Der Entwurf des Historischen Museum in Frankfurt nimmt zusehends bauliche Formen an

© Foto: Rainer Rüffer; Meldung: Presseinfo der Stadt Frankfurt a/M, den 10. 12.. 2014

Am 17. Dezember wird das Richtfest im Rohbau des neu errichteten Historischen Museum gefeiert. Die Bauleute erleben damit einen ersten baulichen Höhepunkt. Auch die Mitarbeiter vom Hochbauamt der Stadt sind beteiligt, die das Projekt im Namen des Kulturamts fachlich managen.

 

Dass die Baustelle läuft, dass die Kosten eingehalten werden und auch die Vorgaben, dafür sind beim Neubau des Historischen Museums Elisabeth Heiner, Jörg Winkler und Harald Heußer vom Hochbauamt verantwortlich. Als Architekten sind sie die fachlichen Vertreter des Bauherren, also des Kulturamts, und steuern das Projekt von der Wettbewerbsauslobung, über Grundsteinlegung und Richtfest bis zur Fertigstellung. Mindestens einmal in der Woche sind sie auf der Baustelle unterwegs. Regelmäßig treffen sie sich mit den Planern und Bauleitern des Stuttgarter Architekturbüros Lederer Ragnarsdóttir Oei und den Mitarbeitern der Baufirmen zu Besprechungen.

Im Baubüro direkt gegenüber der Großbaustelle steht der große Besprechungstisch, dazu Kisten mit Helmen und Sicherheitswesten, an der Wand hängen Pläne voll mit Zeitstrahlen. Der Einbau der Fenster, der Haustechnik, der Beginn des Innenausbaus, der Abbau des Baukrans – alles ist hier festgehalten. Erst wenn man ganz nah an die Pläne herantritt, kann man erkennen, dass es sich bei den Zeitstrahlen nicht um schwarze Striche handelt, sondern im Buchstaben. So klein ist die Schrift, mit der die einzelnen Schritte vermerkt sind. Der Neubau am Römerberg ist ein Mammutprojekt mit Aufgaben, die sich kaum aufzählen lassen.

 

Das neue Historische Museum soll ein zentraler Ort für die Bürger und Besucher, für Geschichte und Kultur sein. Nötig geworden war der Neubau, weil das alte Betongebäude aus dem Jahr 1972 nicht mehr dem vorbeugenden Brandschutz und den energetischen Vorschriften entsprach. Auch aus museografischer Sicht war das alte Haus in die Jahre gekommen. „Den Betonbau aufzuhübschen und ihn energetisch aufzuwerten wäre kaum günstiger gewesen“, erklärt Harald Heußer. Im Jahr 2007 lobte die Stadt den Wettbewerb aus, den das Büro Lederer Ragnarsdóttir Oei gewann. Nach öffentlicher Debatte und mehreren Entwurfsoptimierungen stimmten Magistrat und Stadtverordnete Dezember 2008 dem Vorhaben zu.

 

„Bei dem Projekt geht auch um Stadtreparatur“, sagt Harald Heußer. Und Jörg Winkler ergänzt: „Der neue Entwurf nimmt alte Strukturen auf.“ Das Modell im Baubüro zeigt es: Direkt neben der Nikolaikirche strecken sich zwei lange Gebäudeteile gen Osten, durch zwei Untergeschosse sind sie mit dem historischen Teil des Museums – Saalhofkapelle, Bernuspalais, Burnitzbau und Rententurm – verbunden. Zwischen Neu- und Altbau entsteht ein Platz, der den historischen Verlauf der Saalgasse aufnimmt. Lederer Ragnarsdóttir Oei vereinen in ihrem Entwurf moderne Architektur mit historischen Materialien. Über Wänden und Bauteilen aus Beton spannt sich ein für Frankfurt typisches spitzes, mit Schiefer gedecktes Doppelsatteldach. Das gesamte Gebäude erhält eine Fassade aus Buntsandstein und einen Basaltsockel – auch dies ist typisch.

 

„Es geht nicht nur um Optik, sondern auch um Haptik“, sagt Jörg Winkler und erklärt, einen roten Musterstein in der Hand haltend, die Besonderheiten der Fassade. Sie soll nicht nur schön aussehen, sie soll auch eine Wertigkeit haben, sich gut anfassen. Sie wird gemauert, was deutlich aufwendiger ist, als sie wie heute üblich vorzuhängen. Um dennoch im vorgegebenen Kostenrahmen zu bleiben, werden Steinformat und Oberflächenbearbeitung ständig optimiert. Winkler und Kollegen ließen ein Dutzend Sandsteinmuster anfertigen, eine Testmauer aufbauen, um sich für ein Fugenbild und ein Format zu entscheiden. Handwerkskunst mit Wirtschaftlichkeit vereinen und dabei den Kostenplan nicht aus den Augen verlieren – anhand der Fassadenfrage lässt sich die Arbeit von Jörg Winkler und seinen Kollegen exemplarisch beschreiben.

 

Immer eine Lösung zu finden, das sei die Aufgabe des Teams vom Hochbauamt. „Geht nicht darf nicht passieren“, sagt Harald Heußer. Auch nicht, wenn man wie Elisabeth Heiner die Realisierung eines Prototyps managt. Im Team ist sie unter anderem zuständig, dass die Ausstellungsgestaltung des Museums vom Konzept in die Realität umgesetzt wird. Die holländischen Gestalter haben fürs neue Haus mit der sogenannten Schneekugel ein neues schnelles Ausstellungsformat entwickelt: In einer Rotunde im Untergeschoss, die bereits vom Museumsplatz durch eine verglaste Aussparung im Boden zu sehen sein wird, sollen Modelle, die typische Frankfurter Szenen zeigen, auf einem beweglichen Teller auf- und abgetragen werden. Auf Knopfdruck der Besucher, von einem Industrieroboter, der unter der Schneekugel sitzt. Um die Planungen zu steuern, muss Elisabeth Heiner tief in die Licht- und Medientechnik einsteigen sowie sich mit dem Roboter selbst beschäftigen. „Ein komplexes Format“, sagt die Architektin.

 

Komplex wie jeder kleine Schritt beim Neubau des Museums. „Wie alle Gebäude ist es ein Prototyp“, sagt Jörg Winkler. „Ungeplantes erlebt man auf jeder Baustelle.“ Einen Sensationsfund wie den des staufischen Hafens, da sind sich Jörg Winkler, Harald Heußer und Elisabeth Heiner sicher, wird es an der Baustelle am Römerberg nicht mehr geben. Jetzt, wo der Adrenalinspiegel wieder normal ist, seien alle froh über den Fund. „Er ist das größte Exponat des Hauses“, meint Harald Heußer.

 

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 11. Dezember 2014