Ein Reißverschluss aus Hautzellen. Das
Elektronenmikroskop gibt faszinierende Einblicke in die Fusion
von Zellen
Meldung:Goethe-Uni
Frankfurt, den 21. 04. 2015 |
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Jede
Wunde muß sich schließen, damit Mensch und Tier nicht verbluten oder
sich eine
Infektion zuziehen. Wie die Hautzellen die offenen Stellen in der Haut
verschließen, war über viele Jahre nicht bekannt. Wissenschaftler der
Goethe Universität Frankfurt haben zusammen mit Kollegen des European Molecular Biology Laboratory (EMBL) und der Universität Zürich die
Fusion der Hautzellen auf molekularer Ebene untersucht. Sie verhalten
sich dabei wie ein molekularer Reißverschluss, berichten die Forscher in
der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature Cell Biology”.
Als Modellsystem wählten Mikhail Eltsov und Kollegen Embryonen von
Fruchtfliegen. Ähnlich wie der Mensch, haben diese während ihrer
Entwicklung auf ihrem Rücken eine große Hautöffnung, die sie schließen
müssen, um weiter wachsen zu können. Den Prozess nennt man „zipping”, da
die zwei Seiten der Haut ähnlich wie ein Reißverschluss geschlossen
werden.
Um zu erforschen, wie der Hautverschluss genau vor sich geht,
verwendeten die Wissenschaftler eines der besten Elektronenmikroskope.
„Mit unserem Elektronenmikroskop können wir die molekularen Komponenten
in der Zelle sehen. Sie arbeiten wie kleine Maschinen daran, die Haut zu
verschließen. Aus einem Abstand betrachtet sieht es aus, als ob die
Hautzellen einfach miteinander verschmelzen; wenn wir aber hinein
zoomen, wird deutlich, dass Zell-Membranen, molekulare Maschinen und
andere zelluläre Komponenten beteiligt sind”, erklärt Mikhail Eltsov von
der Goethe-Universität.
„Man benötigt ein sehr hoch aufgelöstes Bild des Vorgangs, um dieses
Heilungsorchester sichtbar zu machen. Wir haben zu diesem Zweck eine
enorme Anzahl von Daten aufgenommen, weit mehr, als bei allen bisherigen
Studien”, sagt Mikhail Eltsov.
Als erstes beobachteten die Forscher, dass Zellen ihre gegenüber
liegenden Nachbarn aufspüren. Haben sie ihn gefunden, entwickeln sie als
nächstes einen molekularen Klettverschluss (eine Adhäsionsverbindung),
die sie fest mit dem
Gegenüber verbindet. Die neue und unerwartete Entdeckung dieser Studie
war, dass kleine Protein-Röhrchen in der Zelle, die Mikrotubuli, sich an
den molekularen Klettverschluss heften und anschließend selbst auflösen.
Das führt dazu, dass sich die gesamte Haut zum Wundbereich hin zieht und
sich über die offene Hautstelle ausbreitet wie eine Decke.
Damian Brunner, der das Team an der Universität Zürich leitete, hat
viele Untersuchungen mit genetisch veränderten Fruchtfliegen gemacht, um
herauszufinden, welche Komponenten an dem Verschluss der Hautöffnung
beteiligt sind. Zur großen Überraschung der Wissenschaftler bilden
Mikrotubuli, die an der Zellteilung beteiligt sind, das Hauptgerüst für
das „zipping”. Das deutet darauf hin, dass es sich um einen von der
Evolution konservierten Mechanismus handelt.
„Sehr erstaunlich war auch die enorme Plastizität der Membranen bei
diesem Vorgang, die zur schnellen Heilung der Hautöffnung beitrug. Wenn
fünf bis zehn Zellen ihren entsprechenden Nachbarn gefunden haben, sieht
die Wunde bereits verschlossen aus”, sagt Achilleas Frangakis von der
Goethe Universität Frankfurt, der wissenschaftliche Leiter der Studie.
Die Wissenschaftler hoffen, dass diese Studie neue Wege für das
Verständnis der epithelialen Plastizität eröffnen wird. Für sie ist es
auch von Interesse, die strukturelle Organisation der
Adhäsionsverbindungen zu verstehen. Dafür erhielten sie bereits einen
ERC starting grant des Europäischen Forschungsrats.
Publikation:
Eltsov, Dubé, Yu, Pasakarnis, Haselmann-Weiss, Brunner und Frangakis:
Quantitative analysis of cytoskeletal reorganisation during epithelial
tissue sealing by large-volume electron tomography, in: Nature Cell
Biology DOI 10.1038/ncb3159.
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