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Ehrengast Frankfurter Buchmesse am 20. Juni
2017 im MAK |
Gastland Frankreich steht im Zentrum der
diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Auf einer Fläche von 2.500
Quadratmetern entsteht im Forum, Ebene 1, ein dreidimensionales
Gesamtkunstwerk, an dem die große Vielfalt der frankophonen
Literatur erfahrbar wird.
„Der Pavillon ist konzipiert als Raum für Ausstellungen,
Diskussionsrunden und Begegnungen mit Autoren. Er ist eine
Bibliothek, welche die Vielfalt der französischsprachigen
Literatur beherbergt. Gleichzeitig verleiht ihm ein Tragwerk aus
Holzleisten die Anmutung eines Baugerüsts, das den Prozess des
Entstehens und des Werdens symbolisiert. Schließlich soll der
Pavillon aber auch Orientierung bieten. Im Zeichen der
Gastfreundschaft und des Austauschs wird die
Ehrengastpräsentation der lebendigen und grenzenlosen
französischsprachigen Literatur eine Bühne bereiten“, sagte
Ruedi Baur, der Künstlerische Leiter des Ehrengastauftritts.
Im Pavillon werden mehrere Ausstellungen präsentiert, darunter
eine Auswahl belgisch-französischer Graphic Novels und eine
Darstellung der über 200-jährigen französischen
Verlagsgeschichte. Nicht zuletzt wird die Literatur der
französischsprachigen Schweiz großen Raum der Präsentation
einnehmen.
Zu den Schweizer GegenwartsautorInnen gehören unter anderem
Roland Buti, Joseph Incardona, Pascale Kramer, Frédéric Pajak
und Noëlle Revaz, die im Rahmen des Gastalndbeitrags der
Frankfurter Buchmesse auftreten werden. Mit der Vielfalt ihrer
literarischen Produktion repräsentieren sie die
französischsprachige Literatur ihrer Heimatregion.
Im Pavillon lässt sich anhand einer Nachbildung der berühmten
Gutenberg-Presse die Geschichte des Buchdrucks erforschen. Die
Gestaltung der Ehrengastpräsentation entsteht nach einem Entwurf
der Hochschuldozenten Denis Coueignoux und Éric
Jourdan in Zusammenarbeit mit den Studierenden der
Hochschule für Kunst und Design Saint-Etienne und mit
Unterstützung der Stadt Saint-Etienne.
Besucher sind eingeladen, selbst die erste Seite eines Buches
ihrer Wahl zu drucken und dieses Unikat mit nach Hause zu
nehmen. Das Projekt steht In Zusammenhang mit dem Musée du
Papier de Bâle (Schweizerisches Museum für Papier, Schrift und
Druck Basel), Pro Helvetia, Fédération des Églises protestantes
de Suisse, ASDEL, Kurator ist Gabriel de Montmolin.
Ehrengastprogramm in Frankfurt
Kulturfreunde können im Oktober in der gesamten Stadt Frankfurt
französischsprachige Autoren und Künstler entdecken. Am Sonntag,
8. Oktober 2017, finden sich Schriftsteller, Historiker und
Philosophen zur Veranstaltung „Je vous écris d’Europe“ ein, bei
der erörtert wird, was man über Europa schreibt, denkt, erinnert
und vergisst. Im Schauspiel Frankfurt werden unter anderem
Michel Houellebecq und Yasmina Reza auftreten.
Weitere Lesungen und Diskussionen mit französischen
Intellektuellen finden in der Romanfabrik, im Literaturhaus
Frankfurt und in der Goethe-Universität statt.
Drei Fragen an Ruedi Baur, Leiter Design
Welche Leitlinien liegen dem Konzept des Ehrengast-Pavillons
zugrunde?
Der
Ursprung dieses Pavillons geht zurück auf einen an der
Hochschule für Kunst und Design Saint- Etienne organisierten
Wettbewerb, den eine Gruppe von Studierenden für sich
entschieden hatte. Hier entstand das Prinzip eines Pavillons,
der Bibliothek, Baugerüst und Beschilderung zugleich ist und an
einem Ort die große Vielfalt der frankophonen Schaffensarbeit
widerspiegelt.
In einem zweiten Schritt wurden diese Eigenschaften von Éric
Jourdan und Denis Coueignoux, zwei Dozenten der Hochschule, die
den Pavillon gestaltet hatten, verfeinert. Ein Tragwerk aus
Holzleisten wurde zum roten Faden für die gesamten Bauelemente.
