Subsidiaritätsprinzip verletzt

Euromold: Messe Frankfurt baut eigene Konkurrenzmesse (formnext) mit aggressiven Mitteln auf. Landgericht bestätigt einstweilige Verfügung

Meldung: Demat, in Frankfurt Main, den 16.06.2015

Die Euromold hat ihr eigenes Format, das kann ohne Zweifel behauptet werden. Die Würfel sind gefallen in Bezug auf den Umzug der Euromold nach Düsseldorf, daran kann nicht mehr gerüttelt werden. Der Übergang sollte möglichst ohne große Schäden für den Veranstalter bleiben. Es kann also nur darum gehen, für alle Seiten eine gewinnbringende Situation zu schaffen.

Doch die Gastmesse Euromold wehrt sich gegen ungebührliches Verhalten der Messe Frankfurt, die zu ihrem eigenen Vorteil begonnen hat den Aufbau einer Konkurrenzmesse voranzutreiben. Hinzukommt die angeblich widerrechtliche Versendung von E-Mails sowie Verletzung des Datenschutzrechtes. Das zusammen sei ein Verstoß gegen internationale Compliance-Regularien, so der Vorwurf, was jetzt auch gerichtliche Folgen nach sich zieht. Die Messe Frankfurt habe, nach Worten der Demat, den eigenen Kunden mit rechts- und sittenwidrigen Mitteln massiv geschädigt. Deshalb wurden Schadensersatzklagen gegen die Messe Frankfurt eingereicht.

Inwiefern die Messe Frankfurt jedoch ein identisches Format, wie das der Euromold mit ihrer eigenen Messe wirklich aufziehen will, muss erst analysiert werden bevor die geforderten Zahlungen an Schadensersatz erfolgen. Wieso überhaupt der Bruch zwischen Messe Frankfurt und Demat sein musste? Das ist eine weitere Frage. Das sich die Messe Frankfurt auf ihrem eigenen Gelände als Hausherr fühlt und so auftritt, ist natürlich Geschmacksache. Die verstärkte Corporate Identity der Messebetreiber könnte ein Motiv sein. Veränderungen am Messeplatz Frankfurt sind jedenfalls immer erwünscht. Dafür müssen auch resolute Entscheidungen auf den Tisch, die auf Ebene der Geschäftsführung gefällt werden. Auffällig ist das überwiegend aus männlichen Spitzenmanagern bestehende Führungsteam. Daran hat sich seit 800 Jahren Messegeschichte in Frankfurt bis auf wenige Ausnahmen immer noch nicht viel verändert. Andererseits ist eine fluktuierend florierende und vor allem handlungsfähige Messelandschaft enorm wichtig für den Standort Frankfurt am Main. Schon deshalb wichtig, um die Position der Stadt als Metropole auf kleinem Raum zu behaupten.

Nach jetzigem Entwicklungsstand hat das Landgericht Frankfurt den Widerspruch der Messe Frankfurt GmbH und zweier ihrer Tochterfirmen gegen eine einstweilige Verfügung wegen widerrechtlicher Versendung von E-Mails und Verstößen gegen das Datenschutzrecht zurückgewiesen. Die einstweilige Verfügung ist einer von mehreren rechtlichen Schritten, die die Demat GmbH, Veranstalterin der Euromold, gegen die Messe Frankfurt eingeleitet hat. Das heißt, die Karten sind neu gemischt, damit Demat gegen die Messe Frankfurt vorgehen kann.

Die Demat begrüßt ausdrücklich, dass das Gericht der Mandantin erneut Recht gibt. Die Messe Frankfurt greift mit rechtswidrigen und extrem aggressiven Methoden die bisherige Gastmesse Euromold an, um eine eigene Konkurrenzmesse (formnext) aufzubauen. Die Euromold ist seit über 20 Jahren die weltgrößte Messe seiner Art. Insofern ist ein bevorstehendes Urteil des LG Frankfurt für die gesamte Messe-Branche von erheblicher Bedeutung. Private Messeveranstalter müssen sicher sein können, dass Messebetreiber auf deren Gelände loyal gegenüber seinen Partnern umgehen, solange Umzug und Neuansiedlung im eigenen Geschäftsfeld noch nicht gefestigt sind.

