In diesem Beitrag werden Ursachen für
Preissteigerungen genannt und Empfehlungen für die
Kostenplanung, und den Umgang mit Baukostendaten gegeben.
Seit mehreren Jahren nimmt die Bautätigkeit in
Deutschland wieder stetig zu. In der letzten Zeit ist in der
Bauwirtschaft eine Dynamik zu beobachten, die als Überhitzung
bezeichnet werden kann. Die Nachfrage nach Bauleistungen
übersteigt die Kapazitäten der ausführenden Unternehmen. Der bei
Ausschreibungen gewollte Preiswettbewerb fällt aus.
Bauherren, Architekten und Ingenieure nehmen bei Submissionen,
soweit sie überhaupt Angebote erhalten, andauernde
Baupreissteigerungen wahr. Das Aufstellen von Kostenermittlungen
und die Prognose zu erwartender Preissteigerungen werden immer
schwieriger. Im Folgenden werden Ursachen genannt und
Empfehlungen für die Kostenplanung besonders im Umgang mit
BKI-Baukostendaten gegeben.
1. Was geschieht zurzeit in der Bauwirtschaft?
Die allgemeine Konjunktur hatte in den vorangegangenen Jahren
wenig Einfluss auf die Bauwirtschaft. Der Anstieg der Preise für
Bauleistungen war im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten
geringer. Mehrere Veränderungen politischer und
allgemeinwirtschaftlicher Art haben zu einer unerwarteten
Entwicklung geführt, die zahlreiche Ursachen hat und sich
voraussichtlich noch einige Zeit in der Bauwirtschaft
niederschlägt.
Welche Ursachen und Bedingungen gehören dazu? Die folgenden
Punkte sind ein Erklärungsversuch der Autoren. Wissenschaftliche
Untersuchungen liegen im notwendigen Umfang nicht vor. Sie sind
jedoch dringend erforderlich.
Ursachen:
-
Der Kapitalmarkt ist zunehmend Gegenstand der
Politik, die Geldmenge vergrößert sich.
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Zinsen für Kredite, vor allem Baukredite sind
so niedrig wie nie zuvor.
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Die Kapitalflucht ausländischer Investoren
führt zum Erwerb von Immobilien in Deutschland, auch ohne
eigenen Bedarf oder angemessene Renditeerwartungen
(Betongold).
-
Konjunkturprogramme zur energetischen
Verbesserung von Bestandsbauten haben in den letzten Jahren
Kapazitäten der Bauwirtschaft gebunden und binden sie
weiterhin.
-
Konjunkturerwartungen lassen Investitionen in
einem günstigen Licht erscheinen, besonders in Deutschland.
-
Der Wohnungsbau wird nach vielen Jahren
wieder für Investoren interessant, die Wohnfläche pro
Einwohner steigt weiter.
-
Vor allem junge Menschen ziehen aus
beruflichen und persönlichen Gründen verstärkt in die
Großstädte und wirtschaftsstarke Ballungszentren, z. B.
Rhein-Main-Gebiet, München, Stuttgart, Köln, Hamburg und
seit einigen Jahren Berlin.
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Die große Zahl von Flüchtlingen erfordert
schnelle Lösungen der Unterbringung vor allem durch
Neubauten.
Auswirkungen:
-
Die Kapazitäten der Bauwirtschaft sind in der
Vergangenheit stetig geschrumpft.
-
Die Nachfrage nach Bauleistungen übertrifft
die Leistungsfähigkeit der ausführenden Unternehmen
inzwischen bei Weitem.
-
Tarifabschlüsse im Baugewerbe verursachten
eine Erhöhung der Lohnkosten, zum Beispiel um 5,7% im Jahr
2018.
-
Der Markt für Bauleistungen ist aus dem
Gleichgewicht gekommen.
-
Vermehrt erhalten Auftraggeber auf
Ausschreibungen nicht einmal ein einziges Angebot
-
Infolgedessen stiegen die Preise
überdurchschnittlich und teilweise nicht nachvollziehbar.
