Mit
am 16. Dezember 2015 veröffentlichtem Beschluss hat das
Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde gegen die
Planfeststellung für einen Abschnitt der Bundesautobahn A 281
nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Planfeststellungsbeschluss und die Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts verletzen die Beschwerdeführer, deren
Wohnhäuser für den Neubau eines Wesertunnels abgerissen werden
sollen, nicht in ihrem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1
GG. Nach der gesetzlichen Regelung sind nur offensichtliche
Abwägungsmängel erheblich, die auf das Abwägungsergebnis von
Einfluss gewesen sind. Dies ist verfassungsrechtlich hinnehmbar,
soweit - wie vorliegend - konkrete Anhaltspunkte dafür
nachweisbar sind, dass die Planfeststellungsbehörde ohne den
Abwägungsmangel die gleiche Entscheidung getroffen hätte. Denn
das Gericht darf nicht seine eigene Abwägungsentscheidung an die
der Planfeststellungsbehörde setzen.
Sachverhalt und Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer von zwei südlich der Weser
gelegenen, mit Wohngebäuden bebauten Grundstücken. Sie wenden
sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Freien Hansestadt
Bremen vom 30. Juni 2010 über den 4. Bauabschnitt der
Bundesautobahn A 281. Die Weser soll mit einem Tunnel gequert
werden, der nicht gebohrt, sondern im sogenannten Einschwimm-
und Absenkverfahren gebaut wird. Infolge der Entscheidung für
dieses Verfahren müssen auf der südlichen Weserseite sechs
Wohnhäuser, darunter die der Beschwerdeführer, abgerissen
werden. Das Bundesverwaltungsgericht wies mit den angegriffenen
Urteilen die im Wesentlichen auf Aufhebung des
Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Klagen der
Beschwerdeführer ab.
Wesentliche Erwägungen der Kammer:
Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und der
Planfeststellungsbeschluss verletzen die Beschwerdeführer nicht
in ihrem Recht aus Art. 14 GG.
1. Nach § 17e Abs. 6 Satz 1 Bundesfernstraßengesetz (FStrG) a.
F. sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten
öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie
offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss
gewesen sind. Mittlerweile gilt -allgemein für das
Planfeststellungsverfahren - die wortgleiche Regelung des § 75
Abs. 1a Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG).
2. Der Gesetzgeber hält sich mit § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG a. F.
im Rahmen seines Gestaltungsspielraums, weil er das Ziel der
Planerhaltung als gewichtig einschätzen durfte und weil er die
Fehlertoleranz auf für das Ergebnis letztlich nicht kausale
Abwägungsmängel beschränkt hat. Die mit der Zurücknahme der
gerichtlichen Prüfungsdichte gegenüber planerischen
Abwägungsentscheidungen verbundene teilweise Einschränkung der
Effektivität des Rechtsschutzes verlangt allerdings eine
zurückhaltende Auslegung und Anwendung der Vorschrift, die der
Rechtsschutzgarantie angemessen Rechnung trägt.
3. Das Bundesverwaltungsgericht versteht die Kausalitätsklausel
in § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG a. F. und in § 75 Abs. 1a Satz 1
VwVfG seit langem in einer die Planerhaltung fördernden Weise.
Ergebnisrelevanz liegt danach erst dann vor, wenn nach den
Umständen des Falls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne
den Abwägungsmangel eine andere Entscheidung getroffen worden
wäre; eine nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung
genügt nicht.
Die Bedeutung des für die Absenktunnelvariante maßgeblichen
Kostenaspekts dominiert nach den Feststellungen des
Bundesverwaltungsgerichts die Abwägungsentscheidung der
Planfeststellungsbehörde eindeutig. Das Bundesverwaltungsgericht
zeigt im Einzelnen auf, dass sich die Planfeststellungsbehörde
an verschiedenen Stellen dezidiert damit befasst hat, dass bei
der Wahl der Absenktunnelvariante „sechs Wohnhäuser abgerissen
werden“ müssten und dass dies einen „sehr großen Eingriff in die
Rechte der Betroffenen“ bedeute. Die Belastung der
Grundstückseigentümer war der Planfeststellungsbehörde bei ihrer
Planfeststellungsentscheidung somit bekannt und bewusst. Damit
setzt das Bundesverwaltungsgericht nicht seine
Abwägungsentscheidung an die der Planfeststellungsbehörde.
Beschluss vom 16. Dezember 2015
1 BvR 685/12
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