Der
Ausbau der Erneuerbaren Energien ist aufgrund des Klimawandels
und der endlichen fossilen Ressourcen verbindlich festgelegt. Im
Rahmen der ökologisch und ökonomisch sinnvollen Lösungen bildet
die Windkraft zusammen mit der Photovoltaik sicherlich den Kern
dieser Energiesysteme.
In Deutschland ist es gelungen, mit der Energiewende eine
starke Windindustrie mit inzwischen mehr als 150.000
Beschäftigten und einer Exportleistung von etwa 70 Prozent
aufzubauen. Deutschland steht an der technologischen Spitze in
der Welt und nimmt überproportional an den dynamisch wachsenden
Märkten teil. Welchen Stellenwert die Windenergie heute wirklich
hat und welche Rolle dabei der Werkstoff Kupfer spielt,
diskutierten jetzt Vertreter des Bundesverband WindEnergie (BWE)
und des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und
Energiesystemtechnik IWES auf Einladung des Deutschen
Kupferinstituts. Fazit: Trotz zahlreicher Hemmnisse wird es in
Zukunft mehr und größere Windkraftanlagen geben, um den
steigenden Stromverbrauch zu decken - und Kupfer bleibt ein
unverzichtbarer Bestandteil dieser Hightech-Produkte.
Aktuelle Windturbinen sind die größten rotierenden Maschinen,
die der Mensch je gebaut hat. Heute haben Windenergieanlagen
einen Rotordurchmesser bis zu 180 Metern - Tendenz weiter
steigend, denn größere Rotordurchmesser verbessern die
Wirtschaftlichkeit der Anlage durch optimiertes "Abernten" des
Windes.
Dr. Anton Klassert, Geschäftsführer des Deutschen
Kupferinstituts, dazu: "Moderne Windkraftanlagen benötigen heute
inklusive Infrastruktur bis zu 30 Tonnen Kupfer, um zu
funktionieren. In den Ringgeneratoren großer Windräder sorgen
Wicklungen aus bis zu mehreren hundert Kilometern Kupferflach-
und Runddraht für eine umweltfreundliche Stromerzeugung. Die
hervorragenden Materialeigenschaften von Kupfer zeigen sich
dabei vor allem beim so genannten Kabel-Loop. Dieser
gewährleistet, dass sich die Gondel samt Rotorblättern in die
von der Windrichtung abhängige, optimale Stellung drehen kann,
wobei starke Kräfte auf die Leitungen wirken. Benutzt werden
dafür spezielle Kupferleitungen der Klasse 5 und 6, die mit
einer spezifischen Verseilung der einzelnen Litzen ausgestattet
sind."
Kupfer steckt ebenfalls in den Motoren, die die Rotorblätter
in ihrer Längsachse drehen und dadurch die Leistung entsprechend
der Windgeschwindigkeit regeln. Relativ viel Kupfer braucht auch
die Wicklung des Transformators, der die Windkraftanlage mit dem
Mittelspannungsnetz des Windparks verbindet. Hinzu kommen noch
die stromabführenden Kabel und Leitungen, die alle wichtigen
Signale übertragen.
"Windenergieanlagen zählen zum klassischen Schwermaschinenbau
und zählen damit zur Kernkompetenz deutscher
Industrieunternehmen", ergänzt Prof. Andreas Reuter,
Institutsleiter beim IWES. Wesentliche Rohstoffe für die
Bauteile einer Windenergieanlage sind Stahl,
Glasfaserverbundwerkstoffe, Beton und Kupfer.
Alle diese Materialien sind in ausreichender Menge verfügbar.
In den letzten Jahren wurden für Generatoren vermehrt seltene
Erden verwendet (z.B. für Permanentmagnete). Hier hat es starke
Preisschwankungen gegeben. Technisch ist bei deren tatsächlich
auftretender Verknappung die Verwendung des klassischen
Werkstoffes Kupfer jedoch ohne weiteres möglich.
