Meldung:Städel Museum, Frankfurt a/M, den
10.11.2014 |
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„Russisches Mädchen mit Puderdose“ (1928), Öl auf
Holz, 31,7 x 41 cm, erworben aus dem Besitz der schwedischen
Gemeinde Nybro |
Das Städel Museum erweitert seinen Sammlungsbestand der
Kunst der Moderne um eine wichtige Arbeit von Lotte Laserstein
(1898–1993). Damit ist das Städel das erste öffentliche Museum in
Deutschland außerhalb Berlins, das ein Werk dieser Künstlerin erworben
hat.
Laserstein studierte an der Berliner Kunstakademie und wurde dort 1925
mit der Goldmedaille ausgezeichnet. Ihre erste Einzelausstellung hatte
sie 1931 in der renommierten Berliner Galerie von Fritz Gurlitt. Die
einsetzende Karriere wurde durch den Nationalsozialismus jäh beendet.
1937 sah sich die Künstlerin aufgrund ihrer jüdischen Herkunft
gezwungen, nach Schweden zu emigrieren, wo sie bis zu ihrem Tod 1993
lebte. Das Gemälde Russisches Mädchen mit Puderdose (1928) nahm die
Künstlerin mit ins schwedische Exil. Ab 1954 wohnte sie in der
südschwedischen Stadt Kalmar nahe Nybro. Das Ölgemälde ergänzt in der
Städelschen Sammlung hervorragend den Bestand der Malerei der Weimarer
Zeit und kann Arbeiten von Otto Dix, Maximilian Klewer, Ottilie
Roederstein oder Karl Hubbuch an die Seite gestellt werden. Die im
Werkverzeichnis der Künstlerin aufgeführte Arbeit wurde zuletzt 2005 in
der Ausstellung „Sternverdunkelung“ im Judiska Museet (Stockholm)
gezeigt und befindet sich in einem ausgezeichneten Zustand. Das Werk ist
ab sofort in der Sammlungspräsentation „Kunst der Moderne“ im Städel
Museum zu sehen.
„Nach mehrjährigen Bemühungen ist es uns gelungen, ein Hauptwerk von
Lotte Laserstein für die Städelsche Sammlung zu sichern und unserem
Publikum damit eine wichtige Protagonistin der Neuen Sachlichkeit
zugänglich zu machen. Diesen Bereich der Kunstgeschichte konnten wir in
den letzten Jahren dank einer Reihe von zentralen Erwerbungen
signifikant ausbauen“, freut sich Max Hollein, Direktor des Städel
Museums.
Ihre eindrucksvollsten Werke schuf Lotte Laserstein Ende der
1920er-Jahre und in den frühen 1930er-Jahren. Virtuos setzte sie
Menschen der Zwischenkriegszeit ins Bild. Dabei zeichnen Kargheit,
Melancholie und Modernität Lotte Lasersteins Darstellungen aus. In
Hinblick auf Themen und Grundhaltung ihrer Werke deckt sich Lasersteins
Ansatz mit demjenigen der Neuen Sachlichkeit, zugleich ist ihr Malstil
weder objektivierend unterkühlt noch gesellschaftskritisch überzeichnet,
wie es für diese Kunstrichtung charakteristisch ist. Lotte Laserstein
schuf zahlreiche Porträts, in denen sie verschiedene zeitgenössische
Frauentypen festhielt. Bei dem Gemälde Russisches Mädchen mit Puderdose
handelt es sich um ein Hauptwerk der Künstlerin, welches ihre
Formensprache und Modernität eindrücklich zur Geltung bringt. Es zeigt
ein junges, modisch gekleidetes Mädchen mit einem für die Zeit
typischen, burschikosen Haarschnitt. Die Dargestellte begutachtet ihre
Frisur mithilfe einer Puderdose in einem großen Spiegel. Die flächige
Malweise des Hintergrundes, der Kleidung und des Spiegels kontrastiert
mit den präzise ausgeführten Details der Hände und des Gesichts.
Effektvoll bedient sich Laserstein ästhetischer Stilmittel wie
farblicher Hell-Dunkel-Kontraste und Frontalansicht.
1928 nahm Laserstein mit Russisches Mädchen mit Puderdose an dem
Wettbewerb „Das schönste deutsche Frauenporträt“ teil, das unter 365
Werken für die Endrunde nominiert wurde. Die 26 ausgewählten Gemälde
wurden in der Galerie Gurlitt ausgestellt und von einem breiten Publikum
begeistert aufgenommen.
Aus eigener Initiative heraus hat das Frankfurter Museum Russisches
Mädchen mit Puderdose aus dem Besitz der schwedischen Gemeinde Nybro
erworben. Das Gemälde wurde in den 1970er-Jahren von einem Altersheim in
Nybro von der Künstlerin angekauft. Die Gemeinde hatte das Altersheim –
und mit ihm auch das Gemälde – in den 1990er-Jahren übernommen. Die
Mittel des Ankaufs fließen vollständig in den Kulturetat der 20.000
Einwohner zählenden Gemeinde; unter anderem soll damit ein Mahnmal gegen
Rassismus errichtet werden.
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