Der Markt für Bauleistungen ist zurzeit schwer einschätzbar. Mit
der Fortschreibung bisheriger Preisindices lässt sich dieses
Phänomen nicht greifen. Es kommt hinzu, dass die benannten
Ursachen regional unterschiedlich wirken. In einzelnen Zweigen
der Bauwirtschaft, Regionen oder bei komplexen Bauvorhaben ist
die Zahl der Angebote für einen Preiswettbewerb zu gering oder
es geht kein Angebot ein.
Der Baupreisindex des Statistischen Bundesamtes kann diese
Entwicklung nur bedingt abbilden. Grundlage der Statistik sind
die Preise der Angebote von ausführenden Unternehmen, nicht die
Preise der Bauverträge. Wurden vor einigen Jahren in der
Privatwirtschaft spürbare Nachlässe im Rahmen von
Vertragsverhandlungen vereinbart, so ist dies derzeit kaum
möglich. Der Baukostenindex kann die ausbleibende
Konkurrenzsituation und somit die teils zwingende Vergabe an
hochpreisige Einzelangebote nicht berücksichtigen.
2. Nutzung von Kostendatenbanken
Die wenigsten Architekten können eigene Kostendatenbanken
vorhalten, die aktuelle Angebotspreise und Preisentwicklungen am
Markt darstellen. Dies liegt daran, dass die Anzahl notwendiger
Projekte für einen statistisch fundierten Nachweis in fast allen
Büros nicht vorhanden ist. Lediglich große oder spezialisierte
Büros, welche sich ausschließlich in spezifischen Märkten
bewegen, kennen aufgrund ihrer Präsenz die jeweiligen Anbieter
und deren Preise so genau, dass sie sich fundiert auf ihre
eigene Datenlage stützen können.
In der Regel greifen Architekten auf professionell aufgestellte
Kostendatenbanken wie die des Baukosteninformationszentrums
Deutscher Architektenkammern (BKI) zurück, um eine verlässliche
Basis für ihre eigenen Projekte zur Verfügung zu haben.
3. Aktualität von Kostendatenbanken
Das Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern
dokumentiert Planungs- und Kostenkennwerte erstellter Objekte.
Dabei werden vorzugsweise die Einheitspreise der
Leistungspositionen, deren Beschreibungen (Kurztext) und Mengen,
den Kostengruppen der DIN 276 und den Leistungsbereichen nach
StLB-Bau zugeordnet. Grundflächen und Rauminhalte sowie weitere
Bezugseinheiten, z. B. von Bauteilen, werden aus Planunterlagen
entnommen. Über Plausibilitätskontrollen wird die Qualität der
Daten gesichert. Ergebnis der Dokumentation sind statistische
Planungs- und Kostenkennwerte.
Die Baukosten eines Objekts werden zum Zeitpunkt der Vergabe
über die Preise der Bauleistungen gebildet. Es werden
ausschließlich abgeschlossene und abgerechnete Objekte erfasst.
Die Preisentwicklung ab der Vergabe bis zur Veröffentlichung der
Daten wird mithilfe der Baupreisindices aktualisiert. Dieser
Zeitraum kann sich über ein bis zwei Jahre erstrecken.
Das Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (BKI)
rechnet die Baukosten-Dokumentationen auf einen einheitlichen
zum Zeitpunkt der Herausgabe aktuellen Kostenstand mit Hilfe des
Baupreisindex um. In den BKI-Datensammlungen werden die
Kostenwerte wie folgt angegeben (Beispiel): Kosten: 1. Quartal
2018, Bundesdurchschnitt, inkl. 19% MwSt.
4. Umgang mit statistischen Kostendaten
Es handelt sich bei den BKI-Daten um Orientierungswerte und
nicht um Kostenrichtwerte im Sinne von Vorgaben für die
Kostenplanung. Der Anwender kann für seine Planung geeignete
Vergleichsobjekte auswählen, um zum Beispiel eine
Kostenschätzung oder eine Kosten-berechnung aufzustellen. Zur
Beurteilung der Vergleichsobjekte dienen Fotos, Grundrisse,
Schnitte, Ansichten, Detailzeichnungen und ganzheitliche
Objektbeschreibungen, die auf kostenwirksame Aspekte eingehen,
welche Kosteneinflüsse angeben.