Die Verfügbarkeit der benötigten Rohstoffe für
die Herstellung von Windkraftanlagen scheint also nicht das
Problem in der Diskussion um deren Ausbau zu sein. Doch woran
liegt es dann?
Dazu Jan Glahr, Vizepräsident im Bundesverband
WindEnergie (BWE): "Bei der Windenergie stehen wir vor allem vor
den Herausforderungen Netzausbau, Repowering und Strompreise.
Verschiedene politische Debatten haben den Netzausbau,
insbesondere für die wichtigen Nord-Süd-Trassen verzögert und
gleichzeitig ein schwieriges Akzeptanzumfeld geschaffen. Das
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat im
September mit dem Impulspapier Strom 2030 klargestellt, dass der
Netzausbau dem Ausbau Erneuerbarer Energien folgen soll und
nicht umgekehrt. Deutschland muss zudem ein Interesse haben, das
der Energieanlagenpark immer auf dem neuesten Stand ist."
Nach Angaben des Fraunhofer-Instituts IWES liefern
Windenergieanlagen je nach Standort in Deutschland 2500 bis 4500
Volllaststunden: Durch sehr präzise Prognosetools kann die
erwartete Windstrommenge bereits für mehrere Tage im Voraus
bestimmt werden. Für den geplanten weiteren Ausbau der
Windenergie werden durch diese Eigenschaften der Speicherbedarf
reduziert und die Stromkosten gesenkt. Hochentwickelte
Leistungselektronik der Turbinen ermöglicht die
Spannungsstabilisierung des Netzes und verhindert Netzausfälle,
somit reduzieren sich auch langfristig die Netzausbaukosten.
Windenergie ist die günstigste Form der
erneuerbaren Energien
Zum Thema Strompreise führt Reuter weiter aus: "Die Kosten
der Windenergie sind stark von den Windverhältnissen des
geplanten Standortes der Windenergieanlage abhängig. An sehr
guten Standorten kann derzeit eine kWh für ca. 2,5-4 EURcts
produziert werden. In Deutschland sind die Stromgestehungskosten
deutlich höher, hier muss mit 6-8 EURcts/kWh gerechnet werden.
Im Offshore-Bereich sind die Kosten noch höher - abhängig von
der Entfernung zur Küsten zwischen 7-12 EURcts/kWh. In den
letzten 20 Jahren haben sich die Kosten der Windenergie jedoch
im Schnitt halbiert; durch weitere Innovationen in allen
Technologiebereichen der Windenergie wird sich dieser Trend
fortsetzen."
Dass Windkraft auf dem Vormarsch ist, zeigen die Zahlen:
Landbasierte Windkraftanlagen deckten 2015 bereits 12 Prozent
des deutschen Bruttostromverbrauchs; Offshore-Anlagen rund 1,4
Prozent - mit steigender Tendenz. Dafür sorgen zurzeit rund
26.000 Anlagen mit 43.544 MW Leistung. Weltweit werden derzeit
ca. 60 GW Windenergie pro Jahr installiert. Legt man dafür einen
mittleren Kupferanteil von 15 Tonnen pro Anlage und
Infrastruktur zugrunde, so wurden allein in Deutschland für
Windenergie bislang fast 400.000 Tonnen Kupfer eingesetzt.
"Entgegen allen Unkenrufen ist Kupfer kein "überholter"
Werkstoff", fasst Klassert das Ergebnis aus Werkstoffsicht
zusammen, "sondern spielt in zukunftsträchtigen Anwendungen wie
der Wind - oder auch Solarenergie aufgrund seiner spezifischen
Materialeigenschaften eine entscheidende Rolle. Kupfer ist und
bleibt der Motor technischer Innovationen - und unterstreicht
seinen Stellenwert als bedeutendstes Funktionsmetall der
Menschheit immer wieder aufs Neue."
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