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Blick auf den Frankfurter Messeturm,
Januar 2019
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Ein politisch und wirtschaftlich turbulentes Jahr
ist vorbei. Politisch sind die Machtblöcke auf
Konfrontationskurs. Geopolitisch genauso wie wirtschaftlich.
"Keine zwei Jahre hat US-Präsident Donald Trump gebraucht, um
die Weltordnung in ihren Grundfesten zu erschüttern.
Handelskriege, deren Androhung oder die Aufkündigung von
internationalen Vereinbarungen wie dem Pariser
Klimaschutzabkommen, dem Atomabkommen mit dem Iran oder dem
Ausstieg der USA aus dem bilateralen INF-Vertrag mit Russland,
die Vernichtung aller landgestützten Flugkörper mittlerer und
kurzer Reichweiten betreffend, sind Instrumente dieser
destabilisierenden Politik", so
Timo Tschammler,
CEO JLL Germany.
"Das größte Risiko für die Weltwirtschaft sind derzeit die
Politiker und ihre Ego-Trips. Hier gilt der Plural. Denn Donald
Trump steht diesbezüglich nicht allein. Eine Kooperation unter
den wichtigsten Volkswirtschaften, wie sie während der
Finanzkrise erfolgte, kann heute zum Beispiel nicht mehr als
selbstverständlich vorausgesetzt werden."
Die Staaten der Welt bewegen sich nicht mehr aufeinander zu -
sondern voneinander weg. Paradebeispiel: Großbritannien, sonst
ein Muster an wirtschaftspolitischem Pragmatismus, steuert auf
einen ungeordneten Austritt aus der EU zu, weil die konservative
Partei von Regierungschefin Theresa May gespalten ist zwischen
EU-Skeptikern und EU-Hassern. Auch das jüngst von May gewonnene
Misstrauensvotum gibt nur bedingt Grund zu Hoffnung. In Italien,
immerhin ebenfalls ein G7-Staat, regieren schwer zu berechnende
Populisten. Staatsbankrott nicht ausgeschlossen. Die Liste ließe
sich um viele weitere Beispiele verlängern. "Summa summarum: Ein
eher düsteres Szenario, verfinstert darüber hinaus durch die
enorme Schuldenlast der Weltwirtschaft.
Der weltweite Schuldenstand der Staaten, Unternehmen und
privaten Haushalte ist nach Zahlen des Internationalen
Währungsfonds seit 2007 von 179 Prozent der Wirtschaftsleistung
auf 225 Prozent emporgeschossen. Und ein Großteil des Wachstums,
das die Industriestaaten seit der Finanzkrise erlebt haben, ist
auf diese gestiegene Verschuldung zurückzuführen und nicht auf
nachhaltige Faktoren wie etwa ein Wachstum der Produktivität.
Schulden und noch mehr Schulden stehen zum Beispiel hinter dem
bemerkenswerten Wachstumsschub, den die Vereinigten Staaten
derzeit erleben", gibt
Timo Tschammler
zu bedenken.
Was heißt das alles für die Immobilienbranche?
Im Rückblick auf 2018 lässt sich zumindest konstatieren, dass
bislang weder das moderat angestiegene Zinsniveau, noch ein
immobilienmarktimmanenter Aspekt wie ein zu schnell sich
ausweitendes Flächenangebot oder ein unvorsichtiges Verhalten
der Akteure selbst Anzeichen für einen Zykluswendepunkt gegeben
haben."
Vor dem beschriebenen
politischen Hintergrund sehen nach Ansicht von JLL viele Anleger
ihr Heil in der Asset-Klasse Immobilien: "Und es gibt gute
Gründe, warum diese Entwicklung auch 2019 anhalten und die
Nachfrage nach Immobilien hoch bleiben wird. Neben den fehlenden
Alternativen entscheiden sich immer mehr Investoren für eine
Erhöhung ihrer Immobilienanlagequoten. Zahlreiche Pensionsfonds
und Versicherungen haben einen immensen Kapitaldruck und bereits
kleine Veränderungen in der Anlagestrategie haben enorme
quantitative Effekte auf den Immobilienmarkt", so Tschammler.
