Polizei und Ordnungsamt haben am Dienstag, den 21. Februar 2017
ein Elendslager mitten im Frankfurter Gutleutviertel geräumt.
Bagger rissen umherstehende Baracken ab, die überwiegend von
Rumänen bewohnt waren.
Rund 30 Bewohner des Elendslagers mussten am Dienstagmorgen ihre
Hütten verlassen. Sie lebten in Behausungen ohne fließendes
Wasser und ohne Strom. Kinder waren nicht dabei. Die Rumänen
wurden mit einem Bus zu einer städtischen Notunterkunft
gebracht. Ihr Aufenthaltsstatus soll geprüft werden.
Die Räumung begann nach Informationen der hessenschau gegen 7
Uhr morgens. Rund 45 Mitarbeiter der Stadtpolizei waren mit
Umzugskartons angerückt. 24 Hütten wurden auf dem ungenutzten
Firmengelände platt gemacht. Sie waren aus Holzresten, Pappe
und Sperrmüll zusammengekleistert. Bis zu 60 Menschen lebten
zeitweise unter diesen beinahe menschenunwürdigen Bedingungen.
Darunter waren auch Familien. Ein Slum und das mitten in der
Frankfurter Innenstadt!
Ein Sprecher des Ordnungsamtes begründete die Räumung mit
gesundheitlichen Gefährdungen. "Wir haben Rattenbefall
festgestellt", hieß es. Außerdem sei auf dem Gelände eine
"Unmenge von Gaspatronen und Gaskochern" gefunden worden, was
die Feuergefahr erhöht. Die Stadt konnte lange nicht gegen das
Lager vorgehen, da es sich auf einem Privatgrundstück befand.
Der Grundstückseigentümer war die ganze Zeit über nicht
erreichbar, weshalb schließlich ein Insolvenzverwalter
eingeschaltet wurde. Die betroffene Industriebrache an der Gutleutstraße hat eine Fläche von ca.11.300 Quadratmeter.
Sicherheitsdezernent Markus Frank sieht Menschenleben in
Gefahr. Die Stadt Frankfurt am Main teilt mit:
In Abstimmung mit dem Insolvenzverwalter für das Grundstück
Gutleutstrasse 332 hat Sicherheitsdzernent Markus Frank am
Dienstag, 21. Februar, im Rahmen eines Einsatzes der
Stadtpolizei mit Unterstützung des Jugend- und Sozialamts dafür
gesorgt, dass die Menschen, die in der sogenannten Gutleutbrache
illegal campieren, vorübergehend ein sicheres Lebensumfeld
erhalten. Nach einem Feuer in der vorangegangenen Woche war es
dringend erforderlich, Maßnahmen zu ergreifen, um weitere
Gefahren für Leib und Leben der Osteuropäer auszuschließen.
Während einer Begehung am Montagabend, 20. Februar, wurde
festgestellt, dass die Bewohner die Gefahrenquellen für Feuer
oder Kohlenmonoxidvergiftungen nicht abgestellt hatten. Nach
Einschätzung der Branddirektion ist bei den vorhandenen
Behausungen davon auszugehen, dass diese aufgrund ihrer
Beschaffenheit schnell in Brand geraten können. Dafür sorgen der
hohe Plastikanteil, die verwendeten Kartonagen und der gelagerte
Sperrmülls sowie Sonderabfälle.
Insbesondere durch die offenen Feuerstellen zum Heizen und zum
Kochen ist ein besonnener Umgang mit der Situation durch die
Bewohner erforderlich. Nach der erneuten Begehung durch die
Sicherheitsbehörden war nicht davon auszugehen, dass die
Bewohner die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen treffen. Hinzu
kommt die Gefahr von Kohlenmonoxid-Vergiftungen. Bei der
Verwendung von ungeeigneten Feuerstellen im geschlossenen
Bereich ist von erhöhten CO-Konzentrationen auszugehen. Da
dieses Atemgift geruchslos ist, wird die Gefährdung durch die
Betroffenen in der Regel nicht wahrgenommen. Mit vergleichenden
Brandereignissen wie am 11. Februar ist daher in naher Zukunft
mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu rechnen.
Am Dienstagvormittag, 21. Februar, wurde das weitere Lagern auf
der Fläche in der Gutleutstraße unterbunden und die betroffenen
Menschen in einer Notunterkunft aufgenommen, da Gefahr im Verzug
war. Das Jugend- und Sozialamt wird nun die individuellen
Ansprüche auf soziale Hilfeleistung überprüfen. Nach der Räumung
der Fläche wird das Grundstück gegen nächtliches Lagern
geschützt. Die Gefahrenquellen wie Bunsenbrenner und
Gaskartuschen wurden sichergestellt, persönlicher Besitz, der
nicht mit in die Notunterkunft mitgenommen werden konnte, wird
von einem Umzugsunternehmen zwischengelagert.
Seit einem Jahr beschäftigt das Lager in der Brache der
Gutleutstraße die Bevölkerung und die Behörden. Da es sich um
ein Privatgrundstück handelt war es den Behörden nicht möglich,
von Amts wegen tätig zu werden, solange von dem Grundstück keine
Gefahr für Menschen ausging. Das Sozialdezernat konnte den
illegal campierenden Menschen außerdem keine rechtlich
abgesicherte langfristige Lösung anbieten. Dies ist nur nach
einer individuellen Prüfung der Lebenssituation möglich, erst
dann können eventuell soziale Leistungen gewährt werden. Dafür
wäre jedoch ein Besuch der Bewohner im Jugend- und Sozialamt
nötig gewesen.
Die Gefahrenabwehrbehörden wie Ordnungsamt und Branddirektion
haben die Entwicklung der Situation über einen längeren Zeitraum
verfolgt und gingen beispielsweise gegen die Rattenplage vor.
Das zwischenzeitlich eingeleitete Insolvenzverfahren und der
direkte Kontakt des Ordnungsdezernenten Frank zum
Insolvenzverwalter boten nunmehr der Stadt die Möglichkeit,
gegen die Missstände auf dem Grundstück aufgrund der konkreten
Gefährdungslage vorzugehen.
Stadtrat Markus Frank weiß, dass der Umzug der obdachlosen
Menschen in eine Notunterkunft keine Dauerlösung ist. Er sieht
die Maßnahme nach dem Brand und aufgrund der Einschätzung der
Branddirektion aber als unumgänglich an, um die akute Gefährdung
für die Menschen abzuwenden. „Als Gefahrenabwehrmaßnahme geht es
in erster Linie darum, die Menschen, die aus eigener
Einschätzung und Verantwortung heraus ihre Lebensverhältnisse
nicht ändern, aus der Gefahrensituation herauszuholen. Das
weitere Dulden des Camps ist vor diesem Hintergrund unmöglich.“
Der Umgang mit den negativen Folgen der Armutszuwanderung aus
Osteuropa in Frankfurt wird unabhängig von der konkreten
Maßnahme der Gefahrenabwehr in der Gutleutbrache im Rahmen des
Runden Tisches im Frankfurter Magistrat auf der Agenda bleiben.
Hier sieht sich der Magistrat in der sozialen und
gesellschaftlichen Verantwortung. Es sollen langfristige
Lösungen für die durch die Notsituation in den osteuropäischen
Ländern entstandene Armutszuwanderung nach Frankfurt mit ihren
jeweiligen Begleiterscheinungen im öffentlichen Raum geschaffen
werden.
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