Der E-Tretroller-Verleih nimmt an Fahrt zu trotz kontroverser Stimmen

Meldungen: Frankfurt am Main (pia), SWR, Ford Werke GmbH, Stuttgarter Nachrichten, movelo GmbH

 

Ford übernimmt E-Scooter-Anbieter, um die Mobilität von Kunden zu erweitern, Foto (c) Ford-Werke GmbH

Sie stehen in den Startlöchern und wollen in Frankfurt E-Tretroller vermieten - internetbasiert, hip und gefährlich. „Mittlerweile haben sich bei mir neun Anbieter von elektrischen Tretrollern gemeldet, die ihren Dienst in Frankfurt anbieten wollen“, gibt Verkehrsdezernent Klaus Oesterling bekannt. Einige wollen nach eigenen Angaben mit 100 bis 200 Rollern anfangen, um die Anzahl langsam auf 2000 zu steigern, andere geben an, gleich mit 2000 bis 3000 Rollern Frankfurt fluten zu wollen.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und viele seiner Kollegen in den Ländern setzen auf diese Strategie und halten E-Scooter für eine sinnvolle Ergänzung im Verkehr. Die elektrischen Tretroller fahren zwölf bis 20 Stundenkilometer schnell und könnten auf kurzen Strecken das Auto ersetzen.

Zahlreiche Scooter-Sharing-Firmen warten auf den Startschuss aus Berlin, spätestens im Sommer soll es soweit sein. Die Gewerkschaft der Polizei warnt: Mit den E-Scootern werde der Raum in den Städten noch knapper, Regeln wären kaum noch zu kontrollieren. Fußgänger seien gefährdet, Radwege reichten schon für den Radverkehr nicht, so die Bedenken der jeweiligen Interessensverbände. Ist der elektrische Tretroller eine verkehrspolitische Alternative oder droht ein Verkehrschaos in den Innenstädten?

Der Frankfurter Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) meint: „Wenn alle wirklich werden lassen, was sie ankündigen, haben wir bald fünf- bis zehntausend Roller in der Stadt stehen“. Alle Anbieter werben bei der Stadt mit dem großen verkehrspolitischen Nutzen, den die Fahrzeuge haben sollen. Davon hält die Stadt aber nichts. „Es gibt, anders als in anderen Großstädten Deutschlands, in Frankfurt keine Erschließungslücken des öffentlichen Nahverkehrs. Es leuchtet mir nicht ein, wer aus verkehrlicher Notwendigkeit heraus für mehr als ein Euro einen Tretroller mieten sollte, um die paar Meter zur nächsten Haltestelle zu überwinden. Wenn sie gemietet werden, dann weil es Spaß macht. Das soll man aber dann auch so benennen, und nicht von Verkehrswende sprechen, wenn Lustgewinn gemeint ist“, sagt Oesterling

Die Stadt rechnet durch das bevorstehende massenhafte Auftreten der E-Tretroller mit erheblichem Konfliktpotential mit anderen Verkehrsteilnehmern. Die Verkehrsflächen der Stadt seien im Vergleich mit anderen deutschen Städten zu eng, um noch ein zusätzliches Verkehrsmittel aufzunehmen. Nach dem Entwurf der Elektrokleinstfahrzeugeverordnung sollen die neuen Kraftfahrzeuge Radverkehrsanlagen nutzen müssen. „Dann haben wir Fahrräder mit 12 bis 17 Stundenkilometern, E-Tretroller mit 20 Stundenkilometern und E-Fahrräder mit 25 Stundenkilometern auf dem gleichen schmalen Weg. Das ist nicht gut, was sich der Bundesverkehrsminister ausgedacht hat“, meint Oesterling.

