Unterschiedliche Behandlung von amtlicher und freiwilliger Baulandumlegung ist
verfassungsgemäß in Bezug auf die Grunderwerbssteuer
Meldung: Bundesverfassungsgericht, Karlsruhe, den 30.
April 2015 |
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Es ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar, dass der
Übergang von Grundeigentum anlässlich einer amtlichen
Baulandumlegung von der Grunderwerbsteuer ausgenommen, im Rahmen
einer freiwilligen Baulandumlegung hingegen
grunderwerbsteuerpflichtig ist.
Dies hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit dem
am 30. April verkündeten Beschluss entschieden. Beide
Umlegungsarten weisen in städtebaulicher Hinsicht zwar eine
gleiche Zielrichtung auf, unterscheiden sich jedoch in ihrem
Verfahren und hinsichtlich der Freiwilligkeit der Teilnahme.
Diese Unterschiede sind von solchem Gewicht, dass der
Gesetzgeber die beiden Umlegungsarten im Hinblick auf den
Charakter der Grunderwerbsteuer als Rechtsverkehrsteuer
unterschiedlich behandeln darf. Die Entscheidung ist mit 6 : 2
Stimmen ergangen.
Sachverhalt und Verfahrensgang:
Durch eine Baulandumlegung wird der Zuschnitt von Grundstücken
neu geordnet, um eine plangerechte und zweckmäßige bauliche
Nutzung zu ermöglichen. Das Baugesetzbuch sieht hierfür in den
§§ 45 ff. ein - von der Gemeinde durchzuführendes - hoheitliches
Verfahren vor. Eine freiwillige Baulandumlegung kommt in
Betracht, wenn die Grundstückseigentümer bereit und in der Lage
sind, durch vertragliche Lösungen eine plangerechte
Grundstücksneuordnung herbeizuführen.
§ 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b des
Grunderwerbsteuergesetzes sieht für Eigentumsübergänge aufgrund von (amtlichen) Baulandumlegungen im Regelfall eine
Befreiung von der Grunderwerbsteuer vor; einen
vergleichbaren Befreiungstatbestand für freiwillige
Umlegungen gibt es hingegen nicht.
Im Zuge einer freiwilligen Baulandumlegung erwarben die
Beschwerdeführer Grundstücke von einer Gemeinde und übertrugen
Teilflächen ihnen gehörender Grundstücke auf diese. Das
zuständige Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer gegen die
Beschwerdeführer fest. Die hiergegen erhobenen Einsprüche und
Klagen blieben in allen Instanzen erfolglos.
Wesentliche Erwägungen des Senats:
Es verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art.
3 Abs. 1 GG, dass lediglich Grundstückserwerbe im amtlichen
Umlegungsverfahren nach den §§ 45 ff. BauGB von der
Grunderwerbsteuer ausgenommen sind, nicht aber Erwerbsvorgänge
anlässlich einer freiwilligen Umlegung.
Ausgangspunkt im Steuerrecht ist der Grundsatz der
Lastengleichheit. Der Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber
einen weit reichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der
Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des
Steuersatzes. Abweichungen von der mit der Wahl des
Steuergegenstandes einmal getroffenen Belastungsentscheidung
müssen sich indessen ihrerseits am Gleichheitssatz messen
lassen. Dabei steigen die Anforderungen an den
Rechtfertigungsgrund mit Umfang und Ausmaß der Abweichung.
Die Grunderwerbsteuer ist eine Rechtsverkehrsteuer; durch sie
wird die private Vermögensverwendung belastet. Anders als bei
der amtlichen Umlegung ist die Teilnahme an vertraglichen
Umlegungen grundsätzlich freiwillig.
Beide Umlegungsarten weisen danach in städtebaulicher Hinsicht
zwar eine gleiche Zielrichtung auf. Ihre Unterschiede bezüglich
des zugrunde liegenden Verfahrens und der Freiwilligkeit der
Teilnahme daran sind jedoch von solchem Gewicht, dass der
Gesetzgeber sie im Hinblick auf den Charakter der
Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer unterschiedlich behandeln
darf.
Die eingeholten Stellungnahmen haben nicht ergeben, dass
freiwillige und amtliche Umlegungen in der kommunalen Praxis als
beliebig austauschbar behandelt werden und deshalb keine
Differenzierung gerechtfertigt ist. Sie werden offenbar vielmehr
als Instrumente der Bodenordnung mit deutlich unterschiedlichem
Rechtscharakter und dementsprechend je eigenen Vor- und
Nachteilen wahrgenommen und nach Maßgabe der örtlichen
Grundstücks- und Eigentumsstrukturen bewusst eingesetzt. So wird
die freiwillige Umlegung nach den insoweit weitgehend
übereinstimmenden Angaben in aller Regel nur bei absehbar
konsensual zu lösenden Verteilungsfragen in Betracht gezogen.
Das Scheitern einer freiwilligen Umlegung führt keineswegs immer
und selbstverständlich zu einer amtlichen Umlegung.
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