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Foto (c) Gerd Schaller, Mark
Twain Grundschule Neu-Ulm
Mühlich, Fink & Partner
Architekten BDA und Stadtplaner, Ulm (DE)
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Einer, der es bestens
versteht, Architektur gekonnt zu
inszenieren, ist der Augsburger Gerd
Schaller. Der Architekturfotograf
und Kommunikationsmanager arbeitet
mit seinem Team seit mehr als 20
Jahren mit Architekten, Ingenieuren,
Bauproduktherstellern,
Immobilienunternehmen und Medien
zusammen und ist mit den
Anforderungen aller Seiten bestens
vertraut. Im Interview spricht Gerd
Schaller über die Besonderheiten der
Architekturfotografie, seine
Herangehensweise und was gute Bilder
ausmacht.
Architekturfotografie ist wie die
Architektur selbst im Spannungsfeld
zwischen Dienstleistung und Kunst.
Klassische Aufnahmen dienen der
sachlichen Dokumentation und
medialen Vermittlung von Bauwerken.
Abbildungen abseits typischer
Sehgewohnheiten prägen durch
ästhetischen Eigensinn ein
spezifisches Bild der gebauten
Wirklichkeit.
Interview
Was ist für Sie das besondere an
Architekturfotografie?
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Auf dem Foto Gerd Schaller
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Gerd
Schaller:
Grundsätzlich
fasziniert mich Architektur an sich.
Jetzt könnte man meinen, Gebäude zu
fotografieren sei einfach. Sie
laufen nicht weg, verlieren nicht
ihren Gesichtsausdruck und
widersprechen dem Fotografen nicht.
Dabei lässt sich Architektur eben
nicht im Studiolicht gestalten.
Vielmehr fordert die
Architekturfotografie das
menschliche Auge und den Umgang mit
nicht zu beeinflussenden
Gegebenheiten heraus - und damit
meine ich nicht nur wechselnde
Wettersituationen. Hinzu kommt ein
breites Spektrum meiner Arbeit von
Dokumentation und Rezeption über
Interpretation und Inszenierung, das
letztlich von den Anforderungen des
Auftraggebers und der Bildsprache
des Fotografen bestimmt wird.
Wie ist Ihre Herangehensweise bei
einem neuen Projekt?
Gerd
Schaller: Ich bereite
mich sehr akribisch vor. Ich möchte
schon im Vorfeld möglichst viel über
ein Bauwerk wissen - in welchem
Umfeld es steht, warum es wie
aussieht, welche Ideen und Gedanken
der Architekt dabei hatte, auch in
Bezug auf die Materialität. Ich
möchte das Gebäude und den
Architekten bestmöglich verstehen.
Der Architekt kann die Essenz des
Gebäudes meist aus dem
Entstehungsprozess heraus
vermitteln. Es ist wichtig,
zuzuhören und sich gegebenenfalls
auch mit regionalen, politischen und
historischen Gegebenheiten zu
befassen. Natürlich liefern mir auch
Google und spezielle Apps
zusätzliche Eindrücke und Daten, aus
denen sich ein Vorabbild ergibt. So
lassen sich konkrete Perspektiven
auch abhängig vom Wetter und
Sonnenstand planen. Es wäre
definitiv zu wenig, sich erst vor
Ort auf eine kurze Konfrontation zum
Zwecke der Fotografie einzulassen.
Welche Rolle spielt die Architektur
in Bezug auf die späteren
Fotografien?
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Wohnbebauung Ludwigshöhe in
Kempten/ Allgäu
F64 Architekten, Architekten und Stadtplaner PartGmbB,
Kempten |
Gerd
Schaller:
Außergewöhnliche Architektur hat
sicher einen gewissen Vorteil. Das
Tagesgeschäft eines
Architekturfotografen aber sieht
anders aus. Nicht jedes Bauwerk ist
spektakulär. Dennoch haben die
meisten Gebäude ihren eigenen Reiz,
den es herauszustellen gilt. Ich
meine damit nicht eine künstlerische
Inszenierung mit absurden
Überzeichnungen, sondern die
korrekte Dokumentation. Perspektive,
Linienführung, Belichtung und
Schärfe müssen passen. Gefragt ist
vor allem die Beherrschung von
Handwerk und Technik und dazu den
Blick fürs Wesentliche und Besondere
zu haben. Ein Architekturbild ist
nicht nur deswegen gut, weil etwas
Außergewöhnliches fotografiert
wurde.
