Die UNESCO widmete sich im November 2015 in einem
internationalen Workshop in Shanghai der Herstellung,
Verarbeitung und Vermarktung von nachhaltigen Produkten aus
Biosphärenreservaten.
Rund 40 Teilnehmer aus UNESCO-Biosphärenreservaten Asiens,
Afrikas, Amerikas und Europas nahmen am Workshop in Shanghai
teil, bei dem es um die Förderung nachhaltiger Wirtschaftsformen
in Biosphärenreservaten ging.
Die
bayerische Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats bat Barbara
Landgraf darum am UNESCO-Workshop in Shanghai teilzunehmen und
von den Erfahrungen der Dachmarke Rhön zu berichten. Eingeladen
hat der Direktor des UNESCO-Programms „Der Mensch und die
Biosphäre“, Han Qunli, auf dem Foto links. Er war schon
mehrfach im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön zu Besuch, unter
anderem zum Festakt zur Erweiterung des Biosphärenreservats im
bayerischen Teil im November 2014 in Bad Kissingen. Für den
Leiter der Verwaltungsstelle, Michael Geier, war
selbstverständlich, dass jemand aus der Rhön, mit besten
Expertisen ausgestattet, das Biosphärenreservat Rhön vertreten
sollte.
Unter den Teilnehmern waren Vertreter aus den nationalen
Ministerien und Nationalkomitees, die für die
UNESCO-Biosphärenreservate in ihrem jeweiligen Land tätig sind
sowie Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter, die sich
mit UNESCO-Biosphärenreservaten beschäftigen.
Die „Förderung nachhaltiger Wirtschaftsformen in
UNESCO-Biosphärenreservaten durch Zertifizierung, Kennzeichnung
und Markenentwicklung für Produkte und Dienstleistungen“ lautete
die Bezeichnung der Tagung, wobei der Austragungsort zugleich der Hauptsitz der Chic-Group in Shanghai
ist, einem international tätigen
Unternehmen das sich vor allem für den Anbau und die Verarbeitung von
Früchten einsetzt. Das UNESCO MAB-Programm kümmert sich seit
2012 insbesondere in China und anderen Schwellenländern darum
Stadt-Land-Partnerschaften aufzubauen. Durch nachhaltige
Landwirtschaft soll die Armut der Bauern verringert und die
Balance zwischen Mensch und Natur verbessert werden.
„Das UNESCO-Biosphärenreservat
Rhön ist im internationalen Netzwerk der Biosphärenreservate
sehr bekannt. Einige Teilnehmer des Workshops waren auch schon
als Gäste in der Rhön, einige hatten dabei auch schon Vorträge
über die Dachmarke Rhön gehört“, berichtet Barbara Landgraf.
Während des Workshops habe sich gezeigt, dass das
UNESCO-Biosphärenreservat Rhön in Zusammenarbeit mit der
Dachmarke Rhön weltweit als Vorreiter für die Zertifizierung von
Produkten gilt, die aus einem Biosphärenreservat der UNESCO
stammen. „Jedes UNESCO-Biosphärenreservat muss aber seinen
eigenen Weg finden, eine eigenständige Marke und ein dazu
passendes Kontrollkonzept zu entwickeln, denn die jeweiligen
Begleitumstände in den einzelnen Ländern sind sehr
unterschiedlich“, schätzt Landgraf ein.
Gerade im asiatischen Raum spiele die Lebensmittelsicherheit
eine große Rolle; auch aus Mangel an entsprechenden staatlichen
Regularien und Überwachungssystemen. Und während in Asien auch
in ländlichen Gebieten, in denen die meisten Biosphärenreservate
angesiedelt sind, häufig noch eine hohe Bevölkerungsdichte an
der Tagesordnung ist, kämpfen die ländlichen Räume in Mittel-
und Westeuropa mit den Auswirkungen des demographischen Wandels.
