Bucheinband: glotzi Verlag |
|
Als „Das Mädchen an der Orga Privat“
1930 im Societäts-Verlag in Frankfurt am Main erschien, war
Rudolf Braune 23 Jahre jung, Redakteur bei der kommunistischen
Tageszeitung „Freiheit“ in Düsseldorf und freier Mitarbeiter bei
der bürgerlich-liberalen „Frankfurter Zeitung“. Er galt als ein
begabter junger Schriftsteller. Man zählte ihn zu den jungen
Vertretern der Neuen Sachlichkeit, einer literarischen Strömung
zur Zeit der Weimarer Republik.
Leseprobe...
Sein Roman
wurde viel beachtet, bis die Nationalsozialisten „Das Mädchen an
der Orga Privat“ anlässlich der Bücherverbrennungen am 10. Mai
1933 verbrannten und in die Liste des unerwünschten und
schädlichen Schrifttums verbannten. In dieser Verbannung ist der
Roman für Jahrzehnte vergessen worden.
„Das Mädchen
an der Orga Privat“ ist ein Berlin-Roman. Berlin war die
Metropole der Goldenen Zwanziger Jahre, die gar nicht so golden
waren im letzten Jahrhundert. Und „Das Mädchen an der Orga
Privat“ ist ein Frauen-Roman, der im Angestelltenmilieu spielt
und vor mehr als achtzig Jahren von einem Mann geschrieben
wurde. Die Probleme von gestern, Arbeitslosigkeit und Repression
weiblicher Angestellter am Arbeitsplatz, sind aktuell geblieben.
Die jungen Frauen, selbstbewusst, kommen charmant und
liebenswert rüber. Kein Thema, das Frau angeht, fehlt: Kleider,
Hüte, Sport, Lippenstift, Männer, Film, Freunde, Chefs, Liebe
und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz – die Welt der
Angestellten in den 1920er Jahren, in unserer Zeit die Welt der
Beschäftigten.
Kurzinhalt:
Im Frühjahr
1928 kommt Erna Halbe nach Berlin. Sie steht auf dem Anhalter
Bahnhof, heute Morgen ist sie mit dem Zug aus Leipzig gekommen
und jetzt ist sie in Berlin. Ihr Herz klopft erregt: Wird sie es
schaffen? Wird sie sich in der Weltstadt durchsetzen in der
neuen Anstellung als Stenotypistin? Im August wird sie neunzehn
und eine Wohnung hat sie noch nicht. Erna zieht los und wirft
sich in den Trubel der Großstadt. Sie geht ihren Weg zusammen
mit zwölf Kolleginnen, alle jung wie sie, in der
Eisenverwertungs-GmbH.
Acht Stunden
am Tag tippen sie hier auf ihren Schreibmaschinen. Die
Schreibmaschine von Erna Halbe ist eine Orga Privat. Für eine
Orga Privat muss man Kraft in den Fingern haben. Besonders
schwer war das Tippen der Großbuchstaben, weil dann der kleine
Finger den schweren Wagen anheben musste. Erna Halbe meistert
die Orga Privat. Und während die jungen Frauen arbeiten, sind
sie den Attacken und Demütigungen ihrer Vorgesetzten schutzlos
ausgeliefert. Als dann aber eine von ihnen entlassen werden
soll, legt Erna los und wagt gegen die mächtigen Bosse einen
Aufstand. „Und sie sollen daraus lernen, daß Solidarität eine
schöne große Sache ist. […] Das Leid der Welt, es ist nicht so
groß, wenn die Werktätigen sich helfen, wenn in ihren Reihen die
Kameradschaft und der Widerstand wächst. Eine kann nichts tun.
Eine kann viel tun.“ (Auszug aus Rudolf Braunes Roman „Das
Mädchen an der Orga Privat“, S. 177 f.)
Kurzbiographie:
Rudolf Braune
wird am 16. Februar 1907 in Dresden geboren und stirbt am 12.
Juni 1932, erst 25 Jahre alt, in der Nähe von
Düsseldorf-Neukassel bei einem Badeunfall im Rhein. Als Sohn
eines Eisenbahnbeamten wächst er in Dresden auf. Schon während
seiner Schulzeit in Dresden nimmt er aktiv am
politisch-gesellschaftlichen Leben seiner Zeit teil. Bereits
1925, noch Gymnasiast, gründet er mit einigen Mitschülern die
Zeitschrift „MOB - Zeitschrift der Jungen“. Schon nach wenigen
Ausgaben wird die Zeitschrift verboten. Nach dem Abitur geht
Rudolf Braune nach Düsseldorf, wo er in der „Buch- und
Kunsthandlung Julius Baedeker“ als Buchhändler arbeitet. Er wird
Mitglied der Kommunistischen Partei und knüpft im
kommunistischen Jugendverband Kontakte zu der „Freiheit“, die
Tageszeitung der Kommunistischen Partei für den Bezirk
Rheinland-Westfalen. Als freier Mitarbeiter schreibt er Artikel
für die „Freiheit“, die „Weltbühne“, die „Literarische Welt“ und
die „Frankfurter Zeitung“. Er schreibt Gedichte,
Kurzgeschichten, Reportagen und Filmkritiken. 1928 wird er
Mitglied in der Redaktion der „Freiheit“ und im selben Jahr
erscheint seine Erzählung „Der Kampf auf der Kille“. 1930
verlegt der Societäts-Verlag in Frankfurt am Main seinen Roman
„Das Mädchen an der Orga Privat“. Im Herbst 1932 erscheint
posthume sein zweiter Roman „Junge Leute in der Stadt“ im
Agis-Verlag in Berlin.
Limitierte Sonderausgabe in englischer
Broschur von Rudolf Braunes Berlin-Roman
„Das Mädchen an der Orga Privat“ (Erstausgabe 1930)
188 Seiten, neu aufgelegt im glotzi Verlag,
Bensheim an der Bergstraße 2016
Nachwort von Lothar Glotzbach
ISBN 978-3-935333-23-8
www.glotzi-verlag.de/OrgaPrivat.htm
|