Dauer der Ausstellung bis 31. Mai

 Slow Return. John Skoog im MMK1 in Frankfurt

  Meldung: Museum für Moderne Kunst Frankfurt

  Schenkung der Baloise Group über drei Werke des schwedischen Künstlers.

Skoog ist diesjähriger Preisträger des renommierten Baloise Kunst-Preises, der seit 1999 jedes Jahr jungen Künstlerinnen und Künstlern verliehen wird. In diesem Rahmen werden dessen Arbeiten in einer Ausstellung in zwei bedeutenden europäischen Museen – in diesem Jahr dem mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien und dem MMK Museum für Moderne Kunst präsentiert und ein Ankauf für die Museumssammlungen finanziert.

 

Nachdenklichkeit erzeugt die Ausstellung. welche Ideen jemand hat und diese auch noch umsetzt angeblich zum Wohl der Bevölkerung. Das soziale Engagement ist eine Eigenschaft, die den Schweden hoch angerechnet werden kann. Einen Schutzkunker bauen erfordert einiges an Kenntnissen, wie so ein Gebäude funktioniert. Das können ja nicht nur dicke Wände sein, die vor der Außenwelt abschotten. Im Videobeitrag ist hauptsächlich die zerfallene Außenfassade zu sehen, die langsam und in Schritten in einer Kameradrehung umfahren wird. Nach der ersten Hausecke ist dann Schluss. Dauer des Videos etwa 10 Minuten.

 

Welche Beweggründe den Erbauer erwogen haben, dieses Solitär in die Landschaft zu stellen, bleibt geheimnisvoll auch nach dem Video von John Skoog. Die Nachbarn kommen zu Wort, in englischer Sprache untertitelt. Geradezu kryptisch wirken die Ausführungen zum Bau, was nicht ohne Tragik beschrieben wird. Über die Dimension des Bauwerks ist im Video nicht viel zu erfahren. Zuweilen entsteht der Eindruck, es handele sich um den rohen Fels einer Steilwand, dann wieder entsteht der Eindruck eines gewöhnlichen Wohnhauses. Die Kameradrehung verwandelt die Gestalt des Gebäudes. Das ist wie eine künstlerische Arbeit bei Anselm Kiefer, figurativ und monumental, naturbelassene Äcker mit Unterbrechungen und langen Fluchten, die Anklage gegen den Krieg erheben.

 

Argwöhnische Vorausschau auf kriegerisch gesinnte Umstände sollen nach Angaben der Nachbarn in der schwedischen Ortschaft dann ein Beweggrund des Erbauers gewesen sein. Der Künstler Skoog ist nur Berichterstatter und Übersetzer, der die Erinnerungen transformiert. In die Fassade eingelassen sind verschiedene Materialien wie erodierendes Eisen, Kabel, Rohre und andere Installationselemente, deren Sinn und Zweck nicht mehr ohne weiteres verstehbar ist. Der Eindruck der künstlerischen Arbeit wird hierdurch erhöht. Ruine und Relikt, beides ist richtig in Bezug auf den Bau. Über Behaglichkeit wird im Video nicht gesprochen. Eisenträger ragen an den Außenwänden in gleichen Abständen heraus, weisen damit auf eine bauliche Situation. Überdachung, Überbrückung die Bedeutung bleibt aus.

 

„In mehrfacher Hinsicht ist dieses Modell der Kooperation eine fruchtbare Win-Win-Situation. Der Künstler erhält eine Einzelausstellung in einem renommierten Museum, und das Museum kann seine Sammlung um eine bedeutende zeitgenössische Position erweitern“, sagt MMK Direktorin Dr. Susanne Gaensheimer. Etwas pragmatisch, was die Direktorin des MMK hierzu sagt, so als ginge es nur darum Gewinne zu machen. Fakt ist, der Absolvent der Frankfurter Städelschule John Skoog (*1985 in Malmö, Schweden) wurde für seine künstlerische Arbeit, einer Videoinstallation „Reduit (Redoubt)“ aus dem Jahr 2014 ausgezeichnet, zu sehen in einer raumgreifenden Installation.

 

John Skoogs filmische Arbeiten verbinden dokumentarische Recherche und präzise Realitätsbeobachtung mit subtiler Poesie. Sie machen Hintergründe und Abgründe des Alltags erfahrbar und beziehen sich auf gesellschaftliche wie historische Umfelder.

 

Der im MMK 1 präsentierte Film „Reduit (Redoubt)“ auf großer Leinwand kreist um ein Relikt aus der Zeit des Kalten Krieges in Schweden: Zu sehen ist ein verfallenes Gebäude, das Skoog mit seiner Kamera in Nahsicht abtastet und erkundet. Alarmiert durch staatliche Broschüren zur drohenden Kriegsgefahr begann Karl-Göran Persson sein kleines Haus im Süden Schwedens mit Zement und gefundenen Materialien auszubauen. Skoog kombiniert das filmische Material mit einer Collage von Stimmen, indem er die Bilder um die kollektive Erinnerung der Nachbarn erweitert.

   Foto (c) Kulturexpress

In der Ausstellung bildet dieses Werk mit zwei weiteren Filmen „Sent på Jorden“ (Spät auf Erden) von 2011 und „Förår" von 2012 eine Trilogie. Neben der Geschichte der bäuerlichen Festung spielt der Wechsel der Jahreszeiten als Rahmenthema einer ländlichen Gesellschaft und ihrer jugendlichen Protagonisten im Aufbruch eine zentrale Rolle.  Auf Wunsch des Künstlers wird eine Arbeit der amerikanischen Künstlerin Laurie Parsons aus der Sammlung des MMK in die Ausstellung integriert. „Pieces" aus dem Jahr 1989 besteht aus einer Vielzahl gefundener Materialien, die unmittelbar auf dem Boden verteilt werden. In der Geste, gesammelte Überreste zu einem Werk zu verbinden, finden sich Parallelen im Werk von John Skoog, insbesondere in „Reduit (Redoubt)". Des weiteren ist in der Ausstellung eine Fotografie zu sehen, die als Künstlerschenkung in die Sammlung des MMK übergeht. Die Ausstellung wird vom 26. Juni bis zum 20. September 2015 im mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien zu sehen sein.

 

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 04. April 2015