Meldung :VitraDesign,
Weil am Rhein, den
04. 11. 2014 |
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Der
Architekturkritiker Sigfried Giedion nannte ihn den »Magus des Nordens«:
Alvar Aalto (1898--1976) ist der bekannteste finnische Gestalter seiner
Generation und einer der wichtigsten Vertreter einer »humanen« Moderne
in der Architektur.
Seine Gebäude, wie etwa das Paimio Sanatorium (1933) oder die Villa
Mairea (1939), verkörpern ein meisterhaftes Zusammenspiel organischer
Räume, Formen und Materialien. Aaltos Paimio-Stuhl (1931--1932) und sein
Hocker Stool 60 (1933) sind Meilensteine in der Entwicklung moderner
Möbel, seine Savoy Vase (1936) ist bis heute das Symbol finnischen
Designs. Mit »Alvar Aalto -- Second Nature« zeigt das Vitra Design
Museum eine umfassende Retrospektive über den großen finnischen
Architekten und enthüllt neue Aspekte seines Werks.
Aaltos Affinität zur organischen Form führt die Ausstellung auf einen
engen Dialog mit bedeutenden Künstlern seiner Zeit zurück, darunter
László Moholy-Nagy, Jean Arp, Alexander Calder oder Fernand Léger.
Arbeiten dieser und anderer Künstler werden den Werken Aaltos
gegenübergestellt und unterstreichen dessen Bedeutung als Schlüsselfigur
der modernen Avantgarde. Aalto wird als Kosmopolit mit starkem Interesse
an Kunst, Theater und Medien porträtiert, er selbst bezeichnete sich als
»chef d’orchestre«, der alle Kunstformen zu einem harmonierenden,
symphonischen Ganzen verband. Auf diese Weise entstanden Lebensräume von
warmer, organischer Qualität, geprägt von einer eindrucksvollen
Kombination aus Volumen und Baumaterialien, terrassierten Fußböden und
Decken und einer Choreographie aus natürlichem und künstlichem Licht:
eine Architektur, die Inspirationen aus Kunst und natürlichen Formen in
eine »zweite Natur« für den modernen Menschen verwandelte.
Besonders eindrucksvoll erlebbar ist dieser Ansatz in Bauten wie der
Bücherei in Vyborg (1927-1935), aber auch in Großprojekten wie etwa dem
Kulturzentrum Wolfsburg (1958-1962). Von Türklinken über Lichtelemente
bis zu Einbaumöbeln entwarf Aalto oftmals auch die kleinsten Details für
die von ihm gestalteten Innenräume. 1935 gründete er, gemeinsam mit
seiner Frau Aino und zwei weiteren Mitstreitern, die Firma Artek. Diese
war sowohl als internationaler Möbelproduzent als auch als Galerie
gedacht. Schnell entfaltete sie -- in Aaltos eigenen Worten -- »mundiale
Aktivitäten« und wurde zu einer angesehenen Adresse der internationalen
Avantgarde.
Der Erfolg von Artek zeugte von Aaltos weltweitem Netzwerk, das ihm
Einfluss in sozialen und politischen Debatten verschaffte und in der
Nachkriegszeit zu Aufträgen in Ländern wie Italien, Frankreich, der
Schweiz, Deutschland und den USA führte. In dieser Zeit entstanden so
unterschiedliche Projekte wie ein System des standardisierten und
vorgefertigten Wohnungsbaus in Finnland oder ein Wohnblock im Berliner
Hansaviertel anlässlich der Internationalen Bauausstellung »Interbau«
1957. Höhepunkt des Spätwerks wiederum waren Großprojekte wie die
Finlandia Hall in Helsinki (1975), die nur ein Jahr vor seinem Tod
vollendet wurde, und das Essener Opernhaus, welches posthum verwirklicht
und 1988 eröffnet wurde.
Insgesamt schuf Aalto zwischen den 1920er und 1970er Jahren über 400
Gebäude sowie dutzende Möbel, Glasobjekte und Leuchten. Die Ausstellung
»Alvar Aalto -- Second Nature« gibt einen umfassenden Überblick über
Aaltos Leben und seine wichtigsten Projekte, lenkt den Blick aber auch
auf weniger bekannte Projekte wie das Experimental House in Muuratsalo
(1952-1953), dessen außergewöhnliche Kombination verschiedenster
Baumaterialien wie eine Architekturcollage des 21. Jahrhunderts anmutet.