„Ein gemeinsames Ziel aller UNESCO-Biosphärenreservate besteht
aber darin, Möglichkeiten zu finden, dass die Wertschöpfung aus
regionalen Produkten wirklich bei denjenigen ankommt, die sie
produziert haben – und das mit einem möglichst größeren Gewinn.“
Die UNESCO sei an diesem Thema stark interessiert und wolle es
weiter bearbeiten – das habe der Direktor für das UNESCO
MAB-Programm während des Workshops hervorgehoben. Daher soll
eine Arbeitsgruppe gebildet werden, die Leitlinien erstellt, wie
Kontroll- und Kriteriensysteme in UNESCO-Biosphärenreservaten
aufgebaut werden können, und die sogenannten
Best-Practice-Beispiele sollen in eine Konferenz einfließen. „Da
wird die Rhön erneut gefragt sein, da bin ich mir sicher“, hebt
die Geschäftsführerin der Dachmarke Rhön hervor.
Darüber hinaus konnten von dem internationalen Workshop in
Shanghai auch Impulse für die Rhön mitgenommen werden. Das
spanische UNESCO-Biosphärenreservat La Palma (Kanarische Inseln)
habe beispielsweise ein ähnlich weit entwickeltes Marken- und
Zertifizierungssystem wie die Rhön. Die Marke „Reserva Mundial
de la biosfera La Palma“ sei ein Qualitätssiegel, das nachhaltig
erzeugten landwirtschaftlichen und handwerklichen lokalen
Produkten, Waren und Dienstleistungen verliehen wird. Auch für
Gastronomie und Unterkünfte gebe es Leitlinien, die in enger
Kooperation mit dem Tourismus entwickelt wurden. Dazu sei der
„Club für touristische Produkte in spanischen
Biosphärenreservaten“ gegründet worden, der mit seinen Zielen
fester Bestandteil des nationalen spanischen Tourismusplans 2020
ist und die Besonderheiten der UNESCO-Biosphärenreservate
herausarbeiten und fördern will. „Das Beispiel aus Spanien und
zum Teil auch aus weiteren Ländern hat mir bewusst gemacht,
dass auch wir durchaus noch stärker mit dem
Alleinstellungsmerkmal ,UNESCO-Biosphärenreservat‘ in der
Vermarktung der Rhön arbeiten sollten, sowohl was die Produkte
angeht, als auch im Tourismus.“
Das Aya-Biosphärenreservat in Japan entwickle zurzeit eine
mobile App, mit der man bequem Produkte und Dienstleistungen aus
dem Biosphärenreservat von unterwegs finden kann. „Wir sind mit
der Regio-App des Bundesverbands der Regionalbewegung auf einem
ähnlichen Weg. Ich habe mit der Vertreterin aus dem
Aya-Biosphärenreservat vereinbart, dass wir uns dazu weiterhin
austauschen werden, um von den Erfahrungen des jeweils anderen
zu profitieren“, nennt Barbara Landgraf ein weiteres Beispiel.
Auch aus der Wirtschaft seien beim internationalen Workshop in
Shanghai einige Vertreter dabei gewesen wie die Gründerin der
Firma ecopia, die ökologische Produkte und Dienstleistungen aus
Äthiopien vermarktet, darunter auch aus den Biosphärenreservaten
Yayu und Sheka. „Ihre Erfahrung zeigt, dass die Wertschöpfung im
Bereich der Naturkosmetik wie Seifen, Cremes oder Öle aus
Kräutern und Früchten der Biosphärenreservate um ein Vielfaches
höher ist als im Bereich der Lebensmittel. Auch im gehobenen
Öko-Tourismus, verbunden mit Wellnessprodukten aus der Region,
können höhere Einkommen für die Menschen in den
Biosphärenreservaten erzielt werden. Ich denke, da hat die Rhön
ebenfalls noch große Potentiale, neue Wege auszuprobieren“,
zieht Landgraf Bilanz.