Zumindest in rechtlicher Hinsicht hilft die Entscheidung des LG Frankfurt, sagt Christian Kusulis, Anwalt der Kanzlei Graf von Westphalen, der die Veranstalter der Euromold zusammen mit seinen Kollegen Dr. Süß und Schuhmann vertritt. Die Anwälte haben Schadensersatz für die Demat von der Messe Frankfurt gefordert. "Die Messe Frankfurt GmbH und ihre Tochterunternehmen haben durch diese Vorgänge international gültige Standards verletzt", so Kusulis. Die Messe Frankfurt GmbH hatte während der laufenden Euromold 2014 - Werbemails für die eigene Konkurrenzmesse an die Aussteller der Euromold geschickt und dabei rechtswidrig Adressdaten der Demat verwendet, so die Anschuldigung. Zudem hatte die Messe Frankfurt GmbH bereits Monate vor der Euromold im Jahr 2014 zahlreiche Aussteller für eine Studie zur geplanten ersten Durchführung der eigenen Konkurrenzmesse angesprochen und vergeblich versucht, für diese den Markennamen "mold+form" anzumelden. Was eine hybride Wortkreation darstellt, indem eine Verbindung aus Euromold und formnext gewählt wurde.

In der mündlichen Verhandlung wurde ferner eine fehlende Befugnis der Messe Frankfurt zur Durchführung der Messe formnext und das daraus folgende Verbot, die Messe durchzuführen, erörtert. Hintergrund ist, dass die Messe Frankfurt dem Land Hessen und der Stadt Frankfurt gehört und daher als sogenanntes "kommunales Unternehmen" dem im Kommunalrecht verankerten Subsidiaritätsprinzip unterliegt. Danach dürfen sich kommunale Unternehmen wie die Messe Frankfurt nur dann wirtschaftlich betätigen, wenn der öffentliche Zweck dies rechtfertigt und zudem kein privates Unternehmen zur Verfügung steht, dass den Zweck erfüllen könnte. "Vorliegend ist schon nicht ersichtlich, dass der öffentliche Zweck die Veranstaltung der Messe gebietet. Zudem stand mit Demat ein Messeveranstalter bereit, der - anders als die insoweit völlig unerfahrene Messe Frankfurt - eine jahrzehntelagen Erfahrung mit dieser Branchenmesse hat", sagt Anwalt Dr. Frank Süß abschließend.

Die Demat GmbH begrüßt die Entscheidung des Landgerichts ausdrücklich. Nach zwei Jahrzehnten erfolgreicher Zusammenarbeit sei man vom unlauteren Geschäftsgebaren der Messe Frankfurt sehr enttäuscht, das in der Messebranche mehr als ungewöhnlich sei. Man werde diese erneute Bestätigung zum Anlass nehmen, weitere rechtliche Schritte gegen die Messe Frankfurt und deren Messe formnext prüfen. Dies sei man auch den Ausstellern gegenüber schuldig, bei denen das Vorgehen der Messe Frankfurt ebenfalls auf Unverständnis gestoßen sei. Die Erfolgsgeschichte der Euromold werde man auch an einem neuen Messeplatz unbeirrt weiterschreiben und sich nicht durch die Messe Frankfurt negativ beeinflussen lassen.

Hintergrund:

Die Euromold ist die von der mittelständischen Frankfurter Demat GmbH veranstaltete Weltmesse für Werkzeug-, Modell- und Formenbau, Design, Additive Fertigung und Produktentwicklung. Seit 21 Jahren wurde die EuroMold erfolgreich in Frankfurt durchgeführt und hat sich in dieser Zeit zur weltgrößten Messe dieser Art entwickelt und etabliert.

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 17. Juni 2015