Rentierknochen, samische Kultur und Nordland, die Ausstellung im Frankfurter Karmeliterkloster bis 28. März 2016

Meldung: Archäologisches Museum Frankfurt

Das samische Bärengrab wurde auf der kleinen Insel Gällholmen im Storuman-See (Schwedisch-Lappland) entdeckt. Für die Gebeine hatte man eine flache Grube über der beim Bärenfest genutzten Feuerstelle ausgehoben und mit einem Grabhügel überdeckt (Samen, 18. Jh. n. Chr.; Västerbottens museum, Umeå; © P. Engman, Västerbottens museum, Umeå)

Bärenzeremoniell, Hirschtanz sowie Ren- und Elchkult waren religiös-schamanische Rituale zahlreicher indigener Jägervölker im Norden Skandinaviens und Sibiriens.

 

Doch warum wurden Bären feierlich bestattet? Weshalb tanzten Schamanen mit einem Hirschgeweih auf dem Kopf? In welchen Zauberwelten weilten sie bei ihren Seelenreisen? Und wozu dienten Äxte und Stäbe, die mit Köpfen von Elchkühen gestaltet waren? Solche und ähnliche Fragen stellt sich die Ausstellung, die bis 28. März im Archäologischen Museum im Frankfurter Karmeliterkloster läuft.

 

Mit Faszination und Abscheu begegneten Geistliche und Reisende des 17. und 18. Jahrhunderts diesen Praktiken. Sie verdammten sie als „erschröcklichen Abgötterej vnnd verehrung der Teuffel“. Dahinter stand jedoch eine urtümliche Vorstellungswelt und Religiosität, die in der Lebensform archaischer Jäger-Fischer-Sammler-Kulturen wurzelte. Staunen erweckt jedoch nicht nur die weite Verbreitung dieser Kulte über die gesamte zirkumpolare Zone, sondern noch mehr ihr unergründliches Alter. Denn die Verehrung von Bären und Geweihträgern, verbunden mit schamanischen Ritualen, ist schon für die Altsteinzeit mit dem Auftreten des modernen Menschen in Europa vor etwa 40 000 Jahren überliefert – und noch darüber hinaus. In den religiösen Phänomenen neuzeitlicher Ethnien der nördlichen Hemisphäre werden somit Züge einer menschlichen „Urreligion“ sichtbar.
 

Die in ihrer Form einmalige Darstellung eines Vogels ist aus Rengeweih und gehört in die jüngere Altsteinzeit. Vielleicht war das Stück ursprünglich auf eine Stange gesteckt und könnte in Verbindung mit schamanischen Handlungen stehen (13.800 v. Chr.; LVR-LandesMuseum Bonn; © J. Vogel, LVR-LandesMuseum Bonn)

 

Erstmals wird diese Frage in einer Ausstellung thematisiert und mit faszinierenden archäologischen und ethnologischen Funden präsentiert. Samische Bärengräber, altfinnische Kultäxte sowie sibirische Schamanenausstattungen und Bärenschmaus-Geschirr verbinden sich mit Inszenierungen altsteinzeitlicher Bärenverehrung, mit Bodenfunden und Bildzeugnissen alt- und mittelsteinzeitlicher Hirschkulte und schamanischer Aktivitäten zu einer einmaligen Expedition in die religiöse Welt der menschlichen Frühzeit.
 

Die im Archäologischen Museum Frankfurt konzipierte Ausstellung entstand in Kooperation mit den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim und dem Neanderthal Museum Mettmann. Die Ausstellung wird gefördert von der Historisch-Archäologischen Gesellschaft Frankfurt am Main e.V.


Sonntagsführungen:

7. Februar
Die sibirische Schamanentracht
Dr. des. Andy Reymann

21. Februar
Das Weltmodell sibirischer Völker
Dr. Rudolf Gerharz

28. Februar
Objekte der Macht: Musikinstrumente des sibirischen Schamanen
Dr. des. Andy Reymann

6. März
Die Welt der Geister im sibirischen
Schamanismus
Dr. des. Andy Reymann

27. März
Unbekanntes Sibirien:
Reiseberichte und frühe Forschungsreisen
Dr. des. Andy Reymann

Treffpunkt: 11 Uhr im Foyer des Museums
Es gilt der reguläre Eintritt. Die Führung ist kostenlos. Weitere Sonntagsführungen:


www.archaeologisches-museum.frankfurt.de
 

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 27. Januar 2016