Geburtsaristokratie in Frankfurt a/M. Historisches
Museum widmet den Holzhausens eigene Ausstellung |
Meldung: Historisches Museum Frankfurt, den
10. 04..2014 |
Foto: ©
Kulturexpress |
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Auf dem Foto v.l.n.r.: Jan Gerchow,
Direktor im Historischen Museum Frankfurt, Bernolph Freiherr
von Gemmingen-Guttenberg, der Dokumentarfilmer Johannes
Holzhausen und Kurator und Buchautor Andreas Hansert
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Keine andere Familie
nahm auf die Entwicklung der Stadt Frankfurt so viel Einfluss wie die
Holzhausen. Von 1243, als Heinrich von Holzhausen aus dem Taunus in die
wachsende Stadt zog, bis 1923, als Adolph Freiherr von Holzhausen ohne
Nachkommen verstarb.
In allen Jahrhunderten gestalteten Angehörige der Familie die
gesellschaftliche und politische Entwicklung der Stadt. Sie förderten
die Künste und soziales Engagement. Ihre Biografien und die Kunstwerke
in der Ausstellung geben davon ein Zeugnis. Dabei erwies sich die
Familie der Holzhausens als früher Reformator, die den
protestantischen Glauben durch Martin Luther nach Frankfurt am Main brachten.
Die
verwandtschaftlichen Beziehungen der auf dem Foto abgebildeten liegen
zwischen dem Freiherrn aus der Region um Frankfurt und dem Österreicher
Johannes Holzhausen. In Österreich hatten sich Anfang des 20.
Jahrhunderts einige Familienmitglieder niedergelassen, woraufhin eine
Diskussion über die rechtmäßige Nachkommenschaft der Familie Holzhausen
entbrannte, weil die Frankfurter Linie ab 1923 als ausgestorben gilt.
Im hinteren Teil der
Ausstellungsräumlichkeiten im Saalhofbau befindet sich eine Leinwand und
Sitzgelegenheiten. Dort wird ein Dokumentarfilm über die
Familientradition und den Stammbaum der Familie Holzhausen in Österreich
gezeigt, den Johannes Holzhausen produziert hat. Gemälde, Stammbäume und
andere Gegenstände zeigen in familiärer Umgebung einige Zusammenhänge zu
den Holzhausens von damals und deren Lebensart in der Gegenwart. Das
geschieht durch Interviews, die immer wieder, manchmal spontan, in den
Filmablauf eingestreut sind.
Von 1255, als Heinrich von
Holzhausen zum Schöffen gewählt wurde, bis 1806 waren 68 Bürgermeister
Angehörige der Familie Holzhausen – mehr als von jeder anderen Familie.
Eine solche Machtfülle war das Ergebnis kluger Zusammenarbeit mit
anderen Familien der tonangebenden Gesellschaftsschicht. Diese Bündnisse
wurden bevorzugt durch Hochzeiten geschlossen oder gefestigt. Durch eine
geschickte Heiratspolitik steigerten die Holzhausen ihre politische und
gesellschaftliche Bedeutung.
Der gesellschaftliche Einfluss der Familie Holzhausen zeigt sich vor
allem auch in der Förderung kirchlicher Einrichtungen und sakraler
Kunst. Das Reliquienkreuz, das Siegfried von Marburg zum Paradies um
1370 der Liebfrauenkirche gestiftet hat, erinnert an die Epoche, als
Frankfurts Selbständigkeit vollendet wurde. Im Lauf der Jahrhunderte
konnten die Holzhausen immer wieder durch die Besetzung entscheidender
Positionen mit Familienangehörigen politischen Einfluss ausüben.
Im frühen 16. Jahrhundert führten Humanismus und Reformation auch in
Frankfurt zum einem tiefgreifenden Umbruch. Die Holzhausen hatten großen
Anteil daran: Hamman von Holzhausen war 1520 einer der Gründer der
Frankfurter Lateinschule – dem Vorgänger der heutigen Gymnasien in
Frankfurt – und verhalf dem Protestantismus und der Lehre Luthers in der
Reichsstadt zum Durchbruch. Hammans Sohn Justinian von Holzhausen
repräsentierte überaus selbstbewusst die Stärke des Frankfurter
Patriziats. Er ließ sich von Conrad Faber von Creuznach mit den Symbolen
des Reichtums portraitieren. Durch die Aufträge der Holzhausen wurde er
zu einem der bedeutendsten deutschen Renaissancemaler.
