Der Abschluss des Falls ist noch lange nicht in Sicht

Urteil im Prozess um den Einsturz des Kölner Stadtarchivs

Foto (c) Kulturexpress, Meldung: Kölnische Rundschau

 

 

Öffentliche Unterführung am Kölner Hauptbahnhof

Das Kölner Landgericht hat am 12. Oktober 2018 drei Angeklagte freigesprochen. Der vierte Angeklagte wurde wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Bauüberwacher der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) seine Pflichten bei der Kontrolle der U-Bahn-Baustelle vor dem Stadtarchiv vernachlässigt hat. Die Fehler des Mannes seien aber nicht so gravierend, dass es für eine Haftstrafe geeignet wäre.

 

Drei weitere Angeklagte, eine KVB-Ingenieurin und zwei Mitarbeiter von Baufirmen, hätten ebenfalls Pflichten verletzt. Es sei allerdings nicht erkennbar gewesen, dass ihre Fehler mit dem Einsturz in Zusammenhang stünden. Nach Überzeugung des Gerichts war keinem der Angeklagten bekannt, dass beim Bau der unterirdischen Betonwand fehlerhaft gearbeitet worden war.

 

Gutachter der Staatsanwaltschaft hatten nach jahrelangen Ermittlungen festgestellt, dass es in der Stahlbetonwand ein großes Loch gab. Durch diese Öffnung sind am 03. März 2009 große Mengen an Erdreich und Grundwasser in die U-Bahn-Baustelle eingedrungen. Dadurch sei unter dem historischen Archiv ein Hohlraum entstanden. Das habe das Gebäude und die Nachbarhäuser zum Einsturz gebracht. Das Gericht stand mit dem Prozess jedoch unter Zeitdruck, da am 02. März 2019 die Verjährungsfrist geendet hätte.

 

Die Kölner Nord-Süd-Stadtbahn wird dagegen erst im Jahr 2026 in Betrieb gehen können. Dies ist nach Informationen der Kölnischen Rundschau im Aufsichtsrat der Kölner Verkehrs-Betriebe im Dezember 2017 mitgeteilt worden. Damit verzögert sich die Inbetriebnahme um weitere drei Jahre. Vor allem die sich immer weiter hinziehende Beweissicherung an der Einsturzstelle des Stadtarchivs am Waidmarkt sei dafür verantwortlich. Bevor der Gutachter seine Arbeiten beendet hat, kann das Kreuzungsbauwerk in der Mitte der Neubaustrecke nicht saniert werden. Bei den Arbeiten zur Kölner U-Bahn war 2009 das Stadtarchiv eingestürzt.

 

Derzeit fahren die Bahnen auf der neuen Strecke von beiden Seiten nur bis kurz vor die Unglücksstelle. Der vom Landgericht beauftragte Gutachter hat in den vergangenen Jahren mit Tauchern in einem von ihm erbauten Schacht schichtweise Erdproben bis zu einer Tiefe von etwa 28 Metern genommen, um die Einsturzursache zu finden. Ein Loch in der Baugrubenabdichtung ist gefunden worden. Ob dies jedoch die alleinige Einsturzursache ist, will der Gutachter nach Rundschau-Informationen durch eine noch tiefer gehende Untersuchung klären: In etwa 30 Metern Tiefe befindet sich eine dünne Braunkohleschicht. Die war nach Probebohrungen bislang als intakt bewertet worden, der Gutachter will sie nun eingehender prüfen. Die Schlitzwände, die die Baugrube umgeben und von Grundwasser frei halten sollten, gehen durch die Braunkohle-Schicht hindurch. Sollte es einen hydraulischen Grundbruch - also einen unterirdischen Erdrutsch unter der Schlitzwand - gegeben haben, müsste die Kohleschicht zerstört sein.

 

Für den Strafprozess wurde im Auftrag der Staatsanwaltschaft ein Gutachten erstellt, das die Beweiserhebung bis zum Frühjahr 2017 ausgewertet hat. Die Eröffnung des Prozesses war durch die neuerliche Verzögerung nicht gefährdet. Sechs Angeklagte mussten sich wegen fahrlässiger Tötung und Baugefährdung zunächst verantworten. In einem nicht terminierten Zivilprozess versucht die Stadt Köln den mit 1,2 Milliarden Euro bezifferten Schaden zu erstreiten. Die Verjährung ist anders als beim Strafprozess ausgesetzt. Bei dem Unglück am 03. März 2009 waren zwei Bewohner von benachbarten Häusern ums Leben gekommen. Viele Anwohner verloren die Wohnung und damit ihr gesamtes persönliches Eigentum.

 

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 12. Oktober 2018