Vorstandschef Dekkers gab zur Jahresbilanz des Verbandes der Chemischen Industrie nicht nur positive Wachstumssignale aus. Eine rasche Belebung für 2015 sei nicht zu erwarten

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Wie ein Blick durchs Schlüsselloch, der neue Verbandsvorsitzende Dekkers blickt in die Kamera des Fotografen. Was er zu melden hat, unterscheidet sich vom sonstigen Kommentar des VCI. Meist sind es Wachstumszahlen und Steigerungsraten, wie sich das für gut gehende Industriesparten gehört. Doch der Niederländer sprach in einem anderen Ton als gewohnt. Die Chemie ist für die Rhein-Main-Region von elementarer Bedeutung, auch was den hiesigen Arbeitsmarkt betrifft. Wachstum moderat, ist deshalb eine etwas verhaltene Äußerung. Bei Betrachtung der wirtschaftlichen Zahlen und Bilanzen vom 08. Dez. 2014 wird verständlich warum.

 

Preise

Die Chemieproduktion stieg im Jahr 2014 nur um 1,5 Prozent. Europa konnte sich von der Rezension zwar erholen, viele Schwellenländer enttäuschten jedoch mit niedrigem Wachstum. Größter Kunde ist die verarbeitende Industrie, die im zweiten Quartal einen konjunkturellen Dämpfer hinnehmen musste. Die Nachfrage nach Chemikalien wuchs weniger als gedacht, die Kapazitäten waren nur zu 84,5 Prozent ausgelastet. Bei geringer Auslastung der Kapazitäten in der chemischen Industrie ist Kurzarbeit die Folge.

 

Die Herstellung von Petrochemikalien ist um 2,5 Prozent gesunken. Noch schlechter entwickelte sich das Geschäft mit anorganischen Grundstoffen. Die Produktion von Industriegasen, Düngemittel und anderen anorganischen Grundstoffen sank um 4,5 Prozent.

 

Währendem belebten sich die Geschäfte mit Fein-- und Spezialchemikalien im Jahresverlauf. Im Vergleich zu 2013 ergab sich für dieses Segment in 2014 ein Produktionsplus von 4 Prozent. Das Pharmageschäft stieg im Jahresverlauf 2014 auf 5,5 Prozent.

 

Obwohl sich der Rohölpreis im Jahresverlauf um rund 10 Prozent verbilligte, fiel diese Entlastung durch die Entwertung des Euro gegenüber dem Dollar wieder ein. Rohbenzin verbilligte sich daher nur um 2 Prozent.

 

Umsatz

Aufgrund der rückläufigen Preise konnte die chemische Industrie ihren Gesamtumsatz mit insgesamt 193,3 Mrd. Euro nur um 1,5 Prozent steigern gegenüber dem Vorjahr 2013. Während der Inlandsumsatz im gleichen Zeitraum um 2 Prozent auf 77,8 Mrd. Euro stieg. Der Auslandsumsatz erhöhte sich um 1 Prozent auf 115,8 Mrd. Euro.

 

Direkte Auswirkungen der Russland-Ukraine Krise auf die deutsche Chemie halten sich bisher in Grenzen, sagte Marijn Dekkers am 8. Dezember. Zwar seien die Chemie- und Pharmaexporte 2014 in die Region stark rückläufig, Russland  habe minus 6 Prozent, Ukraine minus 20 Prozent erreicht. Insgesamt stehen diese beiden Länder aber nur für rund 4 Prozent der deutschen Chemieexporte. Der Anteil der Ukraine mit 0,7 Prozent ist deutlich kleiner als der Russlands mit 3,3 Prozent. Minus 5,5 Prozent erbrachten die Umsätze in Lateinamerika und Asien liegt bei minus 1,5 Prozent.

 

Chemiekapital wächst in anderen Ländern deutlich stärker als in der EU und in Deutschland. Durchschnittliches Wachstum nach Ländern in Prozent, 2008 - 2013. Vorreiter sind China 15,9 Prozent und USA mit 14, 5 Prozent. Dann folgt Brasilien 4,3 Prozent; Indien 4,0 Prozent. In den Minusbereichen Deutschland minus 0,8 Prozent; EU minus 2,2 Prozent; und Japan minus 3,1 Prozent.

 

Moderater Zuwachs in 2015

Das bedeutet für 2015 ein Zuwachs von 1,5 Prozent. Die Erzeugerpreise dürften leicht sinken, um minus 0,5 Prozent. Der Branchenumsatz soll dann auf 196,5 Mrd. Euro steigen. Auch die Beschäftigungszahlen sollen stabil bleiben. Diese konnten in 2014 einen leichten Zuwachs verzeichnen. In der chemischen Industrie in Deutschland sind aktuell 442.500 Mitarbeiter beschäftigt.

 

Handlungsempfehlungen

die Innovationsfähigkeit der Unternehmen stärken und für bezahlbare Energie sorgen. Von erneuerbaren Energien war hier keine Rede, wie das Thema ökologisches Denken immer noch ein Dorn im Auge der chemischen Industrie zu sein scheint. Die Frage ist, was hier Abhilfe schaffen könnte. Denn ein Konflikt zwischen Interessen der chemischen Industrie und der Energiepolitik innerhalb der Bundesregierung wird unausweichlich fortbestehen. Die Energiewende habe zu Kostensteigerungen geführt, heißt es. Die minimale Verringerung der EEG Umlage bleibe nur ein kleiner Trost. Dekkers plädiert deshalb für einen Strategiewechsel in der deutschen Energie- und Klimapolitik. Ein politischer Alleingang scheint kaum sinnvoll. Mit der geplanten Minderung der Treibhausgase bis 2030 von minus 40 Prozent hat sich die EU ein hohes Ziel gesetzt. Die chemische Industrie akzeptiere die politischen Vorgaben, sei gleichwohl an einer Umverteilung der Lasten zugunsten des Verbandes interessiert. Als Bereiche der Umverteilung, die es stärker zu belasten gelte, nannte er Wohnen und Verkehr. 

 

Der Verband der Chemischen Industrie hatte Dr. Marijn E. Dekkers am 26. September 2014 in Frankfurt a/M zum VCI-Präsidenten gewählt. Dekkers ist Vorsitzender des Vorstands der Bayer AG, in Leverkusen, und gehört seit 2011 dem Präsidium des Verbandes an. Die Amtszeit begann am 27. September 2014 und währt satzungsgemäß zwei Jahre bis zur Mitgliederversammlung 2016.

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 01. Januar 2015