In den Benutzerhinweisen der BKI-Produkte wird deutlich gemacht,
dass die BKI-Kostenkennwerte „nicht schematisch übernommen
werden [können], sondern entsprechend den spezifischen
Planungsbedingungen überprüft und gegebenenfalls angepasst
werden [müssen]. Mögliche Einflüsse, die eine Anpassung der
Orientierungswerte erforderlich machen, können sein:
-
Besondere Nutzungsanforderungen
-
Standortbedingungen (Erschließung, Immission,
Topographie, Bodenbeschaffenheit)
-
Bauwerksgeometrie (Grundrissform,
Geschosszahlen, Geschosshöhen, Dachformen, Dachaufbauten
-
Bauwerksqualität (gestalterische, funktionale
und konstruktive Besonderheiten)
-
Baumarkt (Zeit, regionaler Baumarkt,
Vergabeart).“ (BKI: T1 2018, S. 10)
5. Wie sollen sich Architekten aktuell bei der
Kostenplanung verhalten?
Der Bauherr darf vom Architekten nicht nur ein
funktionsgerechtes, gut gestaltetes, mangelfreies, sondern auch
termin- und vor allem kostengerechtes Werk erwarten. Die
wirtschaftliche Planung gehört zu den Berufsaufgaben des
Architekten. Hierzu zählen vor allem das Aufstellen von
Kostenermittlungen und die Durchführung von Kostenkontrollen
entsprechend den Regelwerken und dem Architektenvertrag.
Nebenbei bemerkt liegt die Kostensteuerung in der Möglichkeit
und letzten Verantwortung des Auftraggebers. Ihn an diese und
andere Mitwirkungspflichten zu erinnern, soll man nicht
unterlassen.
„Bei Kostenermittlungen ist vom Kostenstand zum Zeitpunkt der
Ermittlung auszugehen; dieser Kostenstand ist durch die Angabe
des Zeitpunktes zu dokumentieren“, so der Wortlaut der DIN 276.
Dafür bieten insbesondere die Kostenkennwerte des
Baukosteninformationszentrums Deutscher Architektenkammern eine
gute Grundlage. Die Kostendaten des BKI sind dabei statistische
Kostenkennwerte und als Orientierungswerte zu betrachten. Das
gilt bereits für die erste Kostenermittlung des Architekten.
Dieser hat die Kostenentwicklung der letzten Jahre zu
berücksichtigen. Er soll in der aktuellen Situation bereits für
die Kostenschätzung die Kostenwerte an die Marktentwicklung
anpassen und die regionalen und konjunkturellen Kosteneinflüsse
berücksichtigen. Eine umfassende Erläuterung und deren
Dokumentation in der Schriftform sind unverzichtbar.
Von der ersten Kostenermittlung bis zur Vergabe der
Bauleistungen vergehen mehrere Monate oder Jahre. Da der Bauherr
die endgültigen Kosten finanzieren muss und infolgedessen seine
wirtschaftlichen Absichten zugrunde legt, ist deren Prognose
zusätzlich erforderlich. „Sofern die Kosten auf den Zeitpunkt
der Fertigstellung prognostiziert werden, sind diese gesondert
auszuweisen.“ Dieser Hinweis der DIN 276 gestattet die
Einschätzung konjunktureller Entwicklungen. Die Angabe kann als
Kostenwert oder als geschätzte Preisentwicklung zum Beispiel pro
Preissteigerungsfaktor pro Jahr angegeben werden. Hier geht es
um Kostenrisiken, genauer um die Wahrscheinlichkeit des
Eintretens und der Höhe von Kostenänderungen, welche
insbesondere durch konjunkturelle Entwicklungen erwartet werden
können. Auch hierzu gibt es Empfehlungen in der DIN 276. Ein
entsprechendes Risikomanagement wird bei großen Projekten und im
Ausland bereits erfolgreich eingesetzt. Es liegt am Architekten,
eine „handwerklich“ einwandfreie, umsichtige, transparente und
vollständige Kostenplanung zu leisten und auf vorhersehbare
Kostenrisiken hinzuweisen.
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Bert Bielefeld, Architekt, Dortmund/Siegen
Univ.-Prof. Dr.-Ing., Dipl.-Wirtsch.-Ing. Wolfdietrich Kalusche,
Architekt, Cottbus
www.bki.de