DUH
siegt in zwei Grundsatzurteilen und korrigiert damit die
Umsetzung von EU-Klimaschutzvorschriften in nationales Recht
durch die Bundesregierung. Laut zweier aktueller Urteile des
Oberlandesgerichts Hamm sind auch Makler dazu verpflichtet, in
Immobilienanzeigen Angaben zur energetischen Qualität zu machen.
DUH kritisiert massiv die Weigerung von Bundes- wie
Landesbehörden, die Einhaltung der Kennzeichnungspflicht und
Vorlage des Energieausweises wirkungsvoll zu kontrollieren und
Verstöße zu ahnden.
Auch Immobilienmakler müssen in Werbeanzeigen über den
energetischen Zustand einer Immobilie informieren. Das bestätigt
das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in Nordrhein-Westfalen in zwei
Grundsatzentscheidungen (AZ: I-4 U 8/16 und AZ: I-4 U 137/15),
die jetzt vorliegen. Vorangegangen waren elf
Landgerichtsentscheidungen, die die Rechtsauffassung der DUH
bestätigten. Die jetzigen Grundsatzentscheidungen des OLG Hamm
gehen auf Rechtsverfahren zurück, die die Umwelt- und
Verbraucherschutzorganisation 2015 gegen zwei Immobilienmakler
eingeleitet hatte, weil diese in Werbeanzeigen keine Auskünfte
zur Art des Energieausweises und zum Baujahr beziehungsweise zum
wesentlichen Energieträger für die Beheizung der angebotenen
Immobilien erteilt hatten.
Seit Mai 2014 müssen laut Energiesparverordnung (EnEV) in
Immobilienanzeigen Angaben zum energetischen Zustand von
Immobilien enthalten sein. Diese umfassen den Wert des
Energiebedarfs oder Energieverbrauchs, den wesentlichen
Energieträger für die Heizung des Gebäudes sowie das Baujahr und
die Art des Energieausweises. Die DUH überwacht seitdem
stichprobenhaft, ob die neue Vorschrift eingehalten wird und
leitet bei Missachtung rechtliche Schritte ein. Makler hatten
vor Gericht in mehreren Verfahren eingewandt, dass die
Verordnung für sie nicht gelte und sie für das Fehlen von
Angaben nicht einstehen müssten.
Das OLG Hamm bestätigte die Rechtsposition der DUH. Laut
Gericht sei es für den Interessenten von besonderer Bedeutung,
"möglichst frühzeitig einen Eindruck von der energetischen
Qualität des angebotenen Gebäudes und damit zugleich die
Möglichkeit zu einem überschlägigen Vergleich der Kosten für
Heizwärme mit anderen Immobilienangeboten zu erhalten." Und
weiter: "Die unzureichenden energiebezogenen Informationen
können den Verbraucher dazu veranlassen, aufgrund der
Immobilienanzeige Kontakt zu der Beklagten (Anmerkung der DUH:
gemeint ist der Makler) aufzunehmen. Diese Entscheidung hätte
der Verbraucher gegebenenfalls nicht getroffen, wenn er sich
anhand der Angaben (...) bereits aufgrund der Immobilienanzeige
näher über die energiebezogenen Eigenschaften der Immobilie
hätte informieren können."
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sieht die
Rechtsauffassung der Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation
bestätigt. "Das Urteil stärkt die Rechte von Verbrauchern und
schafft Rechtssicherheit auch für die Immobilienhändler. Die DUH
wird weiter prüfen, ob die Informationspflichten eingehalten
werden und Verstöße konsequent juristisch verfolgen. Diese
Urteile korrigieren zudem die Umsetzung der europäischen
Klimaschutzvorschrift durch die deutsche Bundesregierung."
Rechtsanwältin Juliane Schütt, die die DUH in den
Verfahren vertreten hat, erklärt: "Das OLG Hamm hat sich zu den
Rechtsfragen der Maklerhaftung deutlich positioniert. Die
Angaben zur energetischen Beschaffenheit sind laut OLG
'wesentliche Informationen', die Verbrauchern nicht vorenthalten
werden dürfen."
Verantwortlich dafür, dass sich Anbieter von Immobilien an ihre
Informationspflichten halten, sind die Bundesländer. Eine im
Frühjahr 2016 von der DUH durchgeführte schriftliche Anfrage bei
allen zuständigen Behörden macht jedoch deutlich, dass diese
nicht wirkungsvoll prüfen, ob den potentiellen Mietern oder
Käufern einer Wohnung oder eines Hauses Energieausweise
vorgelegt werden. Schleswig-Holstein antwortete der DUH zum
Beispiel: "Die Einhaltung der Pflicht zur Vorlage des
Energieausweises ist keine vorrangige Aufgabe des Staates
sondern des Verkäufers." Aus Rheinland-Pfalz hieß es: "Eine
Prüfung von Werbeangeboten ist nicht sinnvoll." Und Hessen
negierte gar seine eindeutige Verantwortung: "Die Gewährleistung
der Aufnahme von Informationen zur energetischen Qualität in
Immobilienanzeigen ist nicht Aufgabe der Landesbehörden."
Agnes Sauter, Leiterin Verbraucherschutz bei der DUH,
kritisiert: "Bund und Länder lassen die Verbraucher allein und
weigern sich mehrheitlich mit fadenscheinigen Ausflüchten, um
die Vorlage des Energieausweises nicht überprüfen zu müssen. Wir
fordern die zuständigen Behörden deshalb auf, ihrer
Verantwortung nachzukommen und nicht weiter durch Untätigkeit
die Energieeinsparverordnung zu untergraben."
Hintergrund:
Das Urteil des OLG Hamm vom 4. August 2016 (I-4U 137/15) hat
das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 6.10.2015 aufgehoben
(AZ: 12 O 60/15). Das Landgericht hatte die Klage der DUH damals
abgewiesen. Daraufhin hatte die DUH gegen das Urteil Berufung
eingelegt und bekam vor dem Oberlandesgericht nun Recht.
Das Urteil des OLG Hamm vom 30. August 2016 (I-4 U 8/16) hat
das Urteil des Landgerichts Münster vom 25.11.2015 (AZ: 021 O
87/15) bestätigt. Die DUH hatte damals in erster Instanz
gewonnen, worauf hin die Gegenseite gegen das Urteil Berufung
eingelegt hatte.
Mittlerweile gibt es zahlreiche landgerichtliche Urteile, die
eine Haftung des Immobilienmaklers für das Vorhandensein der
Pflichtangaben nach § 16a EnEV bejahen, z.B.
- LG Würzburg vom 10. September 2015, 1 HK O 1046/15
- LG Tübingen vom 12. November 2015, 20 O 60/15
- LG München I vom 16. November 2015, 4 HK O 6347/15
- LG Duisburg vom 6. Januar 2016, 26 O 29/15
- LG Tübingen vom 1. Februar 2016, 20 O 53/15
- LG Traunstein vom 12. Februar 2016, 1 HK O 3385/15
- LG Bayreuth vom 28. April 2016, 13 HK O 57/15
- LG Leipzig vom 10. Mai 2016, 1 HK O 2761/15
- LG Leipzig vom 8. Juni 2016, 2 HK O 2794/15
- LG Lübeck, Urteil vom 28. Juni 2016, Az. 8 HK O 61/15
- LG Trier, Urteil vom 25. August 2016, Az. 10 HK O 11/16
Die Urteile des OLG Hamm vom 4.8.2016 und 30.8.2016:
http://l.duh.de/djr19
Positionspapier der DUH zum Energieausweis:
http://l.duh.de/ngi3f
www.duh.de