Der
Schweizer Architekt und Urbanist Hannes Meyer geboren im Jahre
1889 entstammte einer Bauunternehmerfamilie. Er besuchte in
Basel die Gewerbeschule, wo er Kurse für Baubeflissene belegte.
Ab 1909 arbeitete er im Architekturbüro Albert Froelich und
danach bei Johann Emil Schaudt, dem Architekten des Kaufhaus des
Westens in Berlin. Hannes Meyer gilt bis heute weithin als
jemand, der das Neue Bauen mit einleitete. Laut eines seiner
Bauhauslehrkräfte, Ludwig Hilberseimer, glaubte er „nicht an
Schönheit als Ziel von Architektur“. Er beharrte darauf, dass
Architektur vielmehr eine strukturelle Aufgabe sei. Sie soll die
Aufgaben des Lebens organisieren.
Der
folgende Band betrifft die Bauwelt Fundamente Band 164 aus dem
Birkhäuser Verlag herausgegeben von Philipp Oswalt, ein
umfangreicher Theorieband. Die Buchreihe der Bauwelt Fundamente
ist legendär, sie bringt Werke zur Architekturtheorie in
Druckform heraus. Die Kenntnis darüber dürfte so manchen
Architekten, Bauplaner und Universalisten interessieren. Denn
nichts kommt von selbst und alles hat eine Entwicklung. Diese
nachvollziehen, kann nicht nur das theoretische Wissen
vervollständigen, sondern erweitert auch Kenntnisse zur
Architekturgeschichte, wie und an welchen Schnittstellen eine
weiterbringende oder veränderte Bauweise sich durchsetzen
konnte. Heutzutage stellt sich die Frage nach preiswertem
Wohnungsbau. Ein Architekt ist nicht in der Lage diese Aufgabe
allein zu bewältigen. Hier sind strukturelle Veränderungen und
Anpassungen gefordert. Herangehensweisen, die wenigstens ein
Verständnis in Grundzügen davon mitbringen, wie es die großen
Theoretiker vorausgedacht haben. Zu jenen Vordenkern zählt der
Architekt Hannes Meyer, der wie Gropius und Le Corbusier
grundlegend und strukturell plante. Hannes Meyer veränderte und
erweiterte die Bauhauspädagogik. Er war in der Nachfolge Walter
Gropius im Jahre 1928 als zweiter Direktor des Bauhauses benannt worden.
Buchherausgeber Philipp Oswalt beschreibt ihn als jemanden, der
den Bauhausstil zunächst kritisierte, um dann eine
Versachlichung der Gestaltung einzuführen.
So
werden bei ihm Bauplatz, Vegetation und Klima, aber auch das
Alltagsleben im Tages- und Jahresverlauf untersucht. Notwendiges
praktisches Wissen wird durch neue Unterrichtsangebote
vermittelt. Themen werden nach Möglichkeit anhand der
Entwurfsaufgaben erörtert und auf diese angewandt. Der
Unterricht ist somit am Projekt orientiert. Erstmals gelingt die
Zusammenarbeit mit Industrieunternehmen und die Realisierung von
Bauten durch die Bauabteilung des Bauhauses. Die Entwürfe
richten sich jetzt nicht mehr an das Großbürgertum, sondern an
Gewerkschaften, Genossenschaften und Unternehmer, die für die
Gemeinschaft produzieren.
Die
bislang meist ignorierte intellektuelle Basis der Hannes Meyer
Pädagogik beschreiben die Beiträge von Dara Kiese, Andreas Vass,
Friederike Zimmermann, Gregory Grämiger, Peter Galison und
Simone Hain eingehender. Gropius erlaubte Frauen bis auf
besondere Ausnahmen nur ein Studium in der Weberei. Hannes Meyer
hingegen ließ von Beginn an Frauen in der Architekturabteilung
zu und ermöglichte ihnen als Direktor auch den Zugang zu den
anderen Werkstätten. Im Jahre 1930 wurde Hannes Meyer aus dem
Bauhaus entlassen. Er ging mit anderen zusammen nach Moskau, um
dort seine Pläne zu verwirklichen. Seine Ideen und Veränderungen
wirkten sich auf seine Schüler aus. Zu diesen zählten Arieh
Sharon, der die Architektur des neuen Staates Israel mitprägte.
Absolvent Konrad Püschel war Städtebauer in der Sowjetunion,
baute in Nordkorea und der DDR. Fritz Ertl war Bauhausschüler,
gilt aber auch als einer der Baumeister im KZ
Auschwitz-Birkenau, was hier wie die fatale Umkehrung einer Idee
zur Geltung kommt.
Die
vorliegende Publikation basiert teilweise auf einer Tagung, die
im April 2018 an der Universität Kassel stattfand und
insbesondere von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der
Hermann-Henselmann-Stiftung finanziert wurde.
Blick ins
Buch...
Hannes Meyers neue Bauhauslehre
Von Dessau bis Mexiko
(Hrsg.) Philipp Oswalt
Bauwelt Fundamente 164
Birkhäuser Verlag, Basel
1. Auflage, 2019
kartoniert, 560 Seiten
ISBN 978-3-035617-24-5
eBook (PDF)
ISBN 978-3-0356-1735-1
eBook (EPUB)
ISBN 978-3-0356-1725-2