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Die Bezirksratswahlen
in Hongkong waren in Wirklichkeit
ein Referendum über die Handhabung
des verspätet zurückgezogenen
Auslieferungsgesetzes durch die
Regierung und den lautstarken
Protesten, die aus der Opposition
heraus gegen dieses Gesetz
entstanden sind und internationales
Gehör fanden. Die Tatsache, dass 71
Prozent der Wähler - eine
beispiellose Zahl - ihre Stimme
abgaben, zeigt die enorme Bedeutung,
welche die Bevölkerung dem Thema
beimisst.
Die prodemokratischen Kräfte
haben einen erdrutschartigen Sieg
errungen - sie eroberten fast 400
der 450 Sitze und kontrollieren
damit 17 von 18 Räten. Das ist eine
klare Botschaft mit der viele
Hongkonger die Forderungen der
Demonstranten unterstützen.
Meinungsumfragen haben gezeigt, das
eine unabhängige
Untersuchungskommission zur
Gewaltanwendung durch die Polizei
und die Forderung nach allgemeinen
Wahlen bei der Wahl des Chief
Executive Hongkongs und aller
Mitglieder des Legislativrates in
hohem Maße befürwortet wird.
Der errungene Sieg durch die
prodemokratischen Kräfte bedeutet
aber nicht das Ende der Proteste.
Einer der ersten Taten der
Siegerkandidaten war der Besuch der
Polytechnischen Universität -
Schauplatz heftiger Zusammenstöße
zwischen Demonstranten und Polizei,
wo immer noch Dutzende von
Demonstranten verschanzt sind.
Zu beachten bleibt der gesamte
Stimmenanteil bei den Wahlen, die
grobe Aufteilung zwischen prodemokratischen und
regierungsfreundlichen Gruppen
beträgt etwa
6:4. Das bedeutet, die prodemokratische
Fraktion beansprucht zwar die meisten Sitze
mit diesem Stimmanteil in einem
einsitzigen, einstimmigen System,
damit ist ihnen aber noch kein
Anteil der Sitze bei den
Parlamentsratswahlen garantiert.
Tatsächlich besteht die Gefahr, dass
bisherige Gruppen durch eine Form
der Verhältniswahl und ein System
von manipulierten, funktionalen
Wahlkreisen wiedergewählt werden.
Deshalb besteht kein Anlass zur
Selbstzufriedenheit. Mit Blick auf
die Zukunft muss die prodemokratische Seite aber die Art
der Kämpfe vermeiden, die in der
Vergangenheit zu Verlusten führten.
Yuen Chan kommentierte, Dozentin
an der School of arts and social
sciences im Fachbereich für
Jounalismus der City University of
London
Grafik (c)
Kulturexpress, Meldung: Ida Junker,
PPOOL, Paris