DER MIETER: Gelungene Frankfurter Opernuraufführung am 12. November

Grafik (c) Kulturexpress

 

 

 

Tuscheskizze Bühnenaufbau

Der Mieter, Georg, gesungen von Björn Bürger, wurde für seinen Auftritt am Schluss mit überragendem Beifall belohnt. Laute Bravo Rufe tönten aus dem Publikum. Genauso Anja Petersen, Sopran, die den Part der Johanna sang. Der Inhalt der Erzählung bleibt während der musikalischen Opernaufführung verständlich. Das ist ein Plus an den Regisseur Johannes Erath.

 

Ein transparenter Bühnenvorhang steht starr mit durchscheinendem s/w Foto einer schlichten Altbauwohnung mit halbabgerissener Tapete an den Wänden. Lediglich ein Handwaschbecken auf einem Stützfuß dominiert das Bild. Daneben steht eine Zimmertür auf, der Blick in das nächste Zimmer erlaubt die Sicht auf die leere Sitzfläche eines Stuhls  -  Das ist die Szenerie vor dunklem nahezu schwarzem Hintergrund noch vor Beginn der eigentlichen Vorstellung. Ein Geruch von Theaterbühne, der an den von Künstlerateliers erinnert, strömt in den Publikumssaal und sorgt für die erwartungsvoll getränkte Stimmung. Die oberen Ränge werden besetzt. Im Parkett ist bald kein einziger freier Platz mehr zu sehen, die Reihen haben sich aufgefüllt. Der Spannungsgrad vor Beginn ist gesteigert. Menschen in dunkler Winterkleidung: Anzug und Abendkleid kommen zur Geltung. 
 

Allmählich tauchen umherlaufende Gestalten durch den Vorhang hindurch auf, der vor Dünnheit fast gar nicht wahrnehmbar ist  Die Vorstellung beginnt! Eine Straßenszene mit beleuchtetem Telefonhäuschen, Unterführungen und umherlaufenden Personen hat sich auf einer Drehbühne vor dem noch immer geschlossenen transparenten Vorhang in Gang gesetzt. Der Anschein städtischer Umtriebigkeit entsteht. Das ist der Anfang zur Oper "DER MIETER".

 

Das Orchester beginnt zu spielen, die ersten Akteure auf der Bühne setzen mit rhythmischem Gesang ein. Der Vorhang schiebt sich langsam zur Seite, nachdem eine Filmszene mit Vormieterin im Gespräch und dem Hauseigentümer über den Vorhang flimmerte. Es ist das Spiel auf verschiedenen Ebenen, die sehr viel mit dem wässrigen Element zu tun haben. Eine Art Lasiertechnik auf der Bühne findet statt. Eine Technik, die in ihrer Differenziertheit an die Filmtechnik von Peter Greenaway erinnert, was vereinfacht auf die Bühne übertragen wurde. 

 

Dann tritt Georg, der Mieter auf. Er ist Nachmieter der Wohnung, die er von der Vormieterin übernommen hat. Die Bühne verwandelt sich. Eine Art schräg gestelltes Quadrat mit neun beleuchteten Feldern ist jetzt Spielfeld und Wohnraum des Mieters. Das Szenario wirkt fast monolithisch trotz des technischen Aufwandes. Durch filmische Projektionen auf die Vorhangfläche summiert sich die Vielschichtigkeit der Szenen. Bisweilen betont durch eine kraftvolle und lautstarke Musik fast wie in Stanley Kubricks "Odysee im Weltraum" mit laut hämmernden Paukenschlägen aus "Also sprach Zarathustra".

 

Die Klangmalerei in dieser Oper ist vielfältig. A-melodische und melodische Klänge halten sich auf einer Höhe, so dass Theatralik und Oper für den Zuhörer nicht zu anstrengend und erschöpfend sind. Das tragische Ende des Mieters bleibt absehbar und verleiht dem Stück die notwendige Tiefgründigkeit. 

 

Eine Opernrezension von Kulturexpress

 

 

Kurzfilm von Thiemo Hehl zur Uraufführung von Arnulf Herrmanns Der Mieter

www.oper-frankfurt.de/de/mediathek/?id_media=149

 

Oper in drei Akten
Text von Händl Klaus
frei nach Motiven des Romans
Le Locataire chimérique (1964) von Roland Topor
Auftragswerk der Oper Frankfurt
Mit Übertiteln

Musikalische Leitung: Kazushi Ōno
Regie: Johannes Erath
Bühnenbild: Kaspar Glarner
Kostüme: Katharina Tasch
Licht: Joachim Klein
Video: Bibi Abel
Sounddesign: Josh Jürgen Martin
Chor: Walter Zeh
Dramaturgie: Zsolt Horpácsy

Georg: Björn Bürger
Johanna: Anja Petersen
Herr Zenk: Alfred Reiter
Frau Bach: Hanna Schwarz
Frau Greiner: Claudia Mahnke
Frau Dorn: Judita Nagyová
Körner: Michael Porter
Krell: Theo Lebow
Ingo / Kellner: Sebastian Geyer
Herr Kögel: Miki Stojanov

Philharmonia Chor Wien
Statisterie der Oper Frankfurt
Frankfurter Opern- und Museumsorchester
 

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 13. November 2017