Mehr Elektrobusse im ÖPNV gefordert |
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Einer
der Schlüsselfaktoren für das Erreichen der Klimaschutzziele ist
ein starker öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV). Damit die
Mobilitätswende in Deutschland gelingt, sind ein weiterer Ausbau
des ÖPNV und die Umstellung auf emissionsfrei betriebene
Busflotten von zentraler Bedeutung. Dass die Städte diese
Verantwortung zunehmend wahrnehmen, zeigt der dritte E-Bus-Radar
von PwC.
Deutlich mehr Elektro- und Hybridbusse auf
deutschen Straßen
So ist die Anzahl der elektrifizierten Busse auf deutschen
Straßen im Vergleich zur Erhebung ein Jahr zuvor um 38 Prozent
auf 838 gestiegen. Davon fahren 593 Busse mit einem
Hybridantrieb (plus 41 Prozent im Vergleich zu 2018), während
245 Busse ausschließlich elektrisch angetrieben werden (plus 32
Prozent ggü. 2018). Das stärkste Wachstum ist bei
batterieelektrischen Bussen zu beobachten, von denen
mittlerweile 154 Busse in Betrieb sind (plus 56 Prozent). Zudem
sind in Deutschland 75 Oberleitungsbusse (unverändert) und 16
Elektrobusse mit Brennstoffzellenantrieb unterwegs (plus 33
Prozent ggü. 2018).
Rainer Bernnat, Leiter des Bereichs
Öffentlicher Sektor bei PwC Deutschland, sagt: „Der politische
Druck, insbesondere von der Europäischen Union, spiegelt sich
bisher kaum in den Ist-Zahlen wider. Die Zuwächse reichen noch
längst nicht aus, um die Forderungen der Politik zu erfüllen.
Dafür müssen deutlich mehr Busse mit alternativen Antrieben auf
die Straßen – und zwar in allen Bundesländern.“
Sieben Bundesländer sind den anderen bisher deutlich voraus:
Nordrhein-Westfalen (264 elektrifizierte Busse), Niedersachsen
(136), Baden-Württemberg (96), Hamburg (86), Schleswig-Holstein
(62), Bayern (59) und Sachsen (55). Sie vereinen also 90 Prozent
der elektrifizierten ÖPNV-Busflotte in Deutschland auf sich. Die
Top-6-Städte mit Hybrid-Bussen auf den Straßen sind Hannover
(77), Hamburg (63), Essen (45), Kiel (30), Augsburg und
Stuttgart (je 28).
EU-Vorgabe für Beschaffungsquoten setzt den ÖPNV
unter Druck
Die Gesamtheit der städtischen Zukunftsplanungen signalisiert,
dass die E-Bus-Zahlen deutlich steigen werden: Für die kommenden
fünf Jahre planen die Kommunen die Anschaffung von mehr als
2.255 E-Bussen (2018: rund 1.000), davon 83 mit
Brennstoffzellenantrieb (2018: 51). Insgesamt liegen die
öffentlich bekannten Planungen derzeit bei 4.636
anzuschaffenden, elektrisch angetriebenen Bussen (2018: 3.243).
Hansjörg Arnold, Leiter des Bereichs Infrastructure & Mobility
bei PwC Deutschland, warnt: „Was auf den ersten Blick
vielversprechend aussieht, reicht der Politik nicht: Die
kürzlich abgeschlossene Aktualisierung der Clean Vehicles
Directive der EU beinhaltet verbindliche Beschaffungsquoten für
saubere Busse bei öffentlichen Aufträgen.“ Diese erreichten die
meisten deutschen ÖPNV-Unternehmen mit ihren Planungen jedoch
noch lange nicht. Zudem müssten die Hersteller die gewünschten
Stückzahlen dann auch liefern können.
Hohe Planungs- und Finanzierungsunsicherheiten
beim ÖPNV
ÖPNV-spezifische Gründe für den Rückstand zu den EU-Forderungen
sind beispielweise Probleme der Unternehmen, die
Elektrifizierung der Busflotten finanziell zuverlässig zu planen
und umzusetzen. Schließlich sind E-Busse immer noch etwa doppelt
so teuer wie Dieselmodelle. Hinzu kommen hohe
Infrastrukturinvestitionen – trotz staatlicher Förderungen.
