Die coop himmelb(l)au Architektenausstellung im
DAM stellt serienweise Arbeitsmodelle und den ECB-Neubau aus
Foto: (c) Kulturexpress
Einblicke
über die Entstehung eines gesamten Gebäudekomplexes wird durch
eine Vielzahl an Arbeitsmodellen anschaulich. Wenn auch
Abstraktion dazu gehört bei der Kleinheit der Modelle,
um genaueres zu erkennen und das Gesehene zu definieren.
Ermöglicht werden Ansichten auf die innere Struktur des Gebäudes,
dessen Pläne sonst einer strengen Geheimhaltungspflicht
unterliegen, weil sicherheitsrelevante Belange wie technische
Ausstattung und Vorkehrungen gegen Übergriffe von außen auf das
Gebäude stets berücksichtigt werden müssen. Dennoch wird schon
am Arbeitsmodell sichtbar demonstriert, wie die Statik der
beiden Türme fundamental aufeinander beruht und zu einer
zerklüfteten Einheit mit Glasfassade, Freiräumen und Grünanlagen
zu einem Hochhaus verschmilzt. Kombinationsvielfalt und Variantenreichtum zeugen
von einer intensiven Auseinandersetzung mit der Materie. Unterschiedliche Materialien wie hellblaues Styrodor,
Pappe, Holz oder Metall kommen dabei zum Einsatz. Einzelne Teile
können entfernt und durch ein anderes Bauteil im Modell ersetzt
werden, um dadurch eine andere Bauvariante am Gebäude zu
verdeutlichen. Die große Anzahl an Arbeitsmodellen hängt mit der
differenzierten Vorgehensweise während der einzelnen
Arbeitsphasen zusammen, wodurch immer wieder neue und veränderte
Ansichten am Projekt entstanden sind. Im Rahmen der Ausstellung
beschreibt dies eine Genealogie. Das erste was in solchen Fällen
hergestellt wurde, ist eben ein Arbeitsmodell.
Wolf D. Prix, Chefarchitekt von coop
himmelb(l)au sprach am 4. Mai während er durch die Ausstellung
entlang der Tischreihen mit Arbeitsmodellen ging und unter
anderem auf zukunftsweisende Arbeitsweisen der Robotertechnik
hinwies, welche den Ablauf großer Bauprojekte strukturell immer
stärker mitbestimmen werden. Er stellte zudem internationale
Projekte vor, die Objekt der Ausstellung sind. Auf Tischen
liegen umfangreiche Mappen und Kataloge mit technischen
Zeichnungen zum darin blättern. Das sind seltene Einblicke in
Bereiche der Entwurfslegung. Tiefergehende Ansichten werden
offensichtlich, wie das sonst Architekten nicht von sich
preisgeben. Wenn auch nur über die Zusammensetzung
konstruktiver Bauteile Einblick gewährt wird und kaum etwas über
Beweggründe und Ethik gerade dieser Bauform formuliert wird.
Sind somit Unterlagen wie technische Arbeitsanweisungen. Was bei
zunehmender Technisierung immer stärker einer Vereinheitlichung
unterliegt,
weil nicht mehr Menschen in mühsamer Fleißarbeit bauen, sondern
Maschinen wie programmierte Roboter beteiligt sind. Fragt sich,
wo hierbei die Kreativität bleibt. Der Architekt als
aussterbende Berufsgattung wurde prognostiziert.
Auf dem Foto ein Abtastgerät zur
Simulierung von 3D Objekten. Dabei wird ein Hebearm über
die Oberfläche des 3D-Objektes geführt, der durch
Aufnahme der Datenimpulse eine Kopie in digitalisierter
Form erzeugt, was im 3D-Print Verfahren ausgedruckt
und in abgewandelter Form reproduziert werden kann. In
den meisten Fällen reicht aus die wichtigsten Punkte
einzuscannen, um das gesamte Objekt gleichmäßig zu
erfassen.
Prix
trug während der gesamten Veranstaltung seine Sonnenbrille, weil
ihn das helle Tageslicht von oben durch die Oberlichter blendete, was für Fotografen nicht
unbedingt von Vorteil ist. Eine Portraitaufnahme durch die
dunkeln Gläser hindurch, ist nur schwer zu bewerkstelligen.
