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Durchmischung, Entwurf Herzog & de Meuron |
Dieser Satz stammt nicht von
irgendwem, sondern vom Mitinhaber eines der weltweit führenden
Architektur und Planungsbüros: Pierre de Meuron aus Basel. Der
verwunderte Ausruf des Schweizer Stararchitekten bezieht sich
auf ein Erbe der „autogerechten Stadt“, auf die Verkehrsschneise
der B14, die sich abweisend wie eine offene Wunde durch
Stuttgart zieht.
Das Büro Herzog & de Meuron – u.a. Erbauer
der Hamburger Elbphilharmonie – ist eines der fünf international
renommierten Teams die auf Einladung der Initiative „Aufbruch
Stuttgart“ in die Landeshauptstadt kamen. Ihr Auftrag war, ohne
jegliche Art von Zwängen und Vorgaben und Verboten, Ideen für
eine menschengerechte Zukunft der sogenannten „Kulturmeile“ zu
entwickeln. Was dabei herauskam, sorgte bei der Präsentation im
Stuttgarter Haus der Architekten für Staunen, Verblüffung und
Applaus. Die Ergebnisse haben das Zeug dazu, die Stadt zu
verändern. Wie kann aus der vom Autoverkehr beherrschten
„Kulturmeile“ ein lebendiges Kulturquartier werden?
Die Frage, was mit dem Schulgebäude des
Königin-Katharina-Stifts geschehen soll, gehört schon seit
Beginn der Diskussion um das Kulturquartier zu den ganz heißen
Eisen. Jetzt verblüffte das Münchner Büro
Allmann Sattler Wappner
mit einer Idee, die insbesondere in der Schweiz schon mehrfach
praktiziert wurde: Die Verschiebung des ganzen Gebäudes ohne
Abriss. Mit moderner Technik kann die Schule als Ganzes um bis
zu 50 m verschoben werden und so den Raum für ein weiteres
Kulturgebäude, ein Konzerthaus, ein Museum oder eine neue Oper
freimachen. Die Teilnehmer sind mit dem Königin-Katharina-Stift
unterschiedlich umgegangen. Fast alle empfinden die Lage als
Schulstandort nicht optimal.
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Entwurf Herzog & de Meuron |
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Die Architekten von
Herzog & de Meuron
würden dagegen direkt an die B14 sogar ein neues Schulgebäude
stellen und den denkmalgeschützten Altbau als Foyer eines
ansonsten neuerbauten Kulturgebäudes nutzen. Der Entwurf des
Basler Teams fasziniert vor allem durch eine Idee, die an die
New Yorker Highline erinnert: Verwandlung der bestehenden
Stadtautobahn in ein grünes Band, das sich unter aufgebrochenen
Dächern auch durch die Tunnels zieht, kombiniert mit insgesamt
viel Grün auch in anderen Bereichen des Quartiers, dazu eine
Wiederbelebung alter Achsen und am Ende einer solchen – vom
Littmann-Bau Richtung Königsstraße – könnte ein neues Opernhaus
seinen attraktiven Platz finden. Ascan Mergenthaler,
verantwortlich für den Bau der Elbphilharmonie vertritt eine
klare Position: „Die Konzentration auf das Zentrum ist
essenziell. Die einmalige Chance der zentrumsnahen
Stadtentwicklung im Gleisfeld Rosenstein darf nicht davon
ablenken, dass die Probleme in der Innenstadt zwingend gelösten
werden müssen“.
Der Ansatz, der von der niederländischen Gruppe
KAW
vorgeschlagen wird, betont die zentrale Rolle des Stadtraumes um
die B14 für die Entwicklung der gesamten Innenstadt. Teamchef
Reimar von Meding denkt dabei im wahrsten Sinne „quer“ mit einer
Öffnung und Wiederbelebung von Sicht- und Fußgängerachsen im
rechten Winkel zur B14 – damit die trennende Wirkung der
Verkehrsschneise endlich der Vergangenheit angehört. Dies
verbindet die Entwürfe sämtlicher Teams.
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Entwurf Allmann Sattler Wappner |
Die Münchner Architekten von
Allmann Sattler Wappner
setzen dabei dezidiert auf die Verwandlung der „Kulturmeile“ in
einen „Kulturboulevard“, der nach und nach dem Autoverkehr
entzogen wird. Anziehende öffentliche Räume, Höfe und Gärten
sollen im Wechsel mit präzise positionierten Baukörpern die
verlorene Stadtraumqualität zurückholen. Alle Teams verfolgen
eine Vorgehensweise, die der Schaffung attraktiver Stadträume,
Priorität vor einer Lösung der Verkehrsfragen einräumt. Die
Notwendigkeit eines Tunnelbaus wird von einem Teil zwar nicht
generell ausgeschlossen, soll aber erst nachgeordnet entschieden
werden. Erst soll Lebensqualität entstehen.
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Entwurf Christoph Mäckler |
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Architekt
Christoph Mäckler
ist überzeugt: „Die Stadtgesellschaft braucht keine abweisenden
Verkehrsstraßen, sondern Stadtstraßen mit Aufenthaltsqualität“.
Die interdisziplinäre Gruppe Urban–Think Tank aus Zürich
argumentiert ähnlich. Hubert Klumpner beklagt: „Die Stadt hat
hochwertige einzelne Objekte und öffentliche Räume, die
weiterentwickelt werden können.“ Der Vorschlag der Züricher will
stattdessen eine Raumfolge aus Ufern, Staffeln und einer neuen
Arkade, Räume für die Stuttgarter, die ganzjährig einladen und
einen Neuanfang erlauben. Das Thema Zukunft der Stuttgarter Oper
ist mit der Neugestaltung der Kulturmeile untrennbar verbunden.
