Scope
Ratings hat die Branchenstudie zur Kreditqualität deutscher
Stadtwerke aktualisiert. Ernüchternde Nachrichten im einstmals
soliden Sektor deutscher Stadtwerke reißen nicht ab. Etliche der
einstigen Kommunalfinanzierer müssen aufgrund sich
verschlechternder finanzieller Entwicklungen die Dividenden an
die Kämmerer reduzieren oder gar streichen oder bitten selbst
ihre Gesellschafter um Finanzspritzen.
In Kommunen, die
finanziell selbst unter Druck stehen, kann dies eine gefährliche
Mischung darstellen. Scope Ratings (Scope) hat die Entwicklung
von 30 der knapp 1.000 kommunalen Versorger beobachtet. Im
Vergleich zu Scopes Branchenstudie 2015 gibt es zwar keine
Entwarnung zur finanziellen Tragfähigkeit einiger Stadtwerke,
dennoch konstatiert Scope, dass die Mehrzahl deutscher
Stadtwerke weiterhin ein solides Investment Grade aufweisen
dürfte. Vor dem Hintergrund einer möglicherweise eingeschränkten
Rating-Unterstützung durch kommunale Gewährträgerhaftung dürfte
die Einzelfallbetrachtung basierend auf Geschäfts und
Finanzrisiken an Bedeutung gewinnen.
Cashflow-basierte Beurteilung der Kreditqualität
wichtiger denn je
Die Aktualisierung der rating-relevanten Faktoren der 30 von
Scope Ratings im Oktober 2015 analysierten deutschen Stadtwerke
(siehe Deutsche Stadtwerke: Finanzierung auf dem Prüfstand)
ergibt, dass sich wichtige Finanzkennzahlen zum Leverage und
Zinsdeckung in 2015 trotz einer weiteren Zunahme von
Fremdmitteln nicht weiter wesentlich verschlechterten. Zum einen
ist dies auf die Kreditaufnahme, mitunter auch Refinanzierung
mit Hilfe von zinsgünstigen Bankdarlehen oder auch
Schuldscheinen und zurückzuführen. Zum anderen konnte eine
weitere Verschlechterung durch die Eindämmung einer derzeit
nicht tragfähigen Ausschüttungspolitik, Kostensenkungsprogramme
oder die Einmottung von defizitären Kraftwerken verhindert
werden.
Im Durchschnitt bewegt sich der Financial Leverage weiterhin bei
3,2x, die Zinsdeckung noch immer bei soliden 6,2x. Scope
beobachtet jedoch auch, dass in Einzelfällen Finanzspritzen in
Form von Eigenkapitalzuführungen oder Gesellschafterdarlehen
vonnöten waren. Zwar sind die Gründe bei vergleichsweise
finanziell schwächer aufgestellten Stadtwerken vielschichtig
(z.B. Belastungen der Energiewende, Subventionierung chronisch
defizitärer Segmente im Stadtwerke-Querverbund, strukturell
schwache Versorgungsgebiete). Doch nicht nur der anhaltende
Druck, dem sich viele Stadtwerke und Kommunen ausgesetzt sehen,
belastet die Kreditvergabe an ausgewählte Kommunalversorger.
Nachdem sich kritische Stimmen zu kommunalen Bürgschaften und
deren möglichen Verstoßes gegen EU-Beihilferecht mehren, ist es
nach Ansicht von Scope wichtiger denn je, dass sich Kreditgeber
auf cashflow-basierte Betrachtungen für die Beurteilung der
Kreditqualität der Stadtwerke auf ‚standalone-Basis‘ zu
konzentrieren.
Kreditqualität: Heiter bis wolkig
Scope stellt fest, dass die Kreditqualität deutscher Stadtwerke
(Holding-Ebene) trotz des anhaltenden Drucks weiterhin
größtenteils als solide im Investment Grade (IG) eingestuft
werden kann. Im Vergleich zu Scopes Erhebung aus dem Oktober
2015 würden weiterhin indikativ 24 der 30 Stadtwerke auf ‚standalone‘-Basis
im IG-Bereich gesehen werden, davon 5 im Cross-over Bereich. Die
Ausnahmen mit schwächerer Kreditqualität bilden Stadtwerke, die
besonders von der Quersubventionierung defizitärer
Stromerzeugung betroffen sind. In Bezug auf die deutsche
Stadtwerkelandschaft mit über 1.000 Stadtwerken konstatiert
Scope jedoch, dass der überwiegende Teil der lokalen Versorger
(>90Prozent) ohne eigene Stromerzeugung weiterhin sehr solide
aufgestellt sein dürfte. In Summe sind deutsche Stadtwerke
weniger von der Energiewende betroffen, als europäische
Versorger, die sich mit unterschiedlichsten Strategien gegen
eine Verschlechterung ihrer Kreditqualität stemmen (siehe
European Integrated Utilities: From Headwinds to Tailwinds).
Download der vollständigen Studie
www.scoperatings.com
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