"Vorausschauend auf das
neue Jahr bezogen droht die größte Gefahr für den deutschen
Immobilienmarkt von Seiten einer möglichen Verschärfung der
globalen Handelsrestriktionen sowie durch einen ungeordneten
Brexit. Dann könnte auch die immer noch gute wirtschaftliche
Lage Deutschlands in Mitleidenschaft gezogen werden. Es bliebe
dann abzuwarten, ob die EZB ihren Zinsanstiegskurs fortsetzt,
oder ob sie sich in einer Situation wiederfindet, der sie mit
geldpolitischen Maßnahmen begegnen will, um die EU-Wirtschaft zu
stützen. Dann wäre ein Zinsanstieg erst einmal ad acta gelegt."
2018 wurden bundesweit gut 61,5 Mrd. Euro in Gewerbeimmobilien
investiert - ein neuer Rekord. Rechnet man noch die
Investitionen in Wohnimmobilien (ab 30 Einheiten) hinzu, ergibt
sich ein Gesamtumsatz von gut 77,8 Mrd. Euro. Dies ergibt der
Investmentmarkt-Report von BNP Paribas Real Estate, der Ende
Januar veröffentlicht wird.
"Nach drei sehr guten Jahren wurde 2018 erwartungsgemäß erstmals
die 60-Mrd.-Euro-Schwelle durchbrochen", stellt
Piotr Bienkowski,
CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland, fest. "Das
außergewöhnliche Vorjahresergebnis wurde damit noch einmal um
knapp 6 Prozent übertroffen. Trotz gesenkter BIP-Prognosen für
die nächsten zwei Jahre und sich eintrübender
Stimmungsindikatoren bleibt das Interesse der Investoren an
deutschen Immobilien also ungebrochen hoch."
Büro-Investments dominierten das Marktgeschehen (fast 29,7 Mrd.
Euro; 48 Prozent des Gesamtergebnisses). Vor allem einzelne
Bürohäuser, auf die über 27,1 Mrd. Euro entfallen, standen im
Fokus der Käufer. Insgesamt konnten 65 Einzelverkäufe im
dreistelligen Millionenbereich erfasst werden. Absoluter
Spitzenreiter ist Frankfurt, wo alleine 19 Großabschlüsse
registriert wurden. Sowohl deutsche als auch ausländische
Anleger setzen auf eine mittelfristig sehr positive Entwicklung
der Bankenmetropole. Aber auch in München (15), Berlin (12) und
Hamburg (7) wurde eine ganze Reihe großvolumiger
Bürotransaktionen getätigt. Auf Platz zwei folgen
Einzelhandelsimmobilien, die 11,2 Mrd. Euro (18 Prozent) zum
Umsatz beisteuern. Fach- und Supermärkte stehen bei den
Investoren grundsätzlich nach wie vor sehr hoch im Kurs, genauso
wie Highstreet-Objekte in den absoluten Top-Lagen. Dagegen
herrscht auf Investorenseite Verunsicherung bezüglich der
Entwicklung bei Shoppingcentern. Weiterhin auf Erfolgskurs sind
Logistik-Investments, die auf 7,2 Mrd. Euro (12 Prozent) kommen
und damit das zweitbeste Resultat aller Zeiten erzielen. Auch
Hotels haben ihren Höhenflug fortgesetzt, auch wenn sie mit gut
4 Mrd. Euro (6,5 Prozent) rund 4 Prozent unter ihrem
Vorjahreswert liegen. Das deutlich höhere Niveau im Vergleich zu
früheren Jahren wurde aber erneut eindrucksvoll bestätigt.
Auf die Big 7 entfielen
2018 deutlich mehr als die Hälfte des gesamten
Transaktionsvolumens (46 von 79 Mrd. Euro). Besonders
signifikant ist die Dominanz bei der nachgefragtesten
Assetklasse, den Büroimmobilien. Hier wurden im Schnitt der
letzten Jahre (seit 2012) rund 80 Prozent in Immobilien der Big
7 investiert, ergänzt Timo Tschammler, JLL.
