Vergleichsverhandlungen zwischen
Volkswagen und der
Verbraucherzentrale im Dieselskandal
sind gescheitert. Das Oberlandesgericht Braunschweig muss
sich dem Fall voraussichtlich wieder
annehmen. Bis zu einem
rechtskräftigen Urteil mindern sich
die Ansprüche der Verbraucher auf
Entschädigung um mehrere hundert
Millionen Euro.
Volkswagen verkündete aktuell das
Scheitern der
Vergleichsverhandlungen mit der
Verbraucherzentrale. Nun treffen
sich beide Parteien vermutlich
wieder vor Gericht. Bis ein
rechtskräftiges Urteil verkündet
wird, werden jedoch Jahre vergehen.
Dadurch sinken die
Entschädigungsansprüche der rund
460.000 Verbraucher voraussichtlich
um mindestens 377 Millionen Euro.
Der Rechtsanwalt Claus Goldenstein
erklärt die Hintergründe dazu. Seine
Kanzlei Goldenstein & Partner
vertritt mehr als 17.800 Mandanten
im Abgasskandal und ist in der Sache
für den ersten Fall verantwortlich,
der vor dem Bundesgerichtshof (BGH)
verhandelt wird:
“Die Verbraucherzentrale wollte sich
mit VW auf einen Vergleich einigen,
der jedoch an den Honorarforderungen
der Anwälte der Verbraucherzentrale
scheiterte. Zwar bietet Volkswagen
den 460.000 Teilnehmern der
Musterfeststellungsklage eine
Entschädigung von rund 1800 Euro pro
Person an, doch diese Summe ist
nicht hinnehmbar.
Zum Vergleich: Wir von Goldenstein &
Partner erstreiten im Abgasskandal
durchschnittlich Entschädigungen in
Höhe von 4600 Euro, wenn das
jeweilige Fahrzeug nicht an den
Hersteller zurückgegeben wird.
Dennoch ist die Rückgabe des
jeweiligen PKW in den meisten Fällen
aber deutlich lukrativer, denn dafür
gibt es nicht selten Entschädigungen
in Höhe von mehreren zehntausend
Euro.
Nun muss sich das Oberlandesgericht
Braunschweig aller Voraussicht
wieder mit dem Fall befassen.
Anschließend geht die
Musterfeststellungsklage wohl bis
zum Europäischen Gerichtshof (EuGH).
Volkswagen selbst erwartet ein
rechtskräftiges Urteil daher
frühestens im Jahr 2023. Bis dahin
sinkt der Entschädigungsanspruch der
betroffenen Fahrzeughalter jedoch um
fast eine halbe Milliarde Euro.
Die bisherigen Urteile im
Abgasskandal fallen alle ähnlich
aus: So setzt sich die individuelle
Entschädigungssumme jedes Klägers
bei der Rückgabe des manipulierten
Fahrzeuges aus dem ursprünglichen
Kaufpreis abzüglich einer
Nutzungsentschädigung für die
bereits gefahrene Strecke zusammen.
Für diese Nutzungsentschädigung
ziehen die zuständigen Gerichte eine
ungefähre maximale Laufleistung des
jeweiligen Fahrzeuges heran und
berechnen darauf basierend den
Wertverlust aufgrund der bislang
zurückgelegten Strecke. Im Schnitt
gehen die Gerichte in ihren
bisherigen Einschätzungen von einer
maximalen Laufleistung in Höhe von
272.367 Kilometern pro Fahrzeug aus.
Laut Kraftfahrtbundesamt legt ein
durchschnittlicher PKW in
Deutschland jährlich 13.922
Kilometer zurück. Demnach verlieren
die betroffenen Fahrzeuge pro Jahr
rund 5,11 Prozent ihres Wertes.
Bezogen auf den durchschnittlichen
Kaufpreis in Höhe von 24.621 Euro,
den die von uns vertretenen
VW-Halter für ihren PKW zahlten,
bedeutet das eine jährliche
Wertminderung von mehr als 1.250
Euro pro Fahrzeug. Insgesamt
verlieren die Fahrzeuge der 460.000
in der Musterfeststellungsklage
eingeschriebenen VW-Halter demnach
rund 583,3 Millionen Euro an Wert –
jedes Jahr.
Ausgeglichen wird diese Summe
zumindest in Teilen durch den
Deliktzins in Höhe von 4 Prozent pro
Jahr, den Volkswagen seinen
geschädigten Kunden möglicherweise
auszahlen muss. In diese Richtung
hat sich bislang unter anderem das
Oberlandesgericht Köln
ausgesprochen. Insgesamt müsste
Volkswagen seinen geschädigten
Kunden bis 2023 demnach Deliktzinsen
in Höhe von rund 453 Millionen Euro
pro Jahr zahlen. Das sind dennoch
mehr als 125,8 Millionen Euro
weniger als die betroffenen
Fahrzeuge jährlich an Wert
verlieren. Bis 2023 kommt so eine
Wertminderung von mindestens 377,4
Millionen Euro zusammen.
Das Musterfestellungsverfahren
halten wir daher insgesamt für einen
ähnlich schweren Betrug an den
deutschen Verbrauchern wie der
Manipulationsskandal selbst, denn
nach dem Scheitern der
Vergleichsverhandlungen wird
Volkswagen wird das Verfahren bis
vor den EuGH ziehen. Bis die
betroffenen VW-Halter entschädigt
werden, könnte jedoch noch mehr Zeit
vergehen: Sollten die Kläger
letztlich Recht bekommen, müssten
sie anschließend nämlich erneut
gegen VW vor Gericht ziehen, um ihre
individuelle Entschädigung zu
erhalten. Da rund 460.000 VW-Kunden
Teil dieses Verfahrens sind, würde
die daraus resultierende Klagewelle
die deutschen Gerichte komplett
überfordern und den Prozess weitere
Jahre in die Länge ziehen.
Wir von Goldenstein & Partner setzen
uns bereits seit Jahren für die
Rechte von betroffenen
Fahrzeughaltern ein, um
diesbezüglich auch in Deutschland
für eindeutige Rechtsverhältnisse zu
sorgen. Noch in diesem Jahr werden
wir einen großen Durchbruch in der
Sache erzielen, denn am 5. Mai 2020
wird ein Fall von uns vor dem
Bundesgerichtshof in Karlsruhe
verhandelt. Es ist der erste
BGH-Fall im Abgasskandal. Ein Urteil
wird noch am selben Tag erwartet und
eine Signalwirkung für sämtliche
Gerichte in Deutschland haben.
Betroffenen Fahrzeughaltern raten
wir dazu, ihre Rechte individuell
durchzusetzen und sich keiner
Sammelklage anzuschließen.”
Grafik: Kulturexpress, Meldung:
Nils Leidloff, tonka-pr, Berlin