Bis 17. März 2013

"Die Galerie" im Grüneburgweg stellt figurative Kunst aus Skandinavien aus

Künstler: Egill Jacobsen, Ejler Bille, Carl-Henning Pedersen, Asger Jorn, Mogens Balle, Per Kirkeby, Olav Christopher Jenssen, Timo Jakola, Robert Lucander, Susanne Johansson (Ex-Simonson), Kathrine Ærtebjerg, Maria Nordin. Kuratorin: Elke Mohr, M.A.

 Abbildungsnachweis: Die Galerie  

Robert Lucander, Immer hautnah dabei, 2006, Acryl und Bleistift, 120 x 170 cm

Frankfurt ist nicht gerade großartig mit Kunstgalerien bestückt. Die Szene spielt sich traditionell etwas mehr südlich über dem Main im Stadtteil Sachsenhausen ab, wo die Städelschule ist. Das MMK zwischen Dom und Berliner Straße liefert zwar ein anschauliches Kontrastprogramm, damit die Bürger nicht kunstmüde werden. Doch das Versprechen in der Braubachstraße eine Kunstmeile zu errichten, dürfte wohl als gescheitertes Projekt verstanden werden. Prestel und andere haben Eingänge in Galerie und Hinterräume, aber ein Galerienverbund ist das nicht.

 

Galerien bilden eine Schnittstelle im Stadtgewirr einerseits, der Verkauf der Exponate spielt eine lebenserhaltende Rolle für das Geschäft andererseits. Das künstlerische Ausstellungsprogramm soll immer wieder Menschen auf die Spur bringen. Kunst ist eine Lebensnotwendigkeit und unverzichtbar für die Gesellschaft, der Kunstmarkt bietet eine Möglichkeit der Fortsetzung. Es darf nicht langweilig werden, dafür sorgen die vielen Künstler, die sich im Namen der Galerie exponieren. Temporär finden sich Kunstsupermärkte. Beispiel ist die Leipziger Straße 43, Ecke Rohmerstraße, wo bis Januar ein Kunstsupermarkt war. Die Adressen der Läden ändern sich regelmäßig. Je nachdem wo sich die Kunst gerade einmieten kann.

 

"Die Galerie" ist Eigenname, obwohl dies auch den Oberbegriff umschreibt um welcher Art Handlung es sich handelt. Die Galerie im Grüneburgweg liegt unweit vom gleichnamigen Grüneburgpark, nicht weit vom Palmengarten entfernt und nicht weit vom Poelzig-Bau der Johann Wolfgang Goethe-Universität mit einer großen parkähnlichen Gartenanlage vor dem Ensemble der Gebäude. Hier finden sich große Bronzeskulpturen mitten auf der Wiese, die im Namen der Galerie aufgestellt worden sind. Das Frankfurter Westend hat seine Qualitäten. Es findet sich stets ein Weg, um aus einem Nachteil einen Vorteil entstehen zu lassen. Die Platznot wird einfach in sein Gegenteil in ein Raumangebot umgewandelt. Allerdings bezahlbaren Wohnraum zu finden, dürfte schwer fallen in Anbetracht des Frankfurter Mietspiegels.

 

Die Straßen vor den Häusern sind manchmal beengt, weil von den vielen Autos der Anwohner zugeparkt. Eine öffentliche Buslinie fährt durch das Westend auch an der Galerie vorbei und hält am Palmengarten.

 

In mancher Hinsicht bildet "Die Galerie" ein Kleinod unter den Galerien. Es gibt immer wieder interessante Ausstellungen. Die Räumlichkeiten sind nicht überwältigend und befinden sich in einer Wohnhausgegend. So gesehen könnte man sich fragen, was ein Gewerberaum in einer Wohngegend zu suchen hat? Doch das Westend behält seine Geheimnisse für sich. Dazu zählt die besondere Form der Lebensqualität.

