Unwetter über Deutschland überfordern die Kanalsysteme - die neue Norm für Schachtdeckel ISO 15398 soll hilfreich sein

Meldung: Fachvereinigung  Betriebs- und Regenwassernutzung (fbr), Darmstadt, den 24. 07. 2014

 

 

 

fbr fordert Umdenken in der Siedlungswasserwirtschaft

Die Starkregenereignisse in Deutschland nehmen zu. Mehr als 40 Liter Niederschlag pro Quadratmeter in kurzer Zeit sind dabei keine Seltenheit. Das Kanalnetz in deutschen Städten und Gemeinden ist für diese Niederschlagsereignisse nicht ausgelegt und kann die Wassermassen nicht abführen, die Auswirkungen sind Überschwemmungen mit hohen Folgekosten. Experten prognostizieren auch in Zukunft deutlich mehr Starkregenereignisse.
 

Die Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e.V. fordert seit langem geeignete Retentionsmaßnahmen sowohl auf Privatgrundstücken als auch auf kommunalen Liegenschaften.
 

Regenwasser rückhalten, nutzen, versickern und Regenwasser verdunsten sind die dezentralen Bausteine, die es gilt, maßgeblich in die Siedlungswasserwirtschaft zu integrieren. „Es muss endlich Schluss damit sein, dass Bürger und Gebäudeeigentümer, die in Regenwassernutzungsanlagen investieren und damit einen wesentlichen Beitrag zur Regenrückhaltung und nachhaltiger Regenwasserbewirtschaftung leisten, ausgebremst werden“, so Dietmar Sperfeld, Fachreferent der fbr. Behörden und Verwaltungen sind aufgerufen, Hemmnisse z. B. in Satzungen abzubauen und die Regenwassernutzung beratend zu unterstützen.
 

Regenwasserspeicher sollten Bestandteil jeder privaten und gewerblichen Neubaumaßnahme sein. Der Mehrwert der Regenwassernutzung, angefangen bei der Retention, den Betriebswasserkonzepten, über die Löschwasserbevorratung bis hin zu neuen Möglichkeiten der Kühlung und Klimatisierung in der Gebäudetechnik, ist erheblich. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein generelles Umdenken in der Siedlungswasserwirtschaft notwendig. Die bestehende konventionelle Wasserinfrastruktur muss zukünftig mit den dezentralen flexiblen Systemen weiter vernetzt werden. Die Akteure aus Politik, Forschung und Praxis sind aufgerufen, gemeinsam zu diskutieren und Lösungen zu erarbeiten.

 

 

 

Neue Norm für Schachtabdeckungen aus Kunststoff, die ISO 15398

 

Schachtabdeckungen aus Kunststoff sind mittlerweile sowohl für Regenwasserspeicher als auch für Technik- und Inspektionsschächte weit verbreitet. Die Internationale Organisation für Normung (ISO) – der weltweite Zusammenschluss aller Normungsinstitute - hat deshalb mit der neuen ISO 15398 „Specifications for thermoplastics covers and frames for manholes and inspection chambers used in non-traffic areas“ erstmals ein entsprechendes Regelwerk erarbeitet.

 

Wieder einmal war die innovative Regenwassernutzungstechnik deutscher Qualitätshersteller auch hier Vorreiter und der Zeit voraus. Schon Mitte der neunziger Jahre wurden in Regenwassernutzungsanlagen erste Kunststoffschachtabdeckungen eingesetzt und speziell für diesen Einsatz bereits in der Regenwassernorm DIN 1989-1 auch entsprechende Klassifizierungen geschaffen. Durch das Zugpferd Regenwassernutzung haben sich auch bei den Kunststoffschachtabdeckungen von Deutschland aus sukzessive dynamische Märkte entwickelt – weshalb heute entsprechend auch deutsche Hersteller die internationale Technologie- und Marktführerschaft inne haben und eine ähnliche Erfolgsgeschichte schreiben wie die Regenwassertechnik. Inzwischen sind weltweit bereits mehrere Dutzend Hersteller bekannt.

 

Anwendung findet die Norm für Schachtabdeckungen aus thermoplastischen Kunststoffen die im sog. Bereich „Haus und Hof“ eingesetzt werden. Bis zur max. Nennweite DN 800, für die Belastung durch Fußgänger (Klasse A 15 kN) oder leichte Fahrzeuge (max. Klasse B 125 kN - PKW). Für klassische Verkehrsflächen im öffentlichen Raum gilt nach wie vor ausschließlich die EN 124.

 

Nach ISO 15398 sind neben den Belastungsprüfungen nach EN 124 wie sie auch für Beton/Guss-Abdeckungen gelten, darüber hinaus in erheblichem Umfang zusätzliche Nachweise, wie Alterungsverhalten, Rutschfestigkeit, UV- und Kältestabilität, zu erbringen.

 

Die Eignungstests nach EN 124 beinhalten im Wesentlichen div. Druckprüfungen auf einer Prüfpresse (siehe Bild), die Messung der Verformung unter Last, bzw. nach der Lastaufbringung. Hier dürfen z.B. in der Belastungsklasse A 15 kN nach mehrmaligem dynamischem Aufbringen der Last keinerlei Rissbildungen entstehen und die Verformung darf 6mm nicht übersteigen.

 

Zusätzlich sind nach ISO 15398 unter anderem folgende wesentliche materialspezifische Standard-Nachweise zu erbringen:

  • Materialfestigkeit

  • Homogenität

  • Kriechverhalten

  • Dauerelastizität

  • Alterungsverhalten 

  • sowie die Resistenz und Beständigkeit gegen häusliches Abwasser der eingesetzten Kunststoff

Außerdem unter anderem folgende Sicherheitsanforderungen:

  • Ebenheit der Deckel

  • Spaltweiten zwischen Rahmen und Deckel

  • Passgenauigkeit von Deckel und Rahmen

  • Die rutschhemmende Eigenschaft der Oberflächenstruktur

  • sichere Lage und zuverlässige Fixierung des Deckels

  • ordnungsgemäße, für den Verbraucher verständliche Kennzeichnung der Schachtabdeckungen

Eine besondere Herausforderung sind der sog. „Cold-Climate-Crack-Test“, ein Schlagtest bei - 20°C und der UV+-Test, der als Nachweis für die UV-Beständigkeit angegeben wird.

 

Mit der Erarbeitung der neuen Norm und der Entwicklung der seit längerem verfügbaren Schachtabdeckungen hat die Branche der Betriebs- und Regenwassernutzung wieder einmal ihre Innovationskraft unter Beweis gestellt. Neben der kontinuierlichen Entwicklung von Produkten der Regenwassernutzung und Innovationen bei der Grauwassernutzung konnten in den letzten Jahren auch verschiedene Systeme zur Reinigung von Regenwasser von Verkehrsflächen entwickelt werden, die wesentlich zur Entlastung der Umwelt beitragen.

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 31. Juli 2014