Trennwände zwischen den verschiedenen Themenbereichen,
Informationsständer, Tisch und Bühnenhintergrund werden zu
Bestandteilen einer gewaltigen Themenbibliothek, die den großen
Reichtum des frankophonen Verlagswesens widerspiegelt. Die
gemütliche Atmosphäre, die von diesen Trägern ausgeht, wird zu
einer sehr präsenten Beschilderung in Kontrast gesetzt, die
vielmehr Teil eines Stadtzentrums als eines mit Filz ausgelegten
Raums ist. Die starke Präsenz des Digitalen, die ständigen
zahlreichen Aktivitäten im Pavillon, die dem jungen Publikum
gewidmeten Themen, kommen dagegen wie eine Art gesellige
FabLab-Werkstatt auf uns zu. Der Ehrengast-Pavillon wird durch
ein paar Erweiterungen bereichert werden, welche die Ideen des
Ehrengast-Pavillons auf der Messe, aber auch in der Stadt
aufgreifen: das französische Brauhaus und die Buchhandlung in
der Nähe des Ehrengast-Pavillons, selbstverständlich die große,
den französischen VerlegerInnen gewidmete Fläche sowie die
Veranstaltungsorte für Aktivitäten nach der Buchmesse. Dieses
Gesamtwerk wird gleichzeitig, genau wie die Kommunikation, ein
großer Experimentierraum für die sprachliche Beziehung zwischen
dem Französischen, dem Deutschen und anderen Sprachen sein. In
diesem Sinne fördert der Ausdruck die Freude und den Reichtum
des Aufeinandertreffens von Unterschieden, wie diese symbolische
Gastfreundschaft, die eine Sprache schaffen kann.
Wie haben Sie die verschiedenen Raumbereiche des
Ehrengast-Pavillons konzipiert? In welcher Hinsicht entsprechen
diese den Bedürfnissen eines Ereignisses wie der Frankfurter
Buchmesse?
In diesem sehr geschäftigen kommerziellen Kontext der
Frankfurter Buchmesse übernimmt der Ehrengast-Pavillon die Rolle
eines Kulturraums für eine Stadt. Es geht darum, das
kurzfristige Interesse hinter sich zu lassen, um sich
allgemeineren Fragen zu widmen. Es schien daher von
entscheidender Bedeutung, eine Ausstellung und nicht bloß einen
Stand zu gestalten, kulturelle Treffen zu arrangieren und nicht
nur Werbung zu betreiben. Durch die Aufteilung der Raumbereiche
haben mehr als 100 AutorInnen die Möglichkeit, sich in einem
sehr angenehmen Rahmen auszutauschen und gleichzeitig
Ausstellungen zu präsentieren, die so vielfältig sind wie die
Geschichte des französischen Verlagswesens, die Kinder- und
Jugendbücher oder auch die frankophone Comic-Kultur: Der Nachbau
der Gutenberg-Presse, mit der Texte der AutorInnen gedruckt
werden, Orte zur Vorstellung von digitalen Erfahrungen in
Zusammenhang mit Literatur, ein Medienbereich, in dem in
Echtzeit Bild- und Sprachaufnahmen erstellt und im Pavillon auf
der Buchmesse, aber auch über die sozialen Netzwerke, verbreitet
werden, nicht zu vergessen die Bars sowie Bereiche zum Zuhören
und Lesen. Der Ehrengast- Pavillon soll diese Unterschiede
auffangen, um sie hervorzuheben und allgemein verständlich zu
machen. Gleichzeitig gibt sich der Ehrengast-Pavillon vor allem
als vielsprachige Werkstatt, in der es nicht nur ums Übersetzen,
sondern vor allem auch darum geht, mit den Sprachen zu spielen
und auf diese Art und Weise in diesem Raum-Zeit-Kontinuum den
Reichtum der französischen Sprache, ihrer mannigfaltigen
Ausdrucksformen und ihrer zeitgenössischen AutorInnen
hervorzuheben.
In welcher Hinsicht unterscheidet sich das Konzept dieses
Pavillons von Ihren früheren Arbeiten?
Ich hatte das Glück, in den vergangenen Jahrzehnten
prestigeträchtige Projekte in Deutschland umsetzen zu dürfen:
die Beschilderung für den Flughafen Köln, das Schulmuseum Ulm
und das Denkmal für die Deserteure des Zweiten Weltkrieges,
ebenfalls in Köln. Bei diesem Projekt ist es interessant die
französische Kultur hervorzuheben und sie mit der so besonderen
Empfindsamkeit dieser Stadt Frankfurt zu verbinden. Was die
Situation aber vor allem besonders macht, ist die Rolle, die mir
zugewiesen wurde, nämlich den visuellen Ausdruck von äußerst
unterschiedlichen AkteurInnen zu koordinieren. Wir werden Erfolg
gehabt haben, wenn aus dem großen Ganzen eine schöne Melodie
hervorgeht.