Angesichts
der enormen wirtschaftlichen Bedeutung der steuerlichen
Belastung von Grund und Boden fordert der ZIA Zentraler
Immobilien Ausschuss e.V. eine Aufkommensneutralität als
Grundlage der aktuellen Reform.
„Wir
begrüßen, dass die Bundesländer nun nach jahrelangen
Diskussionen einen Entwurf zur Reform der Grundsteuer vorlegen
wollen. Allerdings wird es wesentlich auf die konkrete
Ausgestaltung des Reformvorhabens ankommen. Dem
Steuerpflichtigen wird nur dann gedient sein, wenn das Gesetz
nicht nur verfassungsgemäß, sondern vor allem auch praktikabel
ausgestaltet wird.“ erklärt Dr. Hans Volkert Volckens,
Vorsitzender des ZIA-Ausschusses Steuern.
ZIA unterstützt Modell
der Südländer
Von den bislang vorgelegten Reformansätzen sei
laut ZIA insbesondere das sogenannte Modell der
Südländer eine gute Grundlage für die weitere
Diskussion. Dabei basiert die Berechnung der
Grundsteuer auf den Flächen von Grundstück und
Gebäude. „Die Neuberechnung der Verkehrswerte, wie
sie bei den weiteren Reformansätzen erforderlich
ist, stellt einen enormen bürokratischen Mehraufwand
dar. Bis zum 1. Januar 2022 müssten rund 35
Millionen Grundstücke in Deutschland neu berechnet
werden. Das ist eine vollkommen überflüssige
Verkomplizierung“, sagt Volckens.
Keine verdeckten
Steuererhöhungen
Darüber hinaus warnt der ZIA vor verdeckten
Steuererhöhungen durch die Länder beziehungsweise
Kommunen. „Mit Blick auf die neuen
Grundsteuermesszahlen sowie Hebesätze und die
jeweilige Festsetzungsautonomie der Länder und
Kommunen muss das Gesetzesvorhaben kritisch
begleitet werden“, fügt Volckens hinzu. „Wir werden
uns dafür einsetzen, dass Grundstückseigentümer
sowie private und gewerbliche Mieter keine
steuerlichen Mehrbelastungen aus der Reform fürchten
müssen."
Grundsteuer-Reform
Die steuerliche Belastung von Grund und Boden trifft das Herz
der Wirtschaftlichkeit von Immobilieninvestitionen. Nach
mehreren gescheiterten Reformversuchen wird derzeit wieder eine
Reform der Grundsteuer diskutiert. Der Grund für die
Reformbemühungen ist, dass das bisherige System überwiegend als
nicht mehr verfassungsgemäß erachtet wird. Es knüpft an
Einheitswerte aus dem Jahr 1935 in den neuen bzw. 1964 in den
alten Ländern an.
Derzeit sind fünf Vorlagen des Bundesfinanzhofs zur Prüfung der
Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über den Einheitswert beim
Bundesverfassungsgericht anhängig. Der Bundesfinanzhof hält die
Vorschriften über die Einheitsbewertung (spätestens) ab dem
Bewertungsstichtag 1. Januar 2009 für verfassungswidrig. Mit
einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist im Jahr
2016 wohl nicht mehr zu rechnen. Der Koalitionsvertrag hatte den
Modernisierungsbedarf aufgenommen und eine Änderung in Aussicht
gestellt. Anfang Juni 2016 haben die Finanzminister der Länder
bei ihrer Jahreskonferenz – gegen die Stimmen von Hamburg und
Bayern – beschlossen, eine umfassende Reform der Grundsteuer auf
den Weg zu bringen. Die Finanzministerkonferenz hat Hessen und
Niedersachsen damit beauftragt, entsprechende Gesetzesentwürfe
einzubringen.
Im Vorfeld hatten die Finanzminister der Länder eine
länderoffene Arbeitsgruppe eingesetzt, die verschiedene
Reformansätze entwickeln bzw. bestehende Ansätze überarbeiten
sollte. Nach einem ersten Bericht der Arbeitsgruppe waren drei
Modelle in der Diskussion. Hierbei handelte es sich um das sog.
Modell der Nordländer (verkehrswertorientierter Ansatz) und das
Modell der Südländer (Flächen von Grundstück und Gebäude). Das
Thüringer Modell als gebäudewertunabhängiges Kombinationsmodell
bildet einen Kompromiss aus beiden Modellen. Hierbei wird der
Bodenwert nach Verkehrswerten angesetzt und die Gebäude pauschal
mittels Äquivalenzziffern nach Gebäudegröße und Nutzungsart.