 

Es gibt auch Galerien, die in Wohnungen stattfinden. Das ist fast nur im Frankfurter Westend möglich. Die Ausstattung der Häuser erlaubt die repräsentative Hervorhebung als Ausstellungsraum, weil die Wohnungen in den gründerzeitlichen Häusern selbst einen ausgeprägten Ausstellungswert besitzen.

 

Die Auseinandersetzung mit skandinavischer Kunst taucht in aller Regelmäßigkeit im Ausstellungsprogramm der Galerie auf. Die Gruppe CoBrA und ihre legendären Vertreter haben es ihr dabei angetan. Die expressive Farbigkeit dieser Bilder ist ungewöhnlich für die nordischen Länder, zeugt aber von einer tiefen Verwurzlung in der Beschäftigung mit dem Unterbewußten in der Kunst.

 

Zur aktuellen Ausstellung: Figurative Kunst aus Skandinavien     

www.die-galerie.com       

 

Egill Jacobsen (1910-1998), Ejler Bille (1910-2004), Carl-Henning Pedersen (1913-2007), Asger Jorn (1914-1973), Mogens Balle (1921-1988), Per Kirkeby (*1938), Olav Christopher Jenssen (*1954), Timo Jakola (*1957), Robert Lucander (*1962), Susanne Johansson (Ex-Simonson) (*1969), Kathrine Ærtebjerg (*1969), Maria Nordin (*1980)

Wie lässt sich das Kunstschaffen einer europäischen Region zusammenfassen, dessen Flächenausdehnung mehr als dreimal so groß ist wie die Deutschlands? Gibt es generationenübergreifende gemeinsame Merkmale, eine „nordisch“ geprägte Kunst? Eine äußerst lebendige zeitgenössische Szene hat sich längst über die nationalen Grenzen hinweg etabliert und mischt im internationalen Kanon erfolgreich mit.

Unter dem Titel Figurative Kunst aus Skandinavien setzt eine Ausstellungsfolge fort, die dem besonderen Kunstschaffen der Moderne und der zeitgenössischen Kunst einer bestimmten Region gewidmet ist. So zeigte das Haus im Frankfurter Westend in den vergangenen Jahren Ausstellungen dieser Art zu Italien, Spanien, Korea und Österreich. Skandinavien bietet eine besonders reiche Quelle und spannende Grundlage als hier auch die internationale Kunst des 20. Jahrhunderts wesentliche Anregungen erhielt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es unter anderem die dänischen Protagonisten der CoBrA-Bewegung, Asger Jorn, Carl-Henning Pedersen, Mogens Balle, Ejler Bille und Egill Jacobsen, die Impulse auf eine ganze Generation junger Künstler gaben. Eine starke Neigung zur Abstraktion und vor allem eine Freude am narrativen Element in der Kunst sowie die Beschäftigung mit der nordischen Mythen- und Sagenwelt, flossen über sie in den Kunstbegriff der CoBrA-Gruppe ein. Mit Ausnahme des national und international renommierten Asger Jorn, der ab 1955 beständig in Frankreich und Italien lebte, waren die dänischen CoBrA-Künstler auf nationaler Ebene sehr erfolgreich und anerkannt – im Ausland aber sind sie durchaus noch eine „Entdeckung“.

 

So spannt die Ausstellung einen Bogen von den Malern der CoBrA- Gruppe, die im Programm der Galerie fest verankert sind, bis hin zu spannenden zeitgenössischen Positionen, die am Beispiel einiger international renommierter Künstler exemplarisch dargestellt werden sollen. Ziel der Ausstellung ist nicht, das Kunstgeschehen in den skandinavischen Ländern umfassend darzustellen, sondern viel- mehr aufzuzeigen, wo und wie es die Traditionen fortsetzt und eine eigene geographische Prägung annimmt oder sich in die Tendenzen einer globalen Kunstszene einfügt.

