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Auf dem Podium v.l.n.r.: Zsolt Horpácsy,
Moderator, daneben Arnulf Herrmann, Komponist und
Händl Klaus, Librettist am 23. Oktober im Holzfoyer der
Städtischen Bühnen Frankfurt zum Auftaktgespräch |
Klingt unkonventionell für eine Oper, genauso wie
der Film von Roman Polanski im Jahre 1976 mit gleichem Namen
sich eher unkonventionell anhörte. Arnulf Herrmann bezieht sich in
seiner Komposition dabei weniger auf die Filmversion als vielmehr auf
die Romanvorlage
von Roland Topor.
Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen Filmversion und Buch,
sagte der Komponist am 29. Oktober während einer Einführung im
Holzfoyer der Städtischen Bühnen vor größerem Publikum in Bezug
auf sein Stück und zur Opernuraufführung am 12. November.
Demnach handele es sich bei ihm um eine Anpassung an die Vorlage mehr
als um eine Adaption des Stoffes aus dem Buch. Der
Komponist verwendet Motive daraus. Die Grundidee der Geschichte,
so makaber das ist, bleibt erkennbar auch in der Operninszenierung: Ein junger
Mann bezieht ein Zimmer, dessen Vormieterin sich aus dem Fenster
gestürzt hat. In Beeinflussung durch Nachbarn verändert sich der
Mieter zu seinen Ungunsten. Das führt dazu, dass er seine
Vormieterin zunehmend und täuschend echt nachahmt bis Georg, so
heißt der Mieter,
durch einen Sturz durch das Vordach dasselbe Schicksal erleidet
wie sie.
Das Libretto zur Oper schrieb Händl Klaus. Dabei handelt es sich
um ein Auftragswerk der Oper Frankfurt nach Motiven des Romans
Le Locataire chimérique (1964) von Roland Topor. In deutscher
Übersetzung "Der Mieter" im Diogenes Verlag erschienen.
Neben dem Komponisten und dem Librettisten war am 29. Oktober
auch der musikalische Leiter, Kazushi Öno anwesend.
Eindringlich mit Klangbeispielen schilderte er Tonalitäten aus
dem Stück, das aus 23 Szenen besteht. In Vierteltönen wurde
komponiert. Diese Mikrotonalitäten können auf der
Klaviertastatur, die nur über ganze und Halbtöne verfügt, nicht
mehr wiedergegeben werden. Die Oper musste aufgrund diverser
Proben komplett in Klavierfassung übertragen werden. Zu
Übungszwecken reiche das meistens aus. In der Aufführung werde
die Komplexität der Mikrotonalitäten in der Orchesterfassung
dann vollkommen zum tragen kommen. Es wurde von melodischen
Einwürfen gesprochen, von der Haltlosigkeit, die sich ebenfalls
in bestimmter Tonfolge wiedergeben lasse und auf die gedankliche
Überwerfung hindeute, die sich im Mieter abspiele.
Anja Petersen, Sopran, erzählte unter welchen Umständen sie zu
ihrer Hauptrolle im Stück gekommen sei. Das Engagement bekam sie
erst zwei Tage vorher, bevor die „Drei Gesänge am offenen
Fenster“ aufgeführt wurden, diese sind Teil des MIETERS und
wurden 2014 in München uraufgeführt. Anja Petersen hatte nur
wenige Stunden für die Proben, um sich voll und ganz auf
Rhythmus, Stimme und Takt der neuen Rolle einzustellen. Dennoch
waren die Anwesenden der Meinung, gerade ihre Stimme sei
geeignet für diesen Part. Später wurden Hörproben aus den "Drei
Gesängen am offenen Fenster" gegeben, die während der
Aufführung in München mit dunklem Sopran von Anja
Petersen aufgenommen worden waren, so dass ein erster Eindruck
zur bevorstehenden Uraufführung in Frankfurt entstand. Der
Librettist Händl Klaus bezeichnete das Fenster auch als
Sollbruchstelle und verwendete damit einen Fachbegriff, der das
Fenster genau als die Stelle im Raum bezeichnet, die zwischen
Innenraum und Außenwelt interagiert.
Johannes Erath, der für
die Inszenierung zuständig ist, beschrieb in wenigen Worten aber
ebenfalls sehr eindringlich die Rolle der Concierge, die im
Stück vorkommt. Handlungsort ist Paris, dort ist die Concierge
im Eingangsbereich von Wohnhäusern durchaus noch häufiger
anzutreffen. Drei Szenen spielen in Cafehäusern, es bleibt eine
Oper mit Überraschungen. Solche grenzen sich nicht zuletzt durch
ihre Länge von anderen Musikaufführungen ab. Diese dauert etwa
zwei Stunden. Es ist Arnulf Herrmanns erste Opernkomposition,
sein Stück davor, mehr Musiktheater als Oper, hieß "Wasser".
Eine Musikrezension von Kulturexpress
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