Generell wird der Umbau der Oper, der nach Einschätzung der
Fachleute eigentlich keine Sanierung ist, sondern zum Großteil
Neubau gleichkommt, als völlig unkalkulierbares Abenteuer mit
hohen Realisierungs- und Kostenrisiken eingestuft. Verwundert
zeigten sich die eingeladenen Architekten, dass bei der
Opernsanierung der Denkmalschutz außer Kraft gesetzt wird,
während er beim baugeschichtlich weniger bedeutenden Schulbau
als zentrales Argument gilt. „Der Workshop hat gezeigt, dass
bisher in Stuttgart zu eng gedacht wurde. Aufbruch Stuttgart
sieht die Ergebnisse des Wochenendes als Angebot an Politik und
Öffentlichkeit.“
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Entwurf KAW Architects |
Vorstandsmitglied
Arno Lederer:
„Wir hoffen sehr, dass die Kommunalpolitik die Diskussion um
Oper und Kulturmeile nicht vorzeitig für entschieden erklärt,
sondern die Früchte unseres hochkarätigen Workshops als
Ideenpaket in die Entscheidungsfindung miteinbezieht“. Die
baulichen Fakten, die jetzt geschaffen werden, haben zentrale
Bedeutung für die künftige Lebensqualität Stuttgarts. Nicht,
dass am Ende wieder der Satz fällt: „Dass sich die Stuttgarter
das gefallen lassen.“
Die Namen der fünf beteiligten Büros lassen aufhorchen: Das
Basler Team von
Herzog & de Meuron
ist mit seinen Projekten weltweit präsent. Der Name des Büros
verbindet sich mit der Tate Gallery of Modern Art in London, der
Allianz-Arena in München und Impulsen für eine Neuausrichtung
des Städtebaus in China. Aktuell fand das von dem Schweizer Büro
realisierte neue Hamburger Wahrzeichen, die Elbphilharmonie, das
Augenmerk einer breiten Öffentlichkeit.
Aus Rotterdam hat das Team von
KAW Architects
teilgenommen. Die innovative Crew, die sich selbst als „motivated
and a little bit quirky“ (schrullig) bezeichnet hat sich neben
Wohnbau mit öffentlichen Bauten und der Gestaltung urbaner Räume
an vielen Orten einen Namen gemacht.
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Entwurf KAW Architects |
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Allmann Sattler Wappner,
das führende Münchner Büro, holte sich nicht nur mit Bauten, wie
dem Dornier- Museum in Friedrichshafen und dem geradezu
revolutionären Neubau der Herz-Jesu Kirche in München Meriten,
sondern entwickelte erfolgreich städtebauliche Konzeptionen in
verschiedenen Metropolen.
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Entwurf Allmann Sattler Wappner |
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Christoph Mäckler
aus Frankfurt, Begründer des Dortmunder Instituts für
Stadtbaukunst, gehört zu den aufregendsten Figuren der Deutschen
Architekturszene. Mit seinem Team hat er sich kritisch mit den
Stadtbildern der Nachkriegszeit auseinandergesetzt und eine
Lanze für die Gestaltung des öffentlichen Raums gebrochen. Als
Bauten gelten u.a. die Gestaltung der Marktgalerie in Leipzig
und die der Goethehöfe in Frankfurt als besonders bemerkenswert.
Die Crew mit dem vielverheißenden Namen
„Urban–Think Tank“
kommt aus Zürich. Das eng mit der ETH Zürich verbundene
Planungskollektiv, das unter Leitung von Mitbegründer Hubert
Klumpner anreist, setzt in seinen Aufgabenstellungen weniger auf
den Bau von Neuem, sondern auf die Konsolidierung und
Optimierung bestehender Stadtstrukturen. Die interdisziplinäre
Gruppe aus Zürich ließ es sich nicht nehmen, bereits Wochen vor
dem Workshop das Kulturquartier in Stuttgart ausführlich zu
besichtigen. Nun hat der Aufbruch Stuttgart e. V. die 44-seitige
Dokumentation des Ideen- Workshops „Aufbruch Kulturquartier“ mit
zahlreichen Bildern und Plänen veröffentlicht, in Zusammenarbeit
mit dem büro uebele visuelle kommunikation und Thomas Geuder.
Aufbruch Stuttgart:
Die Initiative leistet mit Workshops, Arbeitsgruppen, Vorträgen
und gemeinschaftsfördernden Aktionen einen Beitrag zu einer
lebendigen Stadtgesellschaft, die das Ziel verfolgt, Stuttgart
zum Vorreiter moderner Stadtentwicklung werden zu lassen: mit
einem lebendigen Kulturquartier, mit einem mutigen Schritt von
der autogerechten zur menschengerechten Stadt. Die
Gründungsmitglieder von Aufbruch Stuttgart sind: Prof. Dr.
Wieland Backes (Fernsehjournalist), Norbert Daldrop (AV-Communication),
Prof. Dr. Cornelia Ewigleben (Direktorin Württembergisches
Landesmuseum), Felix Fischer (Managing Director SWR
Symphonieorchester), Dr. Ulrike Groos (Direktorin Kunstmuseum),
Thomas Koch (Direktor Kommunikation Oper Stuttgart), Prof. Dr.
Christiane Lange (Direktorin Staatsgalerie Stuttgart), Prof.
Arno Lederer (Architekt), Helmut Nanz (Nanz-Stiftung), Prof.
Werner Sobek (Architekt und Bauingenieur), Horst Stammler
(Geschäftsführer VVS – Verkehrsverbund Stuttgart), Jossi Wieler
(Intendant Oper Stuttgart)
www.aufbruch-stuttgart.com
Siehe auch:
Aufbruch Kulturquartier - Ideen zur Stuttgarter Kulturmeile
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