Das
ist eine traurige Mitteilung, die das MMK am 18. September
verbreitete. Jean-Christophe Ammann langjähriger Direktor
des MMK ist im Alter von 76 Jahren nach langer Krankheit
gestorben. Was der Kunstwelt mit einem solchen Menschen
verloren geht, ist kaum abzuschätzen.
Auf dem Foto zusammen mit dem Bildhauer Giuliano Pedretti im
Jahre 2005.
Er wußte über große Künstler aus eigener Erfahrung zu
berichten, weil er die meisten persönlich kannte. Er hätte
Bücher füllen können mit seinen Beschreibungen. Yves Klein
wollte er ein Kunstwerk abkaufen mit seinem ersten ersparten
Geld. Das wäre heutzutage ein Vermögen wert. Jasper
Johns, Andy Warhol, Joseph Beuys jeden dieser Künstler
kannte er. Überwiegend aus beruflichen Gründen nutzte er
diese Kontakte. Schon während seiner Tätigkeit als Direktor
in Luzern (1968 - 1977) war er deshalb oft unterwegs in der
Welt, reiste weit und suchte Künstler und Ateliers auf, um
Ausstellungen zu organisieren und Kunstwerke zu erwerben.
Ammann war seiner Zeit voraus und Zeit seines Lebens
Schweizer. Seine Nationalität war ein Erkennungsmerkmal um
Einfluss zu nehmen. Er wußte genau, wie man an das Geld
kommen konnte, um gezielt Kunstförderung zu betreiben. Es
war eine Art gesellschaftliches Mäzenatentum, welches er
ausübte. Sei es die Deutsche Bank, UBS oder die Deutsche
Börse mit allen verstand er sich hervorragend, setzte sich
ein und half mit, das Geld zu beschaffen, um Kunst zu kaufen
und zu fördern. Unvergesslich wird mir die Bill Viola
Retrospektive von Februar bis April 1999 in Frankfurt am
Main bleiben. Das war einzigartig und eine großartige
stadtübergreifende Inszenierung, die unter seiner Leitung
stattfand.
Über Künstler konnte Ammann persönlich berichten. Zu Besuch
im Museum war die Südafrikanerin Marlene Dumas oder die
Schwedin Cecilia Edefalk. ein andermal brachte er seine Frau
und Künstlerin Judith Ammann mit ins Museum und stellte sie
vor. Das war auch sein Anspruch, wenn jemand etwas
persönliches weiterzugeben hatte. Ammann war Vermittler, der
die moderne Kunst liebte und sie als etwas annehmbares
erscheinen ließ. Zu seinem Posten als Museumsdirektor in dem
1991 neu eröffneten MMK wurde er seinerzeit durch den
Frankfurter Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann berufen, der
gerade erst seinen 90. Geburtstag feierte. Viel
gemunkelt wurde über die homosexuelle Neigung Ammanns.
Das gehörte zu einer Art Imagepflege, die er gewiss ausübte
allein schon deshalb, weil er eine außerordentliche
Persönlichkeit sein wollte, der unkonventionell mit den
Dingen des Lebens umzugehen verstand. Etwas war ihm in die
Wiege gelegt. Er verstand es die jungen Menschen anzusprechen. Insofern war Ammann
kommunikatives Vorbild. An seiner Tätigkeit als
Kunstpädagogik Professor lag ihm sehr viel. Das war immer
ein Thema und diente der Intensivierung der Kunstkenntnisse.
Von 1968 bis 1977 war Ammann Direktor des Kunstmuseums
Luzern, wechselte dann 1978 nach Basel, wo er bis 1988 die
Kunsthalle leitete. 1972 half er in Mitarbeit bei Harald
Szeemann an der Konzeption der „documenta
5“ in Kassel, 1995 war er für den deutschen Pavillon auf der
Biennale in Venedig verantwortlich.
Siehe auch:
Das Wespennest ist eine Kathedrale (2011) Stefan Banz im
Gespräch mit Jean-Christophe Ammann aus dem Verlag für
moderne Kunst