Im Frankfurter Westend gelingt die Neuinterpretation eines Bürobaus aus den 1970er Jahren. Unter dem Begriff Revitalisierung beweist das Haus in der Myliusstraße 33-37 einen beispielhaften Umgang mit Bestandsbauten der jüngeren Vergangenheit. Sorgsam ausformulierte Details einer hochwertigen Natursteinfassade geben dem Bürogebäude ein neues Gesicht. Die zurückhaltende, vertikal orientierte Fassadengestaltung löst die gedrungene Kubatur des Bestandes ab und fügt das Haus gewissermaßen rückwirkend in das Frankfurter Straßenbild ein.
Die Frage nach dem richtigen Umgang mit den Bestandsbauten der Nachkriegsjahrzehnte, die in den kommenden Jahren zur Instandsetzung anstehen, gehört aufgrund der schieren Masse an Gebäuden zu einer entscheidenden architektonischen Aufgabestellung der Gegenwart.
Der Bestandsbau in der Myliusstraße 33-37 stellt aufgrund seiner
vorrangig funktionalen Ausrichtung und den für die 1970er Jahre
üblichen Bandfenster sowohl auf energietechnischer als auch auf
ästhetischer Ebene ein typisches Gebäude seiner Zeit dar. Ein
„modernes“ Haus, dessen Formen und Materialien sich stark von
dem durch Gründerzeitbauten und (neo-)klassizistischen Villen
geprägten Frankfurter Stadtteil Westend-Süd abheben.
Im Zuge des Redesigns wurden drei wesentliche Eingriffe
umgesetzt. Um dem Gebäude ein leichteres Erscheinungsbild zu
geben, ersetzte Max Dudler die ehemals liegenden Formate durch
vertikale Elemente. Die horizontale Akzentuierung des
Bestandbaus mit seiner gedrungenen Form wurde in die Höhe
erweitert. Außerdem erhielt das bis auf den Rohbau entkernte
Gebäude eine neue Natursteinfassade aus beigem Kaltstein. Die
als Schattennut ausgeführten Gesimsbänder verweisen auf die
neoklassizistische Nachbarvilla und bilden gewissermaßen eine
Negativform des Nachbargesimses. Durch diese rückspringende
Profilierung erhält das Bürogebäude ein schwebendes und
feingliedriges Aussehen. Das schlichte Fassadenrelief wird durch
die helle Farbe unterstrichen und ordnet sich in den Farbverlauf
der Straße ein.
In einem weiteren Schritt wurde der Bürobau im buchstäblichen
Sinn zurück auf den Boden geholt. Das Gebäude erhielt ein neues
Erdgeschoss – im Bestandsbau war auf dieser Fläche das oberste
Parkdeck der Tiefgarage untergebracht. Der doppelgeschossige
Eingangsbereich verleiht dem Gebäude eine großzügige Wirkung und
bildet mit der kleinen Portikus-Kolonnade ein neues
Entree-Motiv.
Tritt man durch das Eingangstor befindet man sich in der
zentralen, zweigeschossigen Lobby. Von der 1.–6. Etage sind
Büros untergebracht, im 7. OG befinden sich die Technikflächen.
Bodentiefe Fenster schaffen ein helles und einladendes Klima in
den Büroräumen wie auch im belichteten Treppenhaus. Um angenehme
Arbeitsplätze zu realisieren, wurde beim Innenausbau außerdem
auf die Schaffung möglichst hoher Räume geachtet. PKW
Stellplätze bleiben – wie auch schon im Bestand – im
Untergeschoss angeordnet.
Das Bürohaus in der Myliusstraße dient als Beispiel einer
gelungenen Neudefinition eines nicht mehr zeitgemäßen Bürobaus.
Max Dudler hat hier ein neues, sorgsam modernisiertes Stadthaus
geschaffen, das zugleich zur historischen Architektur des
Quartiers vermittelt.
Name des Bauwerks
Revitalisierung Bürogebäude Myliusstrasse
Standort
Myliusstr. 33–37, D-60323 Frankfurt a. M.
Bauherr
Dr. Hannelore Stein-Kaiser
Nutzer
Schweizer Kantonalbank (5./6. OG)
Bauvolumen
NF: 3.660 m²
BGF: 4.160 m²
BRI: 13.700 m³
Planungs- und Bauzeit
Mai 2010 bis August 2015
mit Unterbrechungen
Architekt
Max Dudler
Oranienplatz 4
D-10999 Berlin
Projektleiter
Andreas Enge
Mitarbeiter
Theresa Hertlein, Min Gi Hong, Sebastian
Mazur,
Irina Stier, Marcel Rüther
Tragwerksplanung
Lenz Weber Ingenieurbüro GmbH
TGA
Inovis Ingenieure GmbH
Elektroplanung
Inovis Ingenieure GmbH
Bauphysik/Akustik
Lenz Weber Ingenieurbüro GmbH
Brandschutzkonzept
Lenz Weber Ingenieurbüro GmbH
Lichtplanung
Licht Kunst Licht AG
Fotograf
Stefan Müller, Berlin