Einzeltransaktionen steuern also gut 46 Mrd. Euro zum
Gesamtergebnis bei. Die Bedeutung von Portfoliodeals hat sich
weiter verringert: Mit gut 15,5 Mrd. Euro liegt das Resultat in
diesem Marktsegment 20 Prozent niedriger als im Vorjahr. Auch
der Anteil am Gesamtvolumen liegt mit 25 Prozent auf dem
niedrigsten Niveau der letzten fünf Jahre. Bemerkenswert ist,
dass bei Paketverkäufen in fast allen Assetklassen rückläufige
Investitionsvolumina gegenüber dem Vorjahr zu beobachten sind.
Verantwortlich hierfür ist jedoch nicht ein rückläufiges
Interesse der Anleger, sondern in erster Linie ein nicht
ausreichendes Angebot.
Auch
Marcus Zorn, Deputy CEO von BNP Paribas Real Estate
Deutschland, fokussiert Big 7: "Besonders im Blickpunkt der
Investoren standen die A-Standorte Berlin, Düsseldorf,
Frankfurt, Hamburg, Köln, München, Stuttgart. Auf sie entfallen
zusammen gut 38,65 Mrd. Euro, was einem Anteil von rund 63
Prozent am Gesamtergebnis entspricht. Dies ist ein neuer
Rekord".
Unangefochtener Spitzenreiter ist Frankfurt: Mit einem Umsatz
von 10,23 Mrd. Euro hat erstmals ein deutscher Standort die
10-Mrd.-Euro-Schwelle überschritten. Auf Rang zwei platziert
sich Berlin (7,43 Mrd. Euro). Gerade in der Hauptstadt
übertrifft die Nachfrage allerdings weiterhin das Angebot,
sodass bei ausreichendem Produkt ein noch höherer Umsatz erzielt
worden wäre. Nur hauchdünn am Rekordvolumen des Jahres 2007
vorbeigeschrammt ist München (6,67 Mrd. Euro). Neue
Rekordergebnisse verzeichnen Hamburg, wo mit 5,9 Mrd. Euro erst
zum zweiten Mal eine Fünf vor dem Komma steht, Düsseldorf mit
3,9 Mrd. Euro und Stuttgart mit 2,54 Mrd. Euro. In Köln werden
1,98 Mrd. Euro notiert, womit die Domstadt nur ganz knapp an der
2-Mrd.-Euro-Hürde scheitert.
"Die
auf den ersten Blick vielleicht überraschend gute Verfassung der
deutschen Investmentmärkte spiegelt letztendlich die harten
Rahmenbedingungen wider, die nach wie vor für Immobilien
sprechen. Eine steigende Beschäftigung, ein weiteres, etwas
moderateres, Wirtschaftswachstum und der Bedeutungsgewinn der
großen Metropolen sprechen auch 2019 für starke
Investmentmärkte. Vor diesem Hintergrund deutet alles darauf
hin, dass die 50-Mrd.-Euro-Schwelle wieder deutlich übertroffen
werden dürfte und ein Transaktionsvolumen zwischen 55 und 60
Mrd. Euro realistisch erscheint", fasst Piotr Bienkowski die
Aussichten zusammen. Für den gesamten Investmentmarkt, inklusive
Living, dürfte das Volumen dann mit rund 70 Mrd. Euro etwa 10
Prozent niedriger ausfallen als 2018, schließt Timo Tschammler.
Der
Aufschwung am Investmentmarkt geht 2019 somit ins zehnte Jahr.
Auch die bemerkenswerten Aktivitäten abseits von
Mega-Transaktionen haben ihren Beitrag zu dieser Entwicklung
geleistet. Das Transaktionsvolumen steigt kontinuierlich seit
2010.
Inklusive der Nutzungsklasse "Living" (Wohn-Portfolios,
Mikro-Wohnen und Pflegeimmobilien) summierte sich das gesamte
Transaktionsvolumen nach Angaben von JLL sogar auf 79 Mrd. Euro.
Der Bestwert aus dem Jahr 2015 (80,3 Mrd. Euro) wurde in dieser
Gesamtbetrachtung allerdings nicht übertroffen, so CEO Timo
Tschammler.
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