Mehrheit der Deutschen ist offen für neue Mobilitätskonzepte wie
zum Beispiel Car-Sharing – allerdings nur, wenn diese nicht
zulasten von Flexibilität und Bequemlichkeit gehen. So lautet
das wichtigste Ergebnis einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungs-
und Beratungsgesellschaft PwC unter 1.183 Deutschen ab 16
Jahren. Insgesamt zeigten sich 54 Prozent der Befragten bereit,
ihr Auto mit anderen Personen zu teilen; unter den 16- bis
29-Jährigen waren es sogar stolze 66 Prozent.
Zugleich betonten 74
Prozent, ihnen sei es „wichtig“ oder sogar „sehr wichtig“,
ständig über ein Auto verfügen zu können – was allerdings nicht
zwingend bedeutet, dass sie es auch besitzen müssen. Und 68
Prozent meinten, bei der Wahl ihrer Mobilitätsform komme es auch
auf die „Bequemlichkeit“ an. Auffällig: Die Frage, was für ein
Auto sie nutzen, spielt bei alldem nur noch eine untergeordnete
Rolle. So meinten gerade mal 40 Prozent, beim Autofahren komme
es auch aufs „Vergnügen“ an. Und sogar nur 19 Prozent gaben an,
dass die Fahrzeugmarke wichtig für sie sei. Diese Ergebnisse
zeigen klare Unterschiede zwischen der relativ kleinen Gruppe
der Neuwagenkäufer und dem großen Rest der Gesamtbevölkerung.
„Es geht nicht mehr nur darum, Autos zu
verkaufen – sondern Mobilität“
„Auf den ersten Blick mögen die Ergebnisse unserer Umfrage
widersprüchlich erscheinen – auf den zweiten lässt sich
allerdings sehr wohl ein eindeutiges Muster erkennen“, sagt
Felix Kuhnert, Partner und Global Automotive Leader bei PwC.
„Die Vorstellung, der persönliche Besitz eines Autos sei ein
Statussymbol, hat an Bedeutung eingebüßt; und auch der Fahrspaß
steht für immer weniger Menschen im Vordergrund. Gleichzeitig
können oder wollen die Deutschen aber auch in Zukunft nicht auf
individuelle Mobilität verzichten.“ Das bedeute für die
Automobilbranche zweierlei, so Kuhnert: „Sie wird weiterhin
gebraucht – muss sich allerdings radikal umstellen.“
Ein „Weiter so“ sei unmöglich, nicht nur aus klimapolitischen
Gründen, „sondern auch, weil auf Deutschlands Straßen sonst
wirklich der vielbeschworene Verkehrsinfarkt drohen würde“, so
Christoph Stürmer, Global Lead Analyst von PwC Autofacts.
Stattdessen seien neue Mobilitätskonzepte nötig, „um
zukunftsträchtige Lösungen wie autonomes Fahren und Car-Sharing
sinnvoll miteinander zu verknüpfen“. Das heiße für die
Hersteller: „Sie verkaufen in Zukunft nicht mehr nur Autos,
sondern neue Formen von Mobilität. Oder anders gewendet: Sie
müssen den Nutzer als Kunden als gewinnen, nicht mehr primär den
Käufer.“
Die Kunden ändern sich – die Hersteller tun es
auch
Gestützt wird diese These von parallel durchgeführten
PwC-Umfragen in den USA und China. Auch dort zeigte sich–sogar
noch stärker als in Deutschland – dass sich in der Kundschaft
ein tiefgreifender Wertewandel vollzieht. Um dies
herauszufinden, unterteilte PwC die Befragten in drei
Kategorien, nämlich 1.) den „traditionellen Nutzer“, für den der
Besitz eines Pkw einen Wert an sich darstellt, 2.) den
„pragmatischen Nutzer“, für den Mobilität vor allem eine Frage
von Kosten und Nutzen ist, sowie 3.) den „modernen Nutzer“, der
Car-Sharing oder Elektromobilität nicht bloß als Notwendigkeit
begreift, sondern solche Konzepte aktiv unterstützt.
Schon jetzt – so zeigte die Umfrage in den drei größten
Automobilmärkten weltweit – treffen die Merkmale des
„traditionellen Nutzers“ nur noch auf 26 Prozent der
potenziellen Kunden zu. Bis 2030 dürfte dieser Anteil geschätzt
auf 23 Prozent sinken. Die größte Gruppe sind aktuell mit 41
Prozent die „pragmatischen Nutzer“. Ihr Anteil wird laut
PwC-Prognose bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts leicht auf 39
Prozent zurückgehen. Auf jeden dritten Befragten treffen
unterdessen schon jetzt die Charakteristika des „modernen
Nutzers“ zu – und diese Gruppe dürfte in den kommenden Jahren
weiter wachsen, sodass sie 2030 bereits 38 Prozent der
potenziellen Kunden ausmacht. Für Christoph Stürmer steht darum
fest: „Viele Hersteller und Zulieferer richten ihre Strategie
noch immer in erster Linie an den traditionellen Autokäufern
aus. Dabei wäre es das Gebot der Stunde, sich allmählich für
alle Nutzer von individueller Mobilität zu öffnen.“