Deutschland begibt sich zunehmend auf die
Aufholjagd bei alternativen Antrieben: Die Zahl der
Neuzulassungen hat sich in den ersten sechs Monaten des Jahres
im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um zwei Drittel erhöht. So
wurden in Deutschland bis Ende Juni dieses Jahres 17.234 rein
elektrische Pkw zugelassen, im Vorjahreszeitraum waren es 9.821.
„Zuwachsraten von über 50 Prozent sind in der Automobilindustrie
äußerst selten“, sagt Felix Kuhnert, PwC Global Automotive
Leader. „Dieser Entwicklung sollten Automobilhersteller und ihre
Vertriebsorganisationen zunehmend Aufmerksamkeit schenken. Der
Markt scheint jetzt reif zu sein für die Einführung von
Premium-Elektrofahrzeugen deutscher Hersteller.“
Die deutschen Händler setzten in diesem Jahr bis Ende Juni
16.683 Plug-In-Hybride ab, im Vorjahreszeitraum waren es 12.264.
Das entspricht einem Wachstum um etwa ein Drittel. Damit zeigt
sich eine geringere Dynamik dieses Marktsegments. Das liegt
daran, dass diese Fahrzeuge schon früher in Deutschland
eingeführt wurden und der Marktanteil in den relevanten
Baureihen schon hoch ist. Die Automotive-Experten von PwC
Autofacts gehen zudem davon aus, dass die E-Autos tendenziell
eher bei Kleinwagen und in der Mittelklasse ihre Heimat finden
werden, wo größere Volumen abgesetzt werden – mit Modellen wie
Renault Zoe und später der I.D.-Familie von Volkswagen.
Plug-In-Hybride hingegen haben im Premium-Bereich bereits einen
sehr hohen Marktanteil. Porsche hat mitgeteilt, dass sich der
Panamera zu 70 Prozent als Plug-In verkaufe. Daimler verzeichnet
bei dieser Technik einen Anteil von 50 Prozent an der
S-Klasse. In den oberen Marktsegmenten scheinen Plug-In-Hybride
bei den Neuzulassungen zunehmend den Diesel zu ersetzen.
Von den Hybriden wurden 15.000 Stück mehr verkauft als im
Vorjahreszeitraum. „Dort, wo kein Plug-In-Hybrid angeboten wird,
greifen Kunden, die sich über die Diesel-Diskussion erschrocken
haben, zu einem Benziner mit konventioneller ‚plugless‘
Hybrid-Technologie“, sagt Christoph Stürmer, Global Lead Analyst
von PwC Autofacts®. „Ein wesentlicher Grund ist, dass dieser im
Stadtgebiet sehr günstig zu fahren ist.“
Plug-In-Hybride wachsen weniger dynamisch
In den Vereinigten Staaten haben sich die Neuzulassungen von
E-Fahrzeugen mit der Verfügbarkeit von neuen Modellen wie Tesla
Model 3 strukturell erhöht – liegen aber weiter weit unterhalb
der tatsächlichen Nachfrage. Dieses Jahr setzten die USHändler
bis Juni insgesamt 56.157 E-Autos ab. Während das Interesse in
den ersten zwei Monaten relativ zurückhaltend war, stiegen die
Zulassungen im Frühjahr deutlich und erreichten im März ihren
Höhepunkt mit über 14.000 Stück. Im Vorjahreszeitraum erhielten
die Kunden insgesamt 44.222 Fahrzeuge, so dass im ersten
Halbjahr ein Wachstum um über 40 Prozent zu verzeichnen ist.
Während sie 2017 noch weitgehend gleichauf lagen, werden
Plug-In-Hybride zunehmend abgeschlagen und konnten im ersten
Halbjahr nur 56.157 Neuzulassungen auf sich vereinen, bei einem
Wachstum von immer noch über 30 Prozent. In den USA wurden per
Juni dieses Jahres nur noch 163.000 reine Hybride verkauft, was
einen leichten Rückgang um 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr
entspricht. Christoph Stürmer erläutert dazu: „Geringes
Wirtschaftswachstum und niedrige Benzinpreise bereiten dem
konventionellen Hybrid wegen seiner Ähnlichkeit zu ‚normalen‘
Verbrennern eher Probleme, während sich Plug-In-Hybride und
reine Elektrofahrzeuge wegen ihrer komplett anderen
Nutzungseigenschaften inzwischen einen eigenständigen Markt
geschaffen haben.“
Der chinesische Markt weist weiterhin das größte Wachstum und
die größten Volumina für alternative Antriebe auf. Per Juni
dieses Jahres kletterte der Absatz der reinen Elektro-Fahrzeuge
auf über 260.000 Einheiten, mit einer kleinen Absatzschwäche im
Juni. Im vergleichbaren Zeitraum des Jahres 2017 belief sich der
Absatz auf gut die Hälfte mit 132.000 Einheiten. -
Plug-In-Hybride sind in der Volksrepublik generell deutlich
weniger populär als reine E-Autos. Die Händler brachten trotzdem
bis einschließlich Juni 2018 über 95.000 Pkw an den Mann, vor
einem Jahr waren es lediglich 31.500. „In den oberen Segmenten
findet die Technologieumstellung von konventionellen Fahrzeugen
auf Plug-In-Hybride schon statt“, sagt Christoph Stürmer. „Es
gibt von einigen Herstellern – auch von deutschen – Hybride, die
bisher nur in China verkauft werden.“
Chinas Zellhersteller expandieren weltweit
Wie sieht die Gesamtmarktentwicklung aus? Die PwC-Experten sehen
den Markt für E-Autos wie auch für Plug-In-Hybride langfristig
auf Wachstumskurs. Um die positive Entwicklung weiter
voranzutreiben, müsse nicht nur mehr für Forschung und
Entwicklung ausgegeben werden. „Es sind auch
Fabrik-Investitionen in erheblicher Größenordnung nötig“, sagt
Felix Kuhnert. Die aktuellen Entwicklungen gehen bereits in
diese Richtung. Deutsche und europäische Autohersteller bereiten
in den nächsten zwölf Monaten zahlreiche Neueinführungen von
Premium- Elektrofahrzeugen vor. Außerdem expandieren die großen
chinesischen Zellhersteller inzwischen global. So engagiert sich
zum Beispiel CATL in Thüringen und in Südeuropa entsteht eine
sogenannte Gigafactory. „Das sind große Investitionen, um die
lokale Nachfrage nach Batterien zu befriedigen“, sagt
PwC-Partner Kuhnert. „Daraus lässt sich ableiten, dass
insbesondere internationale Investoren Vertrauen in die
europäische E-Auto-Produktion haben.“