Marlene Dumas - Retrospektive Fondation Beyeler
Meldung: Fondation Beyeler |
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Andere Malerinnen, die auf außergewöhnliche Weise
Gemaltes darstellen, zu denen zählt die Basler Künstlerin Miriam Cahn.
Die schwedische Künstlerin Cecilia Edefalk kommt mir in
den Sinn, aber auch die Portraitmalerin Elizabeth Peyton ist
hervorragend in ihrer Art. Die Ausstellung in Riehen widmet sich
ausschließlich dem umfangreichen Werk von Marlene
Dumas, in dessen Zentrum die Beschäftigung mit der menschlichen
Figur steht. Es ist die bisher umfassendste Retrospektive in
Europa zum Werk der in Amsterdam lebenden Künstlerin und bietet
einen einzigartigen Überblick über ihr beachtliches Werk von der
Mitte der 1970er-Jahre bis heute.
For Whom the Bell Tolls, 2008,
Öl auf Leinwand, 100 x 90 cm,
The Rachofsky Collection and the Dallas Museum of Art
through the DMA / amfAR Benefit, Auction Fund,
© Marlene Dumas, Foto: Peter Cox, © 2015, ProLitteris, Zürich
Marlene Dumas ist außerordentlich in Auftreten
und Persönlichkeit, wie ich die Künstlerin einmal während einer
der "Szenenwechsel" im Museum für Moderne Kunst in Frankfurt
Ende der 1990er Jahre erlebte. Während einer solchen Gelegenheit im Rahmen der Museumsarbeit war auch mal die
Künstlerin Cecilia Edefalk zum Publikumsbesuch anwesend, die
eine ebenso interessante Erscheinung an sich hat wenn auch nicht
so wie Marlene Dumas. Ganz zu Schweigen von der Art der Malerei,
welche diese Malerinnen in der Gegenwart produzieren. Wovon eine
ganze Menge zu lernen wäre, wenn Zeit zum Malen ist. Gerade die
Aquarellkunst in feinsten Nuancen gehört zum festen Oeuvre
dieser beiden Künstlerinnen. Das menschliche Antlitz und
menschliche Figur einzeln oder in Gruppen sind Hauptthema. Die
malerische Beschäftigung ist eine künstlerische Herausforderung
schon immer gewesen, weil der menschliche Körper im Ganzen nur
schwer zu erfassen ist.
Zusätzlich zu den wichtigsten ikonischen Gemälden und
Zeichnungen von Marlene Dumas werden experimentelle Collagen aus ihrem Frühwerk
sowie einige ganz neu entstandene Gemälde zu sehen sein.
Es ist eine außergewöhnliche Kombination von Unmittelbarkeit und
Intimität, welches das Werk von Marlene Dumas auszeichnet. Ohne
Vorbehalt, manchmal herausfordernd, zuweilen mit Humor, begegnet
Dumas den Menschen in ihren Bildern. Dumas lässt die Autonomie
der Farbe zu, behält dabei aber immer die menschliche Figur in
ihrem Blick- und Bildfeld. Ihre Arbeiten zeigen eindrücklich,
was Malerei heute noch zu leisten vermag. Marlene Dumas gehört
zu den einflussreichsten und interessantesten weiblichen
Künstlern der Gegenwart.
Nuclear
Family,
2013,
Öl
auf
Leinwand,
200
x
180
cm,
Fondation
Beyeler,
Riehen/Basel,
©
Marlene
Dumas,
Foto:
Robert
Bayer,
Basel
In ihren Einzel- und Gruppenporträts dominiert eine
abwechslungsreiche Palette an Farbtönen und Kontrasten.
Expressive Farben wechseln mit fast transparenten Nuancen ab,
die die Leinwand scheinbar von innen leuchten lassen. Dumas
setzt geschundene Körper und markante Gesichter, dann wiederum
sehr zerbrechlich oder leblos anmutende Geschöpfe ins Bild. Sie
führt vor Augen, wie
malerische Schönheit auch Schreckensszenen darstellen kann. In
neuen, noch nie gezeigten Arbeiten befasst sie sich vermehrt mit
dem Verhältnis von Figur und Raum in ihren Bildern.
Ein seit ihrer Jugend eigen angelegtes Bildarchiv nutzt Dumas
als Ausgangslage für ihre Gemälde und Aquarelle. Oft bezieht sie
sich auf aktuelle Krisen und Ereignisse in der Gesellschaft, zu
ihrem Archiv gehören private Familienfotos, kunsthistorische
Vorlagen und Fotografien aus der Presse. Ausgehend von
dokumentarischen Fotografien aus Zeitungen und Magazinen
transformiert Dumas mit ihrer malerischen Geste das Abbild in
ein unheimliches, fesselndes und berührendes Bild auf der
Leinwand – was Stilllegung der Zeit in der Fotografie ist,
erweckt Dumas in ihrer Malerei zum Leben. Ihre Bilder strahlen
eine vereinnahmende, sinnliche Kraft aus, die den Betrachter in
ihren Bann ziehen.
