Architektur ist selbstverständlich, so beschreibt der
vorliegende Textband den hohen Wirkungsgrad und die
Gegenwärtigkeit von Bauten. Zielt damit aber letztlich auf eine
Literaturgattung ab, die den Autoren als zu wenig beachtet
erscheint. Es gäbe zwar viele Publikationen, die sich auf dem
Feld der Architekturtheorie und Architektur in der Literatur
befassen, aber die Architekturkritik warte darauf, um in Angriff
genommen zu werden.
Anhand von fünfzehn ausgewählten Schweizer Bauten, Projekten
und Schriften, die in den letzten vierzig Jahren kontroverse
Debatten auslösten, wird in der vorliegenden Veröffentlichung
nachgebildet, wie Literaturkritik das reale Bauen nachzeichnet.
Es gibt Unterschiede zwischen Bauten, die einem Fachpublikum
bekannt sind und andere, die über Volksabstimmung bewilligt
wurden. Absicht ist es, für den Architekturdiskurs und den
Herausforderungen, die daraus entstehen, zu sensibilisieren.
Das erste Projekt befasst sich mit dem gescheiterten Projekt
des Atomkraftwerk Kaiseraugst. Seit Beginn des Bauvorhabens im
Jahre 1966 war eine Geschichte des Widerstands mit dem
Bauvorhaben verknüpft. Durch ein Aktionskomitee tritt die
organisierte Opposition gegen das AKW auf. Kaiseraugst war
falsch und musste deshalb scheitern. Eine Berichterstattung ist
daraus geworden. Diese sprachliche Umsetzung ist der Ausdruck
des Protestes und kontroverse Diskussion innerhalb der Schweizer
Architektur. Eine Textanalyse findet jedoch nicht statt. Zu groß
ist der politische Aufschrei gegen das AKW gewesen. Texten und
Bauen werden synästhetisch nicht miteinander vermischt.
Die Siedlung Seldwyla im Zumikon bei Zürich zählte während
der Planungsphase zu den umstrittenen Bauvorhaben, was mit einem
seelenlos verstandenem Wohnungsbau verbunden war. Das Projekt
fand einige Resonanz in den Architekturmedien und in der
Tagespresse. Fachkreise kritisierten das Bauvorhaben von Anfang
an. Beschrieben werden Durchblicke auf Erker, Höfe und
Backsteinmauern. Auch die Inneneinrichtung kommt zur Sprache. Es
findet offensichtlich Architekturkritik statt. Da ist viel wert.
Drittes Projekt ist die Dorferneuerung Monte Carasso. Weitere
sind die Altstadtsanierung St. Alban-Tal, die Dorferneuerung
Vrien, das KKL Luzern, La Congiunta, Blur Buiolding, Expo.02,
Europallee, Neues Stadt-Casino Basel, Andermatt Wiss Alps, Roche
Tower (Bau 1), Nadelhaus, Zentral- und Hochschul-Bibliothek
Luzern, Zersiedlung.
Die Fotos im Band sind sehr dunkel nuanciert und stammen
allesamt von dem Fotografen Marcel Rickli. Zudem ist der Band
zweisprachig, Deutsch und Englisch, angelegt. "Textbau" kann als
ein Stück Architekturkritik verstanden werden, wie dies seit
Adolf Behne begriffen wurde. Architektur soll hinterfragt
werden, mit dem Ziel der Verbesserung baulicher Möglichkeiten.
Weiterbringend sind auch die inhaltsreichen Statements am
Schluss des Bandes, Seite 104 bis 119. Zahlreiche Quellen werden
zitiert, wie die von Roman Hollenstein oder Gerhard Mack,
Autoren der Neuen Züricher oder Wolfgang Bachmann vom
"Baumeister".
Eine Buchrezension von Kulturexpress
Das S AM Schweizerisches Architekturmuseum präsentierte vom
1.11.2014 bis 22.2.2015 die Ausstellung mit Namen: "Textbau.
Schweizer Architektur zur Diskussion". Im Zentrum der Schau sand
die Architekturkritik. Mit Fokussierung auf die kritische
Beurteilung von Architektur betrat die Basler Ausstellung
Neuland, denn es gab bisher keine museale Auseinandersetzung mit
diesem Thema. Die eigens dafür ausgewählten Projekte sollen
verdeutlichen, wie unterschiedlich Architektur wahrgenommen
werden kann.
Textbau. Schweizer Architektur zur Diskussion
SAM 13.
Schweizerisches Architekturmuseum (Hg.)
Elena Fuchs (Red.)
Projektleitung: Hubertus Adam, Evelyn Steiner
Übers.: Simon Thomas
Fotogr. Marcel Rickli
Christoph-Merian Verlag
1. Auflage, Basel 2014
Mit zahlr. Abb.
Originalbroschur., 124 S.
Sprache: Deutsch und Englisch
ISBN 3856166521