Dauer der Ausstellung 09. November 2017 – 2. April 2018

SOS Brutalismus - Ausstellung gegen unbedachten Abriss von Betonburgen

Foto (c) Kulturexpress

 

 

 

 

Die Ausstellung im DAM präsentiert einmal mehr zahlreiche Modelle, um Bauten zu veranschaulichen, die Bestandteil der Ausstellungsthematik sind. Diesmal sind diese Modelle aus Beton und aus Pappkarton von Studierenden der TU Kaiserslautern gefertigt worden. Die kleinen Betonskulpturen am Eingang zur Ausstellung haben durchaus ihren Reiz, denn sie ermöglichen den Blick auf etwas, was in Wirklichkeit viel größer ist. Der Vorwurf, Beton wirke in seiner Wucht erschlagend, ist nur berechtigt. Das trifft auch auf viele Bauten zu, die jetzt vom Abriss bedroht sind.

Bei diesen Betonmodellen in der Ausstellung handelt es sich um voluminöse Körper, meist würfelförmig aber mit unterschiedlichster Ausprägung. Ein Blick auf das Foto, das über den Skulpturen angebracht wurde, verrät Herkunft und Entstehung dieser modellhaften Ausformung aus Beton. Jedes einzelne Stück geht auf ein Gebäude zurück. Was die Modelle ermöglichen, ist der Blick auf unterschiedliche Typologien. Schon aufgrund ihrer oftmals gigantischen Größe und Schwere sind Bauten des Brutalismus vom Betrachter nicht einfach als Ganzes zu erfassen. Dabei spielt deren Größe und die unendlichen Massen an Beton eine Rolle, die in Platten und Streben übereinander gestülpt wurden. Die gebaute Umwelt übt paradigmatische Wirkung auf den Menschen aus, davon ist auszugehen, sich dessen zu erwehren, ist beinahe unmöglich.

Eines ist jedoch sicher, viele der Betonbauten, die dem Brutalismus zugeordnet werden, sind schützenswert und es sollte in jedem Einzelfall über ihre Erhaltung entschieden werden. In der Ausstellung "SOS Brutalismus – Rettet die Betonmonster!" im DAM geht es auch darum, Stadtplanern und Gutachtern bei der Entscheidung eine Inspirationsquelle zu sein, um die notwendige Aufmerksamkeit für dieserart Gebäude aufzubringen, was bei genauem Hinsehen ein Stück Zeit- wenn nicht sogar Architekturgeschichte repräsentiert. Natürlich sind Besucher und Interessierte in jedem Fall aufgefordert, sich an der Aktion zu beteiligen.

Doch was ist der Brutalismus? Diese Frage zu beantworten, ist gar nicht so einfach. Eine Abgrenzung findet vor allem auf zeitlicher Ebene statt. Seit den späten 1950er Jahren wurde damit begonnen, in diesem Betonstil zu bauen. Das dauerte bis in die frühen 1980er Jahre hinein und endete mit der architektonischen Postmoderne. 

Neben kleinen Betonmodellen sind auch große Pappmodelle aus Braun- und Graupappe ausgestellt. Dabei tritt weniger die massive Bauweise des Betons zum Vorschein als vielmehr die ungewöhnliche Baustruktur, mit der das Gebäude erstellt wurde. Dabei zählen Lichtdurchlässe genauso wie überdimensionierte Balkone, die wie das große Maul eines Drachens hervorragen. Bei den raumfüllenden Pappmodellen wird die Wucht einmal  deutlicher, die von den wirklichen Gebäuden in ihrer monumentalen Größe ausgehen muss. Ergänzt werden die Pappmodelle durch Fototafeln, die nach Kategorien unterteilt sind und den Besucher während der Ausstellung im Erdgeschoss des Museums leiten sollen, wobei zwölf Regionen in der Welt wie Kontinente und Subkontinente betrachtet wurden. Es handelt sich um ein gemeinsames Projekt des Deutschen Architekturmuseums und der Wüstenrot Stiftung. Kurator ist Oliver Elser. Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog, "SOS Brutalismus - eine internationale Bestandsaufnahme" mit separatem Theorieband, der Beiträge des gleichnamigen internationalen Symposiums in Berlin 2012 enthält, bei Park Books erschienen.

Eine Ausstellungsrezension von Kulturexpress

park-books.com

Die Online-Datenbank www.SOSBrutalism.org wird vom Magazin uncube unterstützt.

www.sosbrutalism.org

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 09. November 2017