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Ein zu hoher
Cholesterinspiegel kann heutzutage
medikamentös behandelt werden. Doch
inzwischen ist bekannt, dass weit
mehr Stoffwechselprozesse bei der
Entstehung von Herz- und
Gefäßerkrankungen im Spiel sind.
Viele lassen sich über die Ernährung
beeinflussen, wie Forscherinnen und
Forscher in der aktuellen Ausgabe
von „Forschung Frankfurt“ berichten.
Schwerpunkt ist die Forschung im
Exzellenzcluster „Cardio-Pulmonary
Institute“.
Wussten Sie, dass antibakterielles
Mundwasser zu Bluthochdruck führen
kann? Bakterien im Speichel
produzieren Enzyme, die Nitrat aus
der Nahrung zu Nitrit reduzieren. In
dieser Form kann der Körper es
weiter in Stickoxid (NO) umwandeln.
NO hat eine Schlüsselfunktion für
die Gesundheit der Entdothelzellen,
mit denen die Innenwände der Gefäße
ausgekleidet sind. Führt man den
Körper andererseits mehr Nitrate mit
der Nahrung zu, z.B. in Form von
Rote Beete-Saft, könnte sich das bei
bestimmten Patientengruppen als
blutdrucksenkend auswirken. Es gibt
Studien, wonach die Gabe von
nichtorganischem Nitrat und Rote
Beete-Saft mit einem signifikanten
Rückgang des systolischen Blutdrucks
verbunden ist. Dieser Befund sollte
jedoch in weiteren Untersuchungen
verifiziert werden.
Eine zweite, bisher unterschätzte
Verbindung ist der
Schwefelwasserstoff (H2S), bekannt
durch den Geruch von faulen Eiern.
Im Körper wird die Synthese von H2S
durch eine Reihe von Enzymen
gesteuert, wobei die
Cystathioninlyase (CSE) die
wichtigste im Herz-Kreislauf-System
ist. Bei Patienten mit beschädigten
und fehlerhaft funktionierenden
Endothelzellen nimmt die
CSE-Aktivität ab. Der Grund dafür
könnten Gefäßentzündungen sein, wie
Sofia-Iris Bibli aus dem „Institute
for Vascular Signaling“ von Prof.
Ingrid Fleming kürzlich
herausgefunden hat. Für die Therapie
werden derzeit H2S-Spender
entwickelt.
Und wie steht es mit Diäten, die mit
Omega-3-Fettsäuren (Fischölen)
angereichert sind? Zunächst hatten
Studienergebnisse gezeigt, dass
diese Ernährungsform allgemein vor
Diabetes und Herzerkrankungen
schützt. Neuere klinische Studien
konnten hingegen keinen
signifikanten Nutzen von
Fischölergänzungen nachweisen.
Ingrid Fleming zufolge liegt das
daran, dass die verschiedenen
Studien nicht die optimale
Konzentration jeder
Omega-3-Fettsäure bestimmt haben
bzw. das Verhältnis von Omega-3- zu
Omega-6-Fettsäuren, das für den
Schutz erforderlich ist. Zweitens
schwankt die Qualität der
rezeptfreien Ergänzungsmittel auf
dem Markt stark. Die Analyse der
meistverkauften
Fischöl-Nahrungsergänzungsmittel in
den USA ergab beispielsweise einen
hohen Anteil an anderen Fettsäuren.
Zudem können Fischöle eine Mischung
aus EPA und DHA enthalten.
Schützende Effekte sind jedoch nur
von EPA bekannt.
Wie Fischöle ihre
entzündungshemmende Wirkung
entfalten ist derzeit schwer zu
beantworten. Man weiß bisher nur,
dass EPA und DHA leicht in Zellen
und Gewebe eingebaut werden und
dadurch die Membraneigenschaften,
die Übermittlung von Signalen und
die Genexpression verändern. Aus EPA
entsteht außerdem das
entzündungshemmende Resolvin E1, das
nachweislich Entzündungen in
verschiedenen Krankheitsmodellen
aufzulösen hilft.
Fettsäuren sind außerdem für das
Herz eine wichtige Energiequelle.
Mit über 75 Prozent gewinnt es den
allergrößten Teil seiner Energie aus
ihnen, nur zwischen 10 und 20
Prozent stammen von Glukose. Es gibt
Studien, die zeigen, dass bei
einigen Menschen mit Herzfehlern das
Herz mehr Energie aus Glukose statt
aus Fettsäuren gewinnt. Das Herz
bekommt dann zwar immer noch genug
Energie, kann aber trotzdem nicht
mehr richtig funktionieren. „Dieser
Stoffwechsel-Vorgang ist wichtig.
Wir wissen aber noch nicht genau,
wie und warum er abläuft“, erklärt
der Pharmakologe Dr. Jiong Hu,
der für seine Forschung am
„Institute for Vascular Signaling“
einen Advanced Grant des
Cardio-Pulmonary Institute bekommen
hat.
Schließlich kann auch die
Bakterienflora im Darm die
Entwicklung von Herz-Kreislauf- und
Stoffwechsel-Erkrankungen
beeinflussen. So begünstig eine
Ernährung, die viel rotes Fleisch
enthält, die Entstehung von
Atherosklerose, denn rotes Fleisch
enthält reichlich L-Carnitin, das
von Darm-Mikrobiota in
Trimethylaminoxid (TMAO) umgewandelt
wird. TMAO begünstigt Atherosklerose.
Eine vegetarische oder veganer
schützt hingegen die Gefäße. Fleming
vermutet, dass es künftig zur
Entwicklung einer Welle von
Probiotika kommen wird, die die
Darmflora und die Bildung von
Stoffwechselprodukten verändern
sollen, um das Herz zu schützen.
Meldung: Goethe-Uni,
Frankfurt