Musikalisches Oratorium im wiedereröffneten Frankfurter Liebfrauen

 

 

 

Vor Beginn des Konzerts

 

 

Am 21. September abends wurde im Liebfrauen ein Oratorium aufgeführt, welches nach Renovierung und Wiedereröffnung der Kirche zukam und zugleich ein Stück Frankfurter Stadtgeschichte darbot, angefangen mit den Gründungsjahren der Liebfrauenkirche im 14. Jahrhundert bis in die Gegenwart hinein und mit einem behutsamen Blick auf das Morgen.

 

Steine und Mauern des Hauses haben bis heute gehalten. Das musikalische Oratorium nahm sich dessen an und behandelte auch schwierige Themen, die um den reformatorischen Gedanken Martin Luthers handeln, dessen Lehren seit dem 16. Jahrhundert bekannt sind und in Frankfurt schnell Verbreitung fanden. Ein Hinweis darauf welche unterschiedlichen Strömungen nicht nur innerhalb der katholischen Kirche vorhanden sind und für Kopfzerbrechen sorgen. Auch Goethes Faust kam zur Sprache, der Dichter hatte nicht weit von Liebfrauen gewohnt und kannte das Gebäude. Die Zerstörungen durch die Bombenangriffe von 1944 wurden musikalisch bedacht. Das Oratorium besteht insgesamt aus fünf Bildern, die jeweils vor Beginn durch die einleitenden Worte eines Sprechers vordefiniert wurden. Das kam der Verständlichkeit zu Gute, denn Geschichte soll für alle verständlich sein, wenn auch einige latinisierte Textpassagen während der Aufführung unübersetzt blieben.

 

Die Sopranistin Andrea Reuter sang für Katharina von Wanebach, der Witwe des Kirchenstifters, Wigel von Wanebach, aus dem 14. Jahrhundert. Iris Schwarzenhölzer sang die Rolle ihrer Schwester: Gysela Frosch. Der Baritonsolist Johannes Schendel führte die Rolle des Pater Titus Hübenthal aus, der in den 50er Jahren den Wiederaufbau der im zweiten Weltkrieg zerstörten Kirche vorantrieb. In weiteren Rollen waren Stiftskanoniker der Kapuziner zu hören.

 

Den Text verfassten Lutz Riehl und Eugen Eckert. Die Musik ist von Peter Reulein. Neben Tenor, Sopran und Bariton war ein großer Gesangschor wesentlicher Bestandteil der Aufführung. Das Vocalensemble Liebfrauen präsentierte die Geschichte der Frankfurter Liebfrauenkirche auf musikalische Weise mit dem neuen Oratorium „Kirche mitten in der Stadt“. Das Orchester war vor dem Chor gruppiert. Es bestand aus zahlreichen Streichern und Bläsern. Auch eine Harfe kam zum Einsatz, mit feinen Händen angespielt, was der Musik einen besonderen Klang verlieh und einen erfüllten Raum ergab.

 

Die Musik war entsprechend innig. Wenig experimentelles kam zum Vorschein. Eine Tonbandaufnahme wurde eingespielt. Sie dröhnte aus dem Hintergrund, so dass der Anspruch der Modernität gegeben ist. Im Programmheft waren Noten zum mitsingen für das Publikum abgedruckt. Die Vokalstimmen des Chors und der Gesangsinterpreten waren in ihrer Sprache deutlich zu verstehen - Frankfurt ist wieder mal um eine Geschichte reicher geworden nach dieser musikalischen Einlage - Diese hätte schon im April stattfinden sollen, dem war jedoch nicht so, Grund waren Verzögerungen beim Bauablauf, so dass der neue Kirchenrektor der Liebfrauenkirche, Pater Stefan Maria Huppertz, der erst seit einer Woche im Amt ist, die Aufgabe der Anmoderierung übernehmen durfte. Er selbst schien noch beeindruckt von der neuen Aufgabe vor der er stand.  

 

Es gab während der Aufführung musikalische Momente von außerordentlicher Schönheit. Kumulierender Gesang hat immer etwas tragendes und hebt die Stimmung ungemein. Dennoch war auch die Schwere in der Musik nicht zu überhören, ein wenig Carmina Burana klang durch und ein wenig Gustav Holst "Die Planeten" war zu hören. Doch das ist sehr weit hergeholt, bedingt durch meine laienhaften Kenntnisse, was musikalische Materie angeht. Dennoch kann ich behaupten, der Abend war ein Ereignis von besonderem Rang. Die Stadt auf diese Weise kennenzulernen, so als bestünde das Gebäude aus gebauter Musik, ist etwas herausragendes. Das Kircheninnere, in farbigem Licht erleuchtet, trug das übrige dazu bei. Manche der Skulpturen und Plastiken waren mit Rotlicht angeleuchtet worden, um die atmosphärische Stimmung zu erhöhen.

 

Ein Konzertbericht von Kulturexpress

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Kulturexpress ISSN 1862-1996

    vom 22. September 2019