Wie stark bearbeiten Sie Ihre Bilder
nach?
Gerd
Schaller: Ich versuche
meine Aufnahmen vor Ort möglichst
perfekt zu erstellen, sodass ich am
Computer nur noch Helligkeit,
Kontrast, Tonwerte und gewisse
Farben geringfügig korrigiere. In
der dokumentarischen
Architekturfotografie sollte man von
Verfremdungen ohnehin eher absehen.
So ganz verzichten kann man auf
Photoshop jedoch nicht,
beispielsweise um unvermeidbare
Störungen im Bild nachträglich zu
entfernen. Letztlich ist es eine
Einzelfallentscheidung, wie viele
Details aus einem Bild tatsächlich
entfernt werden müssen. Es macht
jedoch wenig Sinn, beispielsweise
ein Gebäude nach längerer
Nutzungsphase durch übermäßige
Bearbeitung wieder in seinen
Ursprungszustand zurückzuführen zu
wollen.
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Montforthaus Feldkirch,
Zusammenarbeit von Hascher Jehle Architekten, Berlin und
Mitiska Wäger Architekten aus Bludenz
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FIFA Headquarter Zürich,
Tilla Theus und Partner AG |
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Innenansicht: Panoramalift
Treppenturm in Rorschach am Bodensee/ Schweiz, alex buob
AG Architekten
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Hochschule Weihenstephan
Freising, Dewan Friedenberger Architekten GmbH |
Wie muss ein Bild aussehen, damit
Sie zufrieden sind?
Gerd
Schaller: Völlig
zufrieden bin ich nur selten. Ich
sehe in meinen Bildern immer wieder
ein paar Prozent
Verbesserungspotenzial. Doch gerade
diese Unzufriedenheit treibt mich zu
Veränderung und Neubewertung meiner
Arbeit an. Die besten Fotografien
entstehen, wenn ich das Bild
kompositorisch und perspektivisch
bis ins Detail vorher im Kopf habe,
vor Ort alle Rahmenbedingungen
passen und ich im Augenblick der
Aufnahme spätere Retuschen
berücksichtige. Ein solcher Moment
ist außergewöhnlich - unabhängig von
der Qualität der Architektur.
Gibt es Sie ein Bild oder Projekt an
das Sie sich besonders gerne
erinnern?
Gerd
Schaller: Ein
Lieblingsbild habe ich nicht. Es
sind eher die Geschichten, die ich
mit manchen Aufnahmen verbinde. Die
unterschiedlichen Eindrücke
beispielsweise einer Villa im
Engadin oberhalb des Sankt
Moritzersees, des auf den ersten
Blick schlichten und dann doch
ausgesprochen luxuriösen FIFA
Hauptquartiers in Zürich oder eines
ungewöhnlichen Kunstmuseums am
Bodensee bleiben im Kopf. Aber auch
historische Bauten wie
beispielsweise die Stiftsbibliothek
in Sankt Gallen, die zum
UNESCO-Weltkulturerbe zählt, oder
der Blick hinaus über das Moldauufer
aus dem Kinderzimmer des ehemaligen
tschechischen Präsidenten Vaclav
Havel in den mittlerweile leider
stark verfallenen Barrandov
Terrassen berühren mich nachhaltig.
In bester Erinnerung wird mir auch
das 100. Jubiläum des Bauhaus
bleiben. Es war mir eine große Ehre,
in dem weltbekannten von Walter
Gropius entworfenen Schulgebäude in
Dessau
Architekturfotografie-Workshops
abhalten zu dürfen.
Foto (c) Gerd
Schaller, Meldung: Bauwerk
Perspektiven