„Wir wollen aber niemandem den Spaß verderben, denn Spaß macht es bestimmt, mit den Rollern zu cruisen“, sagt Oesterling. „Um den Konflikten etwas vorzubeugen, habe ich ein Merkblatt für die Anbieter aufgesetzt, mit den Regeln, die in der Stadt gelten, aber auch mit den Wünschen, die die Stadt an die Anbieter formuliert. Schließlich gilt auch bei neuen Fahrzeugen Paragraph 1 der Straßenverkehrsordnung, die gegenseitige Rücksichtnahme.“ Die Anforderungen passen auf eine DIN-A4-Seite, die Stadt überreguliere hier wahrlich nicht.

Beispiel Ford, das Unternehmen hatte das in San Francisco ansässige Start-up Spin übernommen, welches einen Sharing-Dienst für elektrische Tretroller anbietet. Spin ist mit Niederlassungen in 13 US-Städten einer der führenden Sharing-Dienste von E-Scootern in den USA.

Ford ist der Ansicht, dass elektrische Tretroller sich optimal eignen, um kurze Strecken schnell und bequem zurückzulegen. Beim Ausbau des Netzes arbeitet das Unternehmen eng mit Städten, Universitäten und lokalen Behörden zusammen. Hierbei wird besonders viel Wert auf Transparenz, Nachhaltigkeit und einen verantwortungsvollen Umgang mit Nutzungsdaten gelegt. Auch ist das Angebot an Mobilitätslösungen in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Häufig nutzen Menschen während einer Fahrt sogar mehrere Fortbewegungsmittel.

Projektentwickler für Wohnungsbau gehen den Schritt mit und erklären: Bevor der Bundesrat voraussichtlich im Mai final über das sogenannte PLEV-Gesetz und damit die Zulassung von Elektrokleinstfahrzeugen abstimmt, macht der Projektentwickler Bauwerk den Weg frei für eines der ersten Sharing-Angebote von E-Scootern in einem Münchner Wohnquartier. Über eine Anfang April 2019 beschlossene erweiterte Kooperation mit dem E-Mobility-Dienstleister movelo GmbH werden in dem von Bauwerk entwickelten Projekt "kupa - Quartier Kuvertfabrik Pasing" voraussichtlich fünf elektrische Tretroller für die Bewohner des Quartiers zur Verfügung stehen.

Nach dem Motto: Leihen, Entriegeln, Reparieren über App stehen Personal Light Electric Vehicles (PLEVs) bereit, die wie Skateboards oder Hoverboard gerade unter Großstädtern schon lange beliebt sind. Insbesondere, um den letzten Kilometer Wegstrecke flott zurückzulegen - etwa vom Bahnhof zum Büro. Allerdings was fehlt, ist bisher eine gesetzliche Regelung. Damit ist die Nutzung der Geräte auf öffentlichen Wegen und Straßen verboten. Das soll sich in Deutschland voraussichtlich ab Sommer dieses Jahres ändern. Zumindest die kleinen Roller mit Elektromotor sollen dann zugelassen werden. Die erforderliche Verordnung hat das Bundeskabinett Anfang des Monats beschlossen. Nur noch die Zustimmung des Bundesrates fehlt.

Die Stuttgarter Nachrichten kommentieren die Zulassung von E-Scootern im Verkehr folgendermaßen: "So dynamisch junge Großstadtcruiser auf den Werbefotos daherkommen, so problematisch könnten sich die Gefährte in der Realität erweisen. Sowohl den Nutzern selbst, aber auch anderen Verkehrsteilnehmern droht Gefahr. Kinder ab zwölf Jahren könnten zu unerfahren für den Straßenverkehr sein - betagte Fußgänger wiederum zu unbeweglich, um einer Kollision zu entgehen. Radwege sind oft viel zu eng oder im schlechten Zustand, um dies zu verhindern. Tretroller, die Tempo zwölf bis 20 erreichen, sollen sogar dort auf der Fahrbahn bewegt werden dürfen, wo der Radfahrstreifen fehlt - ohne Helmpflicht wohlgemerkt. Da wird es nicht lange dauern, bis der erste tödliche Unfall zu beklagen ist."

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

      vom 04. Mai 2019