in die
Nutzerabstimmungen und zur
klinischen Inbetriebnahme. Immer mit
dem Ziel: Patientensicherheit rauf,
Risiko runter.
Dafür hinterfragt er den Status quo
kritisch und gleicht ihn mit den
aktuellen betrieblichen,
prozessualen und medizinischen
Erfordernissen ab. Reibungslose,
ressourcensparende und weniger
fehleranfällige klinische
Betriebsprozesse sind vor allem in
der Akutmedizin unverzichtbar.
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Meldung: Drees & Sommer,Stuttgart