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In Berlin ermöglichen die landeseigenen
Wohnungsunternehmen ihren Mietern neuerdings, unkompliziert
Wohnungen zu tauschen. Das ist ein sinnvoller Ansatz, der einen
kleinen Beitrag zur Linderung der Wohnungsnot leisten kann,
meint Nedeljko Prodanovic, Geschäftsführer der Stonehedge GmbH.
Es nennt sich Lock-in-Effekt und ist zunehmend in den deutschen
Metropolen zu beobachten: Viele Großstadtbewohner würden gerne
innerhalb ihrer Stadt umziehen, können aber nicht, weil sie
aufgrund des knappen Angebots und des kräftigen Anstiegs der
Angebotsmieten keine neue Wohnung in ihrer Preisklasse finden.
Die landeseigenen Wohnungsunternehmen in Berlin haben dieses
Problem erkannt und wollen ihren Mietern nun ermöglichen,
miteinander die Wohnungen zu tauschen. Der Berliner
Wohnungsunternehmer Nedeljko Prodanovic von der Stonehedge GmbH
unterstützt diese Idee, da sie zu einer effizienteren Nutzung
des zu knappen Wohnraums führen könne.
"Ich kenne einen älteren Herrn, Witwer, der in Berlin allein auf
120 Quadratmetern lebt", erzählt Prodanovic. "Der Mann hat drei
Zimmer seiner Wohnung, die er überhaupt nicht nutzt, mit
Rigipsplatten verschlossen, damit er sie nicht beheizen und
bewirtschaften muss. Das ist natürlich eine Menge Wohnraum, der
einfach ungenutzt bleibt, und das ist angesichts des enormen
Wohnraummangels gerade in Berlin extrem schade. Das Gute aber
ist: Der Mann wäre grundsätzlich dazu bereit, in eine kleinere
Wohnung zu ziehen. Bloß braucht er dafür Unterstützung."
Aktuell ist es häufig so, dass zum Beispiel junge Eltern aus
Kostengründen in ihrer kleinen Zweizimmerwohnung bleiben müssen,
während etwa eine Seniorin allein in einer Vierzimmerwohnung
lebt, weil diese durch den alten Mietvertrag deutlich günstiger
ist als eine kleinere Wohnung auf dem freien Mietmarkt. Würden
beide Parteien - sofern sie das ausdrücklich wünschen - die
Wohnung tauschen, hätten alle gewonnen: Die jungen Eltern hätten
Platz für ihre Familie und die Seniorin müsste nicht mehr die
große Wohnung bewirtschaften.
Das Modell der Berliner Wohnungsunternehmen ermöglicht einen
solchen Tausch, ohne dass es zu einem Anstieg der jeweiligen
Kaltmieten kommt, wie es bei einer normalen Neuvermietung der
Fall wäre. In einem eigens eingerichteten Internetportal können
tauschwillige Mieter der Berliner Wohnungsunternehmen ihre
Wohnung eintragen und nach Tauschmöglichkeiten suchen. Die sechs
kommunalen Wohnungsunternehmen umfassen zusammen rund 300.000
Haushalte.
Nedeljko Prodanovic hält ein solches Tauschmodell für
überfällig. So wie sich die Lebensumstände änderten, änderten
sich auch die Wohnbedürfnisse, meint der Stonehedge-Chef:
"Sobald Kinder kommen, braucht man mehr Platz, sobald sie flügge
werden, möglicherweise weniger. Wenn der Wohnungsmarkt
allerdings nicht genügend Angebot bereithält, um die
Wohnsituation reibungslos an die Lebensumstände anzupassen, dann
ist das ein Problem. In den Ballungszentren ist genau das leider
schon seit Jahren der Fall, deshalb müssen wir über neue Modelle
nachdenken."
Zwar gibt es im Internet schon seit längerem private
Tauschbörsen, doch müssen tauschwillige Mieter dabei immer auf
die Zustimmung ihres jeweiligen Vermieters hoffen. Zudem besteht
die Möglichkeit, dass der Vermieter beim Abschluss des neuen
Vertrags die Miete erhöht. Diese Gefahr besteht bei der jetzt in
Berlin eingerichteten städtischen Tauschbörse nicht, deshalb
dürfte die Erfolgswahrscheinlichkeit höher sein als bei den
privaten Modellen.
Die kommunalen Wohnungsunternehmen der Stadt könnten den
umzugsbereiten Bürgern weitere Ansatzpunkte zur Förderung
anbieten, meint Stonehedge-Chef Prodanovic. Vorstellbar seien
auch Angebote über das Tauschportal hinaus, etwa eine
Unterstützung beim Umzug. "Eine ältere, alleinstehende Person,
die bereit wäre, umzuziehen, steht nicht nur vor dem Problem der
Wohnungssuche. Auch die Begleitumstände bereiten
Schwierigkeiten, etwa der Umzug selbst oder die notwendigen
Behördengänge."
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