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Foto:
Shimon Sakaguchi
© Shimon Sakaguchi, Osaka; Foto:
Judith Reichmann
© Paola Bertucci, Heidelberg
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Der Festakt zur
Verleihung des Paul Ehrlich- und
Ludwig Darmstaedter Preises an den
Immunologen Shimon Sakaguchi von der
Universität Osaka und des
gleichnamigen Nachwuchspreises an
Dr. Judith Reichmann vom
Europäischen Laboratorium für
Molekularbiologie, der am 14. März
2020 um 17 Uhr in der Frankfurter
Paulskirche stattfinden sollte, ist
abgesagt worden. Die Pressekonferenz
zur Preisverleihung, die am 14. März
2020 um 13 Uhr auf dem Campus
Westend der Goethe-Universität
stattfinden sollte, wird ebenfalls
abgesagt
Der japanische
Immunologe Shimon Sakaguchi (69)
wird am 14. März 2020 mit dem
120.000 Euro dotierten Paul Ehrlich-
und Ludwig Darmstaedter-Preis in der
Frankfurter Paulskirche geehrt. Das
gab der Stiftungsrat der Paul
Ehrlich-Stiftung am 21. Januar 2020 bekannt. Sakaguchi, der an der
Osaka-Universität forscht und lehrt,
erhält die Auszeichnung für die
Entdeckung der regulatorischen
T-Zellen.
Mit diesen Zellen bleibt das
Immunsystem im Gleichgewicht und
sorgt dafür, dass Gefahren weder
unter- noch überschätzt werden oder
gar körpereigenes Gewebe attackiert
wird. Die von Sakaguchi entdeckten
Immunzellen sind damit die Blauhelme
des Immunsystems und ein wichtiger
Garant für die unerlässliche
Selbsttoleranz. Unter diesem Begriff
versteht man die Fähigkeit des
Immunsystems zu unterscheiden, was
fremd ist und was zum Körper gehört.
Fehler bei dieser Unterscheidung
führen zu Autoimmunerkrankungen,
Allergien oder Abstoßungsreaktionen.
Ohne regulatorische T-Zellen drohen
Krankheiten wie Typ1-Diabetes,
Multiple Sklerose oder Rheuma.
Nützliche Bakterien im Darm würden
ohne regulatorische Zellen nicht
toleriert werden und ein
heranwachsendes Kind im Mutterleib
würde ohne die Mitwirkung dieser
Zellen abgestoßen werden.
So naheliegend die Existenz einer
solchen mobilen Friedenstruppe im
Immunsystem ist, so schwierig war
deren Nachweis. In den 1960er und
1970er Jahren überwog die Meinung,
dass über die Selbsttoleranz
ausschließlich im Thymus entschieden
wird, einem Organ hinter dem
Brustbein. Keine Immunzelle sollte
den Thymus verlassen können, ohne
gelernt zu haben, zwischen fremd und
selbst zu unterscheiden.
Aufpasser-Zellen außerhalb dieses
Organs schienen nicht mehr nötig zu
sein. Sakaguchi war anderer Ansicht
und sollte Recht behalten. Er konnte
durch eine Reihe kluger Experimente
zeigen, dass es eine eigene,
eindeutig identifizierbare Klasse
von T-Zellen gibt, die den Thymus
zusammen mit den anderen T-Zellen
verlassen und die dafür sorgen, dass
die T-Zellen, die ihre Lektion in
Selbsttoleranz nur unzureichend
gelernt haben, nirgendwo im Körper
Amok laufen.
„Shimon Sakaguchi wird nicht nur für
diese bahnbrechende Entdeckung
geehrt, sondern auch für seine
Weitsicht und konsequente
Beharrlichkeit,“ sagt Professor
Thomas Boehm über die aktuelle
Nominierung. Boehm ist Direktor am
Max-Planck-Institut für
Immunbiologie und Epigenetik in
Freiburg und Vorsitzender des
Stiftungsrates. „Weil Sakaguchi
seinen eigenen Experimenten mehr
getraut hat als der gängigen
Meinung, bewies er zuerst bei Mäusen
und dann beim Menschen die Existenz
der regulatorischen T-Zellen. Er
zeigte zudem, dass Patienten mit dem
seltenen IPEX-Syndrom keine
regulatorischen T-Zellen besitzen
und deshalb schon früh schwere
Autoimmunerkrankungen entwickeln.
Damit hat er auch die klinische
Relevanz dieser Zellen belegt“, so
Boehm weiter.
Regulatorische T-Zellen sind somit
exzellente Zielmoleküle für die
Therapie, und zwar sowohl für
Erkrankungen, bei denen das
Immunsystem über die Stränge
schlägt, als auch für Erkrankungen,
bei denen das Immunsystem nicht mit
der gebotenen Konsequenz gegen
Missstände vorgeht. Für die
Behandlung von
Autoimmunerkrankungen, Allergien
oder Abstoßungsreaktionen müssen die
regulatorischen T-Zellen gestärkt
werden, damit die unerwünschten
Immunreaktionen beendet werden.
Gegen Krebs gilt es, ihre Aktivität
zu dämpfen, damit das Immunsystem
entfesselt wird und entschlossener
gegen den Tumor vorgeht. Inzwischen
prüfen zahlreiche klinische Studien
diese neuartigen Konzepte.
Der Paul Ehrlich- und Ludwig
Darmstaedter-Nachwuchspreis geht in
diesem Jahr an Dr. Judith Reichmann
(35) vom Europäischen Laboratorium
für Molekularbiologie (EMBL) in
Heidelberg. Die
Nachwuchspreisträgerin hat gezeigt,
warum Maus-Embryonen mitunter die
falsche Zahl an Chromosomen haben
oder über mehr als einen Zellkern
pro Zelle verfügen. Ihre
Erkenntnisse zu den Fehlerquellen
bei der Bildung von Ei- und
Samenzellen bei Mäusen und während
der ersten Zellteilung nach der
Befruchtung sind auch für das
Gelingen menschlicher Fortpflanzung
interessant. Reichmann konnte
zeigen, dass ein Protein mit dem
Namen Tex19.1 bei Mäusen die
langwierige und fehlerträchtige
Halbierung des Chromosomensatzes bei
der Bildung der Geschlechtszellen
überwacht und dafür sorgt, dass die
korrekte Zahl an Chromosomen an die
Nachkommenschaft weitergegeben wird.
Ist die Funktion dieses Proteins
gestört oder fehlt es ganz, haben
viele Embryonen unter den Nachkommen
eine falsche Chromosomenzahl.
Meldung: Goethe-Uni,
Frankfurt