Zum Tod von Walter Haubrich

Meldung: Walter Frey, Edition Tranvia, Berlin, den 11. 04. 2015                                                                                         

  Foto: (c) Magnetiq/ Wikipedia

Am Ostermontag, den 6. April 2015, ist der Journalist Walter Haubrich im Alter von 79 Jahren in Madrid verstorben. 33 Jahre lang, von 1969 bis 2002, war Walter Haubrich Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in Spanien.

 

Diese Zeitspanne gibt einen Hinweis auf das Außergewöhnliche der Persönlichkeit Walter Haubrichs: Denn nur äußerst selten bleiben Auslandskorrespondenten so lange für ihre Zeitung in ein und demselben Land. Und die ersten zwölf Jahre, die Haubrich in Madrid verbrachte, umfassten das Ende des Franco-Regimes und den Übergang Spaniens von der Diktatur zur Demokratie – und damit nahm er unmittelbar teil an der, politisch betrachtet, wichtigsten Zeit in der jüngeren spanischen Geschichte.

Walter Haubrich, 1935 im Westerwald geboren, hat als FAZ-Korrespondent mit seinen Tausenden von Zeitungsartikeln dazu beigetragen, dass die Opposition gegen Franco – und zwar über alle Partei- und ideologischen Grenzen hinweg – in Deutschland Gehör fand. Das war eine in ihrer Bedeutung nicht zu überschätzende Unterstützung der antifranquistischen Opposition in Spanien.

Haubrich hat mit seinen Berichten über die Repressalien, die Folter, die terroristischen Gerichtsverfahren des Franco-Regimes die deutsche Öffentlichkeit für die Lage in Spanien sensibilisiert, obwohl – oder man muss wohl eher sagen: gerade weil – er für die damals noch stark konservative FAZ schrieb. Darüber waren viele erstaunt. Die ehemalige Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul z.B. erinnerte sich 2006 bei einer Veranstaltung zu Ehren von Walter Haubrich im Berliner Instituto Cervantes, wie sie um 1970, als linke Juso-Politikerin, von Haubrichs Berichten überrascht war: „Und das in dieser Zeitung!“

In der Tat verstand sich Walter Haubrich als Linker, und so veröffentlichte er auch Beiträge in linken Zeitschriften wie etwa dem Kursbuch. Aus seiner Bekanntschaft und gegebenenfalls auch Freundschaft mit spanischen Oppositionellen gegen die Franco-Diktatur machte er kein Geheimnis.

Doch sein journalistisches Arbeitsfeld war nicht nur Spanien, auch Portugal und Lateinamerika gehörten dazu. Insbesondere Kuba, Peru, Bolivien, Chile und Argentinien bereiste er regelmäßig. Er war mit der Politik dieser Regionen vertraut und – als Romanist – vor allem auch mit der spanischsprachigen Literatur und Kultur: Zur Bekanntheit von Juan Goytisolo, Gabriel García Márquez, Mario Vargas Llosa und vielen anderen hat er hierzulande bereits sehr früh Wesentliches beigetragen.

Walter Haubrich war auf seine ganz besondere Art und Weise ein „Botschafter“ Spaniens in Deutschland. Während der Franco-Diktatur war es vor allem das „andere“ Spanien, dem in seinen Zeitungsartikeln ganz unverkennbar seine Sympathie galt. Mit seinem Tod verlieren wir einen engagierten Journalisten und einen der besten deutschsprachigen Kenner der spanischen Gegenwart.
 

In der edition tranvía liegen in fünf Bänden die Zeitungsartikel vor, die Walter Haubrich in den Jahren 1973 bis 1982 über die spanische transición geschrieben hat: „Spaniens schwieriger Weg in die Freiheit. Von der Diktatur zur Demokratie“.

 

www.tranvia.de

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 12. April 2015