Unter den Exponaten sind historische Architekturmodelle,
Originalzeichnungen, Möbel, Leuchten und Glasobjekte, aber auch Werke
bekannter Künstler wie Alexander Calder, László Moholy-Nagy oder Jean
Arp. Die aktuelle Perspektive der Ausstellung wird durch etliche Werke
des Künstlers Armin Linke betont. Dieser hat eigens für die Ausstellung
viele Bauten Aaltos fotografisch und filmisch neu dokumentiert. Die so
entstandenen Werke ziehen sich durch die gesamte Ausstellung und stehen
im Dialog mit historischem Material aus den Archiven des Alvar Aalto
Museums und anderer internationaler Leihgeber. Zusätzlich wurde in
Zusammenarbeit mit dem Phones Design Team vom Global Sponsor Microsoft
das digitale Angebot in der Ausstellung erweitert.
Ausstellungsräume
Die vier Bereiche der Ausstellung »Alvar Aalto -- Second Nature«
betrachten verschiedene thematische Aspekte von Aaltos Leben und Werk.
Sie folgen einer losen chronologischen Anordnung. Der erste Raum befasst
sich mit Aaltos früher Schaffensperiode bis hin zu seinem legendären
Entwurf des Sanatoriums in Paimio (1928-1933). Hier wird Aaltos
Annäherung an die Moderne anschaulich nachvollzogen. Der zweite Raum
beleuchtet Aaltos Bezug zur Kunst und den Dialog mit wichtigen Künstlern
seiner Zeit. Dies geschieht sowohl durch einzelne Kunstwerke -- etwa von
Alexander Calder und Jean Arp -- als auch durch die Vorstellung zweier
Schlüsselbauten, der Villa Mairea (1938/39) im finnischen Noormarkku und
dem Maison Louis Carré (1956--1959, 1961--1963) im französischen
Bazochessur- Guyonne. Der dritte Ausstellungsraum betrachtet Aaltos Werk
als Designer von Möbeln, Leuchten und Glasobjekten und verfolgt die
Geschichte der von ihm mitbegründeten Galerie und Möbelfirma Artek. Der
vierte und letzte Bereich widmet sich Aaltos internationalem Aufstieg in
der Nachkriegszeit und seinen Großprojekten in Architektur und
Stadtplanung, darunter das Studentenwohnheim Baker House (1946--1949) am
Massachusetts Institute of Technology (Cambridge, MA, USA), das Wohnhaus
im Berliner Hansaviertel (1955--1957), welches als Teil der
Interbau-Ausstellung (IBA) 1957 entstand sowie das Kulturzentrum
Wolfsburg (1958--1962).
Katalog & Rahmenprogramm
»Alvar Aalto -- Second Nature« wird begleitet von einem umfangreichen
Katalog mit 688 Seiten. Er umfasst Essays von zehn Autoren, darunter
Eeva-Liisa Pelkonen, Akos Moravanszky, MoMA-Kurator Pedro Gadanho,
Interviews mit Kenneth Frampton und Álvaro Siza, aber auch einen
umfangreiches Exponatverzeichnis mit teilweise erstmals dokumentierten
Originalzeichnungen und Abbildungen. Begleitend zur Ausstellung findet
ein umfangreiches Veranstaltungsrogramm statt, unter den Gästen sind
Shigeru Ban, Claesson Koivisto Rune, Front Design, Harri Koskinen,
Matthias Sauerbruch, architecten de vylder vinck taillieu und andere.
»Alvar Aalto -- Second Nature« ist eine Ausstellung des Vitra Design
Museums und des Alvar Aalto Museums, Finnland. Global Sponsor der
Ausstellung ist Microsoft.
Facts
Kurator: Jochen Eisenbrand
Co-Kuratorin: Katariina Pakoma, Alvar Aalto Museum
Ausstellungsdesign: Kuehn Malvezzi Architects, Berlin
Exponate: Architekturmodelle (ca. 20), Originalzeichnungen (ca. 50),
Möbel (ca. 40), Leuchten (ca. 20), Glasobjekte (ca. 10), Filme, Bildende
Kunst, historische Fotos, fotografische Essays von Armin Linke
Dauer der Ausstellung: 27. September 2014 – 1. März 2015
Öffnungszeiten: Täglich 10 – 18 Uhr
Eintritt: 10,00 €, ermäßigt 8,00 €, Kinder unter 12 Jahren frei
Öffentliche Führungen: jeden Samstag, Sonntag und Feiertag um 11 Uhr
Katalog: Alvar Aalto – Second Nature Hrsg.: Mateo Kries, Jochen
Eisenbrand Hardcover, 23,5 x 16,5 cm, 688 Seiten, ca. 500 Abb., überw.
farbig Deutsche Ausgabe, ISBN 978-3-931936-87-7
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