Eine Verprobung der drei Modelle – ohne eine Beteiligung der
Wirtschaft – hat nach inoffiziellen Ergebnissen ergeben, dass
kein Modell ohne weiteres einsetzbar ist. Daraufhin hat eine
Bund-Länder-Arbeitsgruppe im Dezember 2014 die vorgenannten
Modell verworfen und sich auf ein sogenanntes Konsensmodell
geeinigt, das teilweise auch als „Gesamtmodell“ bezeichnet wird.
Bei diesem System soll sich die Bewertung aus Boden(richt)wert
und Gebäudewert nach bestimmten Clustern ergeben, wobei jedoch
noch einige Detailfragen offen geblieben sind.
Dem Vernehmen nach soll nach dem Beschluss der
Länderfinanzminister zukünftig bei unbebauten Grundstücken der
Grund und Boden nach den Bodenrichtwerten der
Gutachterausschüsse, also dem durchschnittlichen Verkaufswert
eines bestimmten Gebiets, bewertet werden. Bei bebauten
Grundstücken soll für die Wertermittlung zusätzlich ein nach
teils pauschalierenden Kriterien ermittelter Gebäudewert
berücksichtigt werden, der sich aus den aktuellen Baupreisen,
der Art des Gebäudes (Keller, Stockwerke, Ausstattung) und
dessen Alter ergibt.
In Folge der nun geplanten Bundesratsinitiative müssen circa 35
Millionen Grundstücke sowie land- und forstwirtschaftliche
Betriebe zum Stichtag 1. Januar 2022 in den darauffolgenden
Jahren neu bewertet werden. Eine solch umfangreiche Neubewertung
wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Sie setzt die Mitwirkung der
Grundstückeigentümer voraus und wird schätzungsweise bis zum
Jahr 2027 dauern. Danach soll turnusmäßig eine Aktualisierung
erfolgen.
Im Anschluss an die Neubewertung wollen die Länder die
Grundsteuermesszahlen festlegen. Sollte die Bewertungsgrundlage
in Folge der Neubewertung steigen, müssen die
Grundsteuermesszahlen von den Ländern und die Hebesätze durch
die Kommunen nach unten korrigiert werden, damit eine – wie von
den Finanzministern beschlossen – aufkommensneutrale
Grundsteuerreform sichergestellt wird. Zur Zeit sichert die
Grundsteuer den Kommunen ein jährliches Aufkommen von rund 13
Milliarden Euro.
Aufkommensneutralität und Administrierbarkeit der Grundsteuer
müssen gewährleistet werden
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland
(BID) hat unter der Federführung des ZIA gegenüber dem
Bundesverfassungsgericht Stellungnahmen abgegeben. Der ZIA
vertritt die Position, dass Aufkommensneutralität und
Administrierbarkeit der Grundsteuer gewährleistet sein müssen.
Diese wären am besten durch das sogenannte Südländermodell
gewährleistet (Anknüpfung an Grundstücks und Gebäudeflächen).
Die – mehr Bürokratie voraussetzende – Erhebung von
Verkehrswerten erscheint kaum geeignet, dies zu gewährleisten.
Durch eine verkehrswertorientierte Bewertung zum Zweck der
Grundsteuer wäre also eine unnötige Verkomplizierung zu
befürchten. Eine Verkehrswertorientierung bei Grund oder Gebäude
lehnt der ZIA daher ab. Das nun durch die
Finanzministerkonferenz angestoßene Reformvorhaben verzichtet
zwar auf die Ermittlung eines individuellen Verkehrswertes,
schafft aber mit einer Anknüpfung an einen „vereinfachten“
rasterartiger Verkehrswert trotzdem vermeidbare Bürokratie. Die
Neuermittlung der standardisierten Werte wird immense
Verwaltungsressourcen binden. Darüber hinaus muss kritisch
betrachtet werden, wie eine turnusmäßige Aktualisierung
sichergestellt werden soll. Denn auch die bisherigen
Einheitswerte sollten nach § 21 Absatz 1 Satz 1 BewG bereits
alle sechs Jahre ermittelt werden. Ebenso muss insbesondere mit
Blick auf die neuen Grundsteuermesszahlen sowie Hebesätze und
die jeweilige Festsetzungsautonomie der Länder bzw. Kommunen das
Gesetzesvorhaben kritisch begleitet werden, damit keine
Steuererhöhungen aus der Reform folgen.
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