Das an der Friedrich-Schiller-Universität Jena angesiedelte Langfristprojekt „Historisch-kritische Wieland-Edition“ geht in die zweite Verlängerung. Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft jährlich mit rund 350.000 Euro geförderte sog. „Oßmannstedter Ausgabe“ kann damit eine neue Förderphase eröffnen und die auf 36 Bände projektierte Edition, die integral Werke und Übersetzungen Christoph Martin Wielands in chronologischer Folge zusammenführt, fortsetzen.
„Sie zählt zu den herausragenden
Editionsprojekten, die gegenwärtig im deutschen
Sprachraum gefördert werden“, unterstreicht
Mitherausgeber Klaus Manger aus Jena. Von der
Ausgabe liegen bereits elf Textbände im Druck
vor. Sie enthalten die Werke von 1764 bis 1782.
Herausgegeben wird die Oßmannstedter Ausgabe
gemeinsam von Klaus Manger,
Literaturwissenschaftler der Jenaer Universität,
und Jan Philipp Reemtsma, Vorstand des Hamburger
Instituts für Sozialforschung.
Wieland (1733-1813), der zu den wichtigsten
Dichtern und Schriftstellern im 18. und
beginnenden 19. Jahrhunderts zählt, hat wie kaum
ein Autor seiner Zeit die Epochen und
literarischen Bewegungen seiner Zeit geprägt.
Als Autor des Rokoko und der Empfindsamkeit, des
Sturm und Drang sowie der klassischen Periode
„ist sein Wirken lange Zeit unterschätzt
worden“, weiß Manger und verweist auf eine
Aufgabe des aktuellen Editionsprojekts: Der
Ausgabe des Aufklärers werde bescheinigt, dass
sie dazu beitrage, das Bild des in der
öffentlichen Wahrnehmung hinter Goethe
zurückgefallenen Autors zu korrigieren.
In diesem Jahr werden Kommentarbände mit einer
aufwendigen Textkritik und der umfänglichen
Sachkommentierung folgen. Ein eigenes Kolloquium
zu „Problemen der Apparatgestaltung“ soll
ebenfalls noch 2014 die vom
Wieland-Forschungszentrum Oßmannstedt
mitgetragene Arbeit begleiten. „Mit dieser
streng chronologischen und das Gesamtwerk
erfassenden Edition wird Pionierarbeit
geleistet“, sagt Germanist Manger. „Allein die
Tatsache, dass in schwieriger Zeit ein so
umfängliches Projekt gefördert wird, darf als
hohe Anerkennung der Editionsarbeit gewertet
werden.“ Dass für das Übersetzungswerk – das von
Shakespeare über Horaz und Lukian bis zu
Xenophon, Euripides, Aristophanes und Cicero
reicht – auswärtige Spezialisten gewonnen
wurden, zeuge vom Rang der Edition. Mit ihr wird
nun gerade dem Autor, der ungeachtet seiner
Bedeutung lange im Schatten der
wissenschaftlichen Aufmerksamkeit stand, eine
nach modernsten Kriterien konzipierte Edition
zuteil, sind die Herausgeber überzeugt.
Editionsgeschichtlich widerfährt damit Wieland
vergleichsweise spät Gerechtigkeit, stand er
doch schließlich am Anfang der neuen Bedeutung
Weimars. Herzogin Anna Amalia hatte ihn 1772 als
Erzieher des Erbprinzen Carl August von der
Erfurter Universität nach Weimar berufen. Von
diesem Augenblick datiert der Aufstieg, die
unvergleichliche Ereignisgeschichte der Residenz
Weimar und – durch Goethes Berufung – der
Universität Jena. Dass hier die „Weltliteratur“
heimisch wurde, „daran hatte Wieland mit seiner
immensen Gelehrsamkeit größten Anteil“, betont
Manger. Keiner habe das schärfer gesehen als
Goethe, der den einzigen Lorbeer, den er je
vergeben hat, Wieland 1780 für den „Oberon“
zuteil werden ließ.
www.wieland-edition.uni-jena.de.