Missing Picasso, 2013, Öl auf
Leinwand,,
175 x 87 cm, Courtesy Zeno X
Gallery, Antwerpen,
© Marlene Dumas, Foto: Peter Cox,
© 2015, ProLitteris, Zürich
Die Ausstellung in der Fondation Beyeler wurde in enger
Zusammenarbeit mit der Künstlerin geplant. Sie zeichnet anhand
einer groben chronologischen Ordnung ihren künstlerischen
Werdegang nach. Der Anfang der Ausstellung bildet dabei eine
Ausnahme und einen besonderen Auftakt. Im ersten Rau werden
Schlüsselwerke wie The Painter (1994), The Sleep of Reason
(2009) und The Artist and His Model (2013) gezeigt. Auf diese
Weise führt die Malerin die Besucher selbst durch die
Ausstellung, der Fokus liegt dabei auf der bis heute
ungebrochenen Faszination vom Bild des Menschen in der Malerei.
Marlene Dumas ist 1953 in der Nähe von Kapstadt (SA) geboren und
aufgewachsen. Sie lebt und arbeitet seit 1976 in den
Niederlanden. Ihre Werke sind in Museen, privaten und
öffentlichen Sammlungen weltweit vertreten. Zu den bedeutendsten
Ausstellungen der letzten Jahre gehören Präsentationen im Haus
der Kunst in München (2010/2011), im Museum of Contemporary Art,
L. A. und Museum of Modern Art, New York, USA (2008) und im
Marugame Genichiro-Inokuma Museum of Contemporary Art, Marugame,
Japan (2007). Dumas war an der DOCUMENTA IX, 1992 und an der
Biennale 1995 vertreten. 2012 wurde sie mit dem renommierten
Johannes Vermeer-Preis ausgezeichnet. Theodora Vischer, Senior
Curator der Fondation Beyeler, kuratiert die Ausstellung in der
Fondation Beyeler. Sie ist gemeinsam mit dem Stedelijk Museum in
Amsterdam und der Tate Modern in London organisiert worden,
wobei die Schwerpunkte der einzelnen Ausstellungsorte
unterschiedlich sind. Ein gemeinsamer Katalog in Deutsch und
Englisch ist bereits erhältlich.
Die Ausstellung »Marlene Dumas – The Image as Burden« wird
unterstützt durch: AMERICAN FRIENDS OF FONDATION BEYELER BAYER
HEALTHCARE BASEL, Mitzi und Warren Eisenberg, Susan und Leonard
Feinstein, Thomas Koerfer, Mondriaan Fund, Craig Robins und
Jackie Soffer
www.fondationbeyeler.ch
- v.l.n.r. Amy blue, 2011, 40,5 x
30 cm,
- The Painter, 1994, Öl auf Leinwand,200 x 100 cm, The Museum of
Modern Art, New York, partielle und zugesagte Schenkung von
Martin und Rebecca Eisenberg © Marlene Dumas, Foto: Peter Cox, ©
2015, ProLitteris, Zürich
- Genetiese Heimwee / Genetic Longing, 1984, Öl auf Leinwand,
130 x 110 cm, Van Abbemuseum, Eindhoven © Marlene Dumas, Foto:
Peter Cox, © 2015, ProLitteris, Zürich
The
Widow,
2013,
2
Teile,
Öl
auf
Leinwand,
150
x
140
cm
resp.
60
x
80
cm,
Defares
Collection, n©
Marlene
Dumas,
Foto:
Peter
Cox,
©
2015,
ProLitteris,
Zürich
Marlene Dumas – Zitate
I am an artist who uses secondhand images
and firsthand experiences
1993
Ich bin eine Künstlerin die
Bilder aus zweiter Hand verwendet und Erfahrungen aus erster
Hand
1993
It was film
that taught me the rules of imagination not reality
nor painting.
1997
Es war der Film
der mich die Regeln der Vorstellung lehrte nicht die
Wirklichkeit
nicht die Malerei
1997
My people were all shot by a camera, framed, before I painted
them.
1985
Auf alle meine Menschen wurde abgedrückt – klick,
und sie waren im Kasten, bevor ich sie malte
1985
Suspect
Looking at images does not lead us to the truth, It leads us
into temptation.
It’s not that a medium dies.
It’s all media have become suspect.
It’s not the artists‘ subject matter that’s under fire, but
their motivation that’s on trial.
Now that we know that images can mean Whatever, whoever wants
them to mean, we don’t trust anybody anymore, especially
ourselves.
2003
Suspect
Bilder zu betrachten führt uns nicht zur
Wahrheit,
es führt uns in Versuchung.
Es ist nicht so, dass ein Medium stirbt.
Es ist so, dass alle Medien suspekt geworden sind. Es ist nicht
so, dass die Inhalte der Künstler
unter Beschuss stehen,
doch ihre Motivation ist es, die auf dem
Prüfstand steht.
Jetzt, da wir wissen, dass Bilder was auch immer bedeuten
können,
wer immer ihnen Bedeutung gibt, trauen wir niemandem mehr,
besonders nicht uns selbst.
2003
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