|
|
Schwache wirtschaftliche Entwicklung wirkt auf
Zahlungsverhalten.
-
75 Prozent der befragten Unternehmen werden von Kunden um Verlängerung der Zahlungsfrist gebeten
-
Über 55 Prozent der Unternehmen erleben steigende Ausfälle
-
Im Branchendurchschnitt liegen Verzögerungen bei bis zu 30 Tagen. Ausnahmen: Bau und Lebensmittel/ Landwirtschaft mit mehr als 120 Tagen
-
Lieferung auf Zahlungsziel ist gängige Praxis in Brasilien. Fast alle (97 Prozent) Unternehmen gewähren den Lieferantenkredit. Hauptgrund: Wettbewerb
Die erste Untersuchung von Coface zum Zahlungsverhalten in
Brasilien, an der über 120 Unternehmen teilnahmen, reflektiert
die angespannte wirtschaftliche Situation des Landes. Zwar geht
Coface davon aus, dass Brasilen die Rezession verlässt, das
Wachstum dürfte mit 0,4 Prozent aber sehr schwach bleiben.
Rund die Häfte der Unternehmen berichtet von einem
verschlechterten Zahlungsverhalten aufgrund finanzieller
Probleme der Kunden.
Fast alle Unternehmen (97 Prozent) in Brasilen räumen ihren
Kunden Zahlungsziele ein. Dies beruht primär auf der
Wettbewerbssituation. Cash-Flow-Probleme ihrer Abnehmer geben
hingegen nur überraschend wenige der befragten Unternehmen an.
Die schwache Konjunktur wirft Schatten auf das
Zahlungsverhalten. Im Vergleich zu den Vorjahren erlebten die
Firmen mehr Ausfälle. 2016 beklagten 46 Prozent der Unternehmen,
dass sich das Zahlungsverhalten verschlechtert habe. Für die
gleiche Anzahl hat sich nichts verändert, nur acht Prozent
berichten von einer Verbesserung. Allerdings überschreiten für
die Mehrheit der Unternehmen (79 Prozent) die Überziehungen
nicht die 30-Tage-Hürde. Nur 13 Prozent haben ein Risikoexposure
von über 5 Prozent. Das heißt: Mehr als 5 Prozent des Umsatzes
sind von Zahlungszielüberschreitungen betroffen. Bei rund 40
Prozent liegt diese Quote zwischen 0,5 und 2 Prozent.
Wenn Kunden um Zahlungsaufschub nachfragen geben sie nach
Angaben von 57 Prozent der Unternehmen als Gründe an:
finanzielle Schwierigkeiten, hohe Kündigungsquoten im eigenen
Kundenportfolio sowie Probleme im Kundenmanagement. Darüber
hinaus sehen 81 Prozent der Unternehmen die wirtschaftliche
Rezession als Hauptgrund für Probleme ihrer Kunden. Auch die
politische Instabilität dürfte sich kurzfristig kaum verbessern.
Seit Bekanntwerden der „Car Wash“-Affäre im März 2014 hat der
EPU-Index bis Ende Dezember 2016 um 247 Punkte zugelegt (siehe
Grafik unten).
Brasilien – EPU-Index
Was tun Unternehmen beim Zahlungsverzug
Mehr als drei Viertel (78 Prozent) der Unternehmen setzen im
Falle von Zahlungsproblemen auf kooperative Gespräche mit dem
Kunden. Dabei ist es auch schwierig, Ansprüche durchzusetzen.
Nach Zahlen des „Doing Business Index“ von 2017 dauert es im
Schnitt 731 Tage und kostet 20,7 Prozent der Forderung. Im
Durschnitt für ganz Lateinamerika dauert es 749 Tage und kostet
31.3 Prozent des Forderungswertes.
Seit einigen Jahren nehmen Insolvenzverfahren nach Chapter XI in
Brasilen stetig zu und betreffen Unternehmen aller Größen und
Branchen. So geben auch 58 Prozent der von Coface befragten
Unternehmen an, das sich die Zahl ihrer Kunden, die Chapter XI
anwenden, erhöht hat. Schon 2015 gab es einen Höhepunkt mit plus
55 Prozent im Vergleich zu 2014, 2016 stieg die Zahl noch einmal
um 45 Prozent. Allerdings stellte die Hälfte der Unternehmen,
die mehr Chapter XI-Fälle in ihrem Kundenkreis haben, keine
wesentlichen Veränderungen in deren Verhalten fest.
Zahlungsverzögerungen in allen Branchen
Über alle Branchen betrachtet, erleiden 75 Prozent der
Unternehmen in Brasilien Zahlungsverzögerungen. Aus den Sektoren
Informations- und Kommunikationstechnologie und Bau berichten
sogar alle (100 Prozent) der befragten Unternehmen von
Zahlungsproblemen ihrer Kunden. Am geringsten betroffen ist mit
36,8 Prozent der Einzelhandel.
Das Zahlungsziel wird durchschnittlich um bis zu 30 Tage überschritten. Einzige Branchen mit deutlich längeren Überziehungen sind der Bau und Landwirtschaft/Lebensmittel. Dort warten Lieferanten über 121 Tage nach Fälligkeit. Bemerkenswert ist, dass kein Unternehmen in der Befragung angab, länger als 150 Tage warten zu müssen.