Deshalb hier das Profil, das von der Seite etwas mehr vom
Gesichtsausdruck erkennen läßt als die Ansicht von vorne.
Zum 47. Geburtstag von coop Himmelb(l)au Wolf D. Prix & Partner
zeigt die Ausstellung drei aktuelle Projekte des Büros: Das am
18. März 2015 eingeweihte Gebäude der Europäischen Zentralbank
in Frankfurt, das Ende Dezember vergangenen Jahres eröffnete
Musée des Confluences in Lyon, Frankreich und das Dalian
International Conference Center in China (2012).
Mit rund 200 Arbeitsmodellen, Skizzen und großformatigen
Fotografien und Videos gibt die Ausstellung einen Einblick in
den komplexen Entstehungsprozess der drei funktional so
unterschiedlichen Gebäude. Waren die frühen Projekte des 1968
gegründeten Büros verstärkt künstlerische Aktionen und
Interventionen, folgten in den 1980er Jahren filigran wirkende
kleine Bauprojekte, wie der Dachausbau in der Falkestraße in
Wien. Ab Beginn der 1990er Jahre wuchsen die Dimensionen der
Projekte. Beispielhaft ist der UFA-Kinopalast in
Dresden (1993-98) und die BMW-Welt in München (2001-07).
Spätestens seit dem Münchner Projekt haben die Bauten des Büros
um Wolf D. Prix monumentale Dimensionen erreicht. Das gilt auch
für die drei Projekte, die in der Ausstellung näher vorgestellt
werden.
Die Bauten von coop himmelb(l)au sind städtebauliche Solitäre,
gerade deshalb aber wurden sie präzise in den städtebaulichen
Kontext eingefügt. Man kann als ein Indiz dafür bei allen drei
Beispielen in der Ausstellung die Lage am Wasser nehmen, die den
weiten Blick auf das exponierte Gebäude erlaubt. Entscheidend
aber ist ihre Einbindung an das angrenzende Gefüge der Stadt.
In Dalian gab es eine Höhenbeschränkung, weshalb der Baukörper
nur sehr begrenzt in der Vertikalen entwickelt werden konnte.
Von der nordöstlichen Grundstücksecke aus entwickeln sich zwei
wichtige Stadtachsen, entsprechend befindet sich hier der
prominente Zugang des Gebäudes.
In Lyon bildet die Gebäudekonfiguration des Museums einen
öffentlichen Übergang von der Stadt im Norden zu der als Park
gestalteten Südspitze der Halbinsel am Zusammenfluss von Saône
und Rhône.
Slideshow
(28 Bilder)
Das Frankfurter EZB Ensemble verändert durch den Neubau das
lange brachliegende Gebäude der früheren Großmarkthalle im
Frankfurter Ostend hin zu einer neuen Bedeutung innerhalb der
Stadtentwicklung, was durchaus eine kritische Betrachtungsweise
erfordert, weil durch den ECB-Neubau auch ein
Verdrängungswettbewerb am umliegenden Wohnraum stattfindet.
Wohnimmobilien werden zu Spekulationsobjekten für teure
Eigentumswohnungen, die sich eine bestimmte Klientel leisten
kann, wofür das internationale Konsortium an Mitarbeitern der
ECB in Frage kommen. Ein Thema das noch lange nicht ausgestanden
sein wird. Wobei Frankfurt immer eine tolerante Stadt gewesen
ist und nicht die schroffe Konfrontation zwischen arm und reich
an den Pranger stellen wird, sondern eine zwar kantige und
eckige Lösung auf städtischem Raum bevorzugt, wie das dem
Temperament der Stadt entspricht.
Von 2003 an erstreckte sich die Entwurfsprozess des Neubaus über
drei Wettbewerbsphasen, eine anschließende Optimierungsphase bis
schließlich im Oktober 2007 die Entwurfsplanung abgeschlossen
war. Neben den Türmen besteht ein zusätzliches Raumprogramm, die
Nutzung der gigantischen Großmarkthalle und die
Eingangssituation, die immer wieder Gegenstand von
Überarbeitungen waren. Wenn das auch keine Antwort auf
die baulichen Veränderungen sein kann, welcher die frühere Großmarkthalle
seither unterworfen ist.