Besondere Erwähnung sollte
jedoch das Holzhausenschlösschen im gleichnamigen Park in Frankfurt
gewinnen, das nach mehreren Umbauten schon während der Barockzeit viele
Jahre Wohnsitz der Familie war. In der Ausstellung werden die baulichen
Veränderungen über die Jahrhunderte hinweg anhand des historischen
Materials, wie Gemälde und Pläne aufgezeigt. Wobei die bauliche
Veränderung von einer festungsartigen Burg mit Wassergraben zu einem
herrschaftlichen Barockschlösschen schon einer Verwandlung gleicht.
Frankfurt a/M ist nie Residenzstadt gewesen, wie das vielleicht
München, Düsseldorf oder Würzburg waren, was mit
entsprechend herrschaftlichen Residenzen im Stadtbild und womöglich mit
symmetrischem Stadtplan an den Herrschaftshäusern orientiert,
verbunden ist. Solche Gebäude fehlen in Frankfurt a/M komplett, nicht
etwa weil diese abbruchreif waren, sondern weil solche nicht vorhanden
gewesen sind. Die Stadt war über Jahrhunderte hinweg 'Freie Stadt', was
in etwa dem Status der norddeutschen Hansestädte ähnelt. Erst die
preußische Regierung im 19. Jahrhundert nahm der Stadt den Status, um
sie flächenmäßig einzugliedern. Seither gehört Frankfurt am Main zu
Hessen. Somit ist das Holzhausenschlösschen einer der wenigen Relikte
feudaler Baukunst in Frankfurt a/M. Sonst ist das historische Stadtbild vor allem durch Stadtvillen des reichen Bürgertums und der frühen
Industrialisierung und Technisierung geprägt.
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Das Wasserschlösschen vor dem Umbau auf einem
historischen Gemälde (Ausschnitt) |
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Pläne des Schlösschens nach dem Umbau im 18.
Jahrhundert, so wie Aussehen und Fassade bis jetzt erhalten sind |
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Bekannt sind auch die beiden
Varianten des Holzhausenschlösschens, welche Hans Thoma während seines
mehrjährigen Aufenthaltes in Stadt und Taunusregion davon malte. Eines
der Gemälde aus dem Städel Museum ist Bestandteil der
Holzhausen-Ausstellung.
Das Wasserschlösschen − das spätere Holzhausenschlösschen – stieg unter
Justinian zu einem Museumshof auf. Unter Johann Hieronymus von
Holzhausen wurde das Schlösschen im 18. Jahrhundert zu einem
Barockensemble umgebaut und hat sich in dieser Form bis heute erhalten.
Während die Bedeutung der Familie in der Stadtpolitik abnahm, erwarben
die Holzhausen weitere Landgüter und stiegen so zu feudalen
Großgrundbesitzern auf.
Ihr letzter Vertreter – Adolph Freiherr von Holzhausen – vermachte sein
Erbe der Stadt Frankfurt und ihren Bürgern. Der weitläufige Grundbesitz
um das Holzhausenschlösschen herum wurde angesichts der Expansion der
Stadt äußerst begehrt für teures Geld verkauft.
So entstand eines der nobelsten Quartiere in der Stadt, das Holzhausenviertel.
Mittlerweile befindet sich das Schlösschen wieder in einer Umbau- und
Modernisierungsphase, nachdem in den letzten Jahren dort immer wieder
Einbrecher am Werk waren und versuchten das Haus auszuräumen.
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Gewölbeschlussstein der Familie Marburg zum
Paradies |
Andreas Hanserts Buch zum
Thema, „Geburtsaristokratie in Frankfurt am Main. Geschichte des
reichsstädtischen Patriziats“, ist zur Ausstellungseröffnung am 9. April
2014 im Böhlau-Verlag, Wien erschienen.
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