Lademöglichkeiten müssen geschaffen und Betriebshöfe sowie
Werkstätten umgerüstet werden.
Einige Kommunen zögern noch mit Investitionen in die
Flottenelektrifizierung, weil noch nicht klar ist, welche
Technologie sich durchsetzen wird. Aktuell sind bei E-Bussen
batterieelektrische Busse, die per Plug-in-System geladen werden
(66 Prozent), am weitesten verbreitet, gefolgt von der Ladung per
Docking-System (26 Prozent) und Induktion (8 Prozent). Dabei ist
aktuell bei der Wahl der Ladestrategie noch keine klare Tendenz
zu erkennen: Je zur Hälfte erfolgt eine Zwischenladung auf der
Strecke (51 Prozent) oder ein Vollladen im Depot (49 Prozent).
Weiterhin bestehen auch wirtschaftliche Unsicherheiten bezüglich
der Lebenszykluskosten und Nutzungsdauern von E-Bussen.
Berlin, Wiesbaden, Osnabrück und Hannover mit
großen E-Bus-Bestellungen
Diverse Städte setzen zur elektrifizierten Aufholjagd an, wie
die jüngsten Bestellungen zeigen. Vier aktuelle Beispiele für
anstehende Beschaffungen von E-Bussen:
• Die Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) hat den bisher größten
Einzelauftrag dieses Jahres für Elektrobusse an Solaris
vergeben: 90 batteriebetriebene Solobusse vom Typ Urbino 12
electric.
• Die Wiesbadener ESWE hat 56 batteriebetriebene
eCitaro-Busse bei Mercedes-Benz geordert. • Die Stadtwerke Osnabrück (SWO) haben weitere 49
batteriebetriebene Gelenkbusse bei VDL bestellt. • Und die ÜSTRA in Hannover lässt sich 30 batteriebetriebene
Solo- und 18 Gelenkbusse von Mercedes-Benz liefern.
Die aktuellen Top-6-Städte bei rein elektrisch angetriebenen
Bussen sind Solingen (54), Hamburg (23), Osnabrück (15), Münster
(12) und Berlin und Eberswalde (jeweils 11). Der Marktführer bei
Stadtbussen mit Verbrennungsmotor, Mercedes-Benz, liefert seit
November 2018 auch rein elektrisch angetriebene Busse aus.
Marktführer in diesem Segment ist aktuell Solaris – mit über 60
in Deutschland eingesetzten E-Bussen aber noch auf einem
überschaubaren Niveau. PwC-Experte Hansjörg Arnold
sagt: „Das
Wachstum bei elektrischen Busantrieben wird sich nicht auf die
Zahlen unseres E-Bus-Radars beschränken. Ein Großteil der
Vergaben steht noch aus und viele Städte entwickeln aktuell
Konzepte zur weiteren Flottenelektrifizierung. Der Markt für
alternative Busantriebe wird auch daher erheblich zulegen.“
Nachhaltige
Lösungen brauchen mehr Anstrengungen aller Beteiligten
Und Rainer Bernnat erklärt: „Nach unserer Einschätzung ist es
essentiell für eine erfolgreiche Mobilitätswende, dass die
Politik ihre Anstrengungen im Bereich der Förderung weiter
verstärkt, um den ÖPNV insgesamt und die Flottenumstellung zu
beschleunigen. Zugleich müssen die Kommunen ihr Bekenntnis zur
E-Mobilität spürbar erhöhen, die Hersteller ihre
E-Bus-Produktionskapazitäten steigern und die
Verkehrsunternehmen mehr Innovationsbereitschaft zeigen.“
Stichtag der deutschlandweiten Analyse war der 31. Juli 2019.
Die Studie finden Sie unter folgendem Link:
www.pwc.de/e-bus-radar
Foto (c) Kulturexpress,
Meldung: PwC
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