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Meldung: Goethe-Uni Frankfurt |
Hörsaalgebäude Campus Westend |
Martin-Buber-Professur für Jüdische
Religionsphilosophie veranstaltet öffentliche Vortragsreihe:
Im Kontext des Reformationsjubiläums veranstaltet die
Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie am
Fachbereich Evangelische Theologie an der Goethe-Universität
Frankfurt im Sommersemester 2017 eine hochkarätige
Ringvorlesung: Sie beschäftigt sich mit den spannungsreichen
Beziehungen zwischen Judentum und Protestantismus seit der Zeit
Martin Luthers sowie zu theologischen Fragen ihres
wechselseitigen Verhältnisses.
Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass die kritische
Selbstreflexion als Grundlage des gegenwärtigen Dialogs zwischen
Christentum und Judentum unerlässlich ist. Die öffentliche
Ringvorlesung findet jeweils mittwochs von 18 bis 20 Uhr im
Hörsaalzentrum der Goethe-Universität Frankfurt (HZ 8) auf dem
Campus Westend statt.
Namhafte Referentinnen und Referenten aus Deutschland, Israel
und den USA nehmen die Vortragsreihe zum Anlass, die neueste
Forschung zu den vielen Facetten der christlich-jüdischen
Beziehungen öffentlich zur Diskussion zu stellen. Am Anfang
steht die nach wie vorher kontrovers diskutierte Frage, ob
Martin Luther mit seinen „Judenschriften“ in die Geschichte des
Antisemitismus gehört.
Dazu Christian Wiese, Organisator der Reihe und Inhaber
der Martin-Buber-Professur: „Das historische Bild des
Verhältnisses von Judentum und Protestantismus ist jedoch viel
differenzierter, da es in der Reformationszeit selbst und in
späteren Jahrhunderten auch alternative protestantische Stimmen
zum Judentum gab, etwa im neuzeitlichen Pietismus oder im
liberalen Protestantismus des 19. und 20. Jahrhunderts.“
Die amerikanische Historikerin Susannah Heschel, die
durch zahlreiche hervorragende Arbeiten zum protestantischen
Antisemitismus hervorgetreten ist, wird völkische Theologien des
„arischen Jesus“ in der deutschen Theologie der Nazi-Zeit
vorstellen, und der Chicagoer Historiker David Nirenberg
präsentiert seine Thesen zur Tradition des Antijudaismus und
Antisemitismus als einer bestimmenden Kraft der europäischen
Geistes- und Kulturgeschichte – um nur zwei Themen zu vertiefen.
Ein besonderer Akzent wird auf der vielfach ausgeblendeten
jüdischen Perspektive liegen, d.h. auf jüdischen Wahrnehmungen
des Protestantismus, der jüdischen Erfahrung mit der Reformation
und ihren theologischen, kulturellen und politischen Folgen, der
jüdischen Rezeption protestantischen Denkens seit der Aufklärung
sowie der kritischen Auseinandersetzung jüdischer Gelehrter mit
den Erscheinungsformen von Antijudaismus und Antisemitismus im
protestantischen Kontext. So wird der israelische Historiker
Shmuel Feiner den jüdischen Aufklärer Moses Mendelssohn
porträtieren, den eine intellektuelle Freundschaft mit Gotthold
Ephraim Lessing verband, der aber auch darunter litt, dass er
von protestantischen Zeitgenossen öffentlich zur Konversion
aufgefordert wurde.
Die Ringvorlesung steht im Kontext des von Prof. Dr. Christian
Wiese geleiteten LOEWE-Forschungsschwerpunkts „Religiöse
Positionierung: Modalitäten und Konstellationen in jüdischen,
christlichen und islamischen Kontexten“, der nach der
Pluralismusfähigkeit der drei monotheistischen Religionen fragt.
Mitorganisatoren der Vortragsreihe sind das interdisziplinäre
Frankfurter Graduiertenkolleg „Theologie als Wissenschaft“, der
Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für
Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, das Zentrum Ökumene der
Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und der
Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) und die
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Wetterau
e.V.
Die Vorträge auf einen Blick:
26. April: Prof. Dr. Andreas Pangritz (Universität Bonn):
Martin Luther und die Juden: War Luther ein Antisemit?
3. Mai: Dr. Lars Fischer (University College London):
Bach und die Juden: Antijudaismus in der Musik
10. Mai: Prof. Dr. Shmuel Feiner (Bar Ilan University,
Ramat Gan): „Must Human Beings Suffer This?“ Moses Mendelssohn’s
Politics of Insult and Shame
17. Mai (Raum IG 411): Prof. Dr. David Ruderman
(University of Pennsylvania): Defending the Integrity of
Rabbinic Judaism in 19th-Century Europe: The Creative Response
of Isaac Baer Levinson to the Missionary Assaults of his Days
(Aron Freiman Lecture des Seminars für Judaistik in Kooperation
mit dem Forschungszentrum Historische Geisteswissenschaften)
24. Mai: Dr. George Kohler (Bar Ilan University, Ramat
Gan): Rückkehr zum Judentum? Die Reformation aus der Sicht des
frühen Reformjudentums
31. Mai (19.30 Uhr): Prof. Dr. Christian Wiese
(Goethe-Universität Frankfurt): Protestantisches
Bibelverständnis aus der Perspektive jüdischen Denkens der
Moderne (im Kontext der Konferenz „Sola scriptura heute?
Rekonstruktionen, Kritiken, Transformationen“)
7. Juni: Prof. Dr. Christian Wiese (Goethe-Universität
Frankfurt): „Unheilsspuren“: Zur Wirkungsgeschichte der
„Judenschriften“ Luthers in der Moderne
14. Juni: Prof. Dr. Susannah Heschel (Dartmouth College):
When Jesus was an Aryan: Christians, Nazis, and the Bible
21. Juni: Prof. Dr. Robert Erlewine (Illinois Wesleyan
University): Jesus Out of the Sources of Judaism: Hermann
Cohen’s Reading of Christianity
5. Juli: Prof. Dr. Karl-Josef Kuschel (Universität
Tübingen): „Einander im Geheimnis anerkennen“: Martin Bubers
Angebot im Gespräch mit Christen
12. Juli: Dr. Barbara U. Meyer (Tel Aviv University): Das
Eigene und des Anderen Recht: Rechtfertigungslehre und
Toraverständnis
19. Juli: Prof. Dr. Yaakov Ariel (University of
North-Carolina, Chapel Hill): Christian Zionism: Origins,
Theologies, Literatures, and Politics
26. Juli: Prof. Dr. David Nirenberg (University of
Chicago): Anti-Judaism Past and Present
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