 

DIE GALERIE Gesellschaft für Kunsthandel mbH

Grüneburgweg 123 D-60323 Frankfurt am Main



 

Der Däne Per Kirkeby, der lange Jahre an der Kunstakademie in Karlsruhe und an der Städelschule in Frankfurt lehrte, zählt zweifelsohne zu den prominentesten Künstlern der Ausstellung. Ihm zur Seite stehen zwei „Shooting Stars“ der nordischen Kunstszene, beide mit Professuren an deutschen Kunsthochschulen, der in Finnland geborene Robert Lucander, der heute in Berlin lebt und eine Professur an der Universität der Künste in Berlin innehat, und der Däne Olav Christopher Jenssen, Professor für Malerei an der HBK Braunschweig.



 

Drei junge Malerinnen aus Schweden und Dänemark beschreiben in ihren Werken in ganz unterschiedlicher Weise die inneren und äußeren Zustände des Menschen: Die nur vage ausformulierten Figuren von Susanne Johansson zeigen sich abgewandt und distanziert, sie verweigern sich einer Kommunikation mit dem Gegenüber. Bisweilen wirken sie steinern, eingefroren in ihren Bewegungen. Susanne Johansson gelingt es in ihren Gemälden, Stimmungen zu erzeugen, Assoziationen und visuelle Erinnerungen zu wecken, die sich nicht in Worten, wohl aber in Bildern ausdrücken lassen.
 

Maria Nordin, Ohne Titel, 2011, Aquarell auf Papier, 150 x 69 cm

Die dänische Malerin Kathrine Ærtebjerg ist eine hochbegabte und phantasievolle Geschichtenerzählerin, mit dieser Gabe knüpft sie auch an Traditionen der nordischen Kunst an. Ihre Protagonisten bewegen sich oft in einem waldartigen Gespinst an Formen und Linien, erinnern an Hänsel und Gretel oder an Figuren aus den Märchen Hans Christian Andersens. Was bisweilen humorvoll und karikaturesk erscheint, führt beim zweiten Blick aber zu Irritationen: Die Figuren bewegen sich in einem verworrenen Labyrinth, lösen sich in ihrer Umgebung auf oder sind verfolgt von dunklen Gestalten.

 

Die junge schwedische Künstlerin Maria Nordin hat in wenigen Jahren einen unverwechselbaren Stil gefunden, der die meisterhaft beherrschte Aquarelltechnik mit Foto- und Filmtechniken kombiniert. Das kann in ähnlicher Weise nur die aus Norrköping stammende Künstlerin Cecilia Edefalk, deren feine Aquarellkunst im MMK mit mehreren Werken zur Sammlung gehört.

 

Maria Nordin verbindet Sequenzen von aquarellierten Porträts zu Filmsequenzen, die in kurzen Loops von wenigen Sekunden bewegte Augenblicke wiedergeben. Hier und in den oft großformatigen Papierarbeiten spiegelt sich ein Menschenbild, das in einer überzeichneten fotorealistischen Wiedergabe und in extremer Nahansicht eine verstörende Intimität zum Gegenüber aufbaut. Der fixierende Blick der Dargestellten auf der anderen Seite scheint den Betrachter aber genauso „auszuziehen“ und evoziert eine faszinierende und spannende Wechselwirkung, der sich zu entziehen, schwer fällt.


Öffnungszeiten: MO - FR 9 - 18, SA 10 - 14 und nach Vereinbarung
 

Asger Jorn, Douleur silencieuse, 1960, Öl auf Leinwand, 61.5 x 90 cm

 

Mogens Balle,Ohne Titel, 1965, Öl auf Leinwand, 100 x 125 cm

 

Per Kirkeby, Ohne Titel, 2012, Mischtechnik auf Masonit, 122 x 122 cm

 

Robert Lucander,Marja, 2007, Acryl und Bleistift auf Holz, 70 x 100 x 2,5 cm

 

Maria Nordin,Behind the Laughing Veil, 2011, Installation bestehend aus 16 Aquarellen und Video, Jeweils 21 x 30 cm

 

Siehe auch:   Figurative Kunst aus Österreich

Siehe auch:   DIE GALERIE auf 156qm Messefläche vom 18.-22. April mit Werken von André Masson, Max Ernst und Klaus Zylla auf der Art Cologne - Halle 5.1. G3

Siehe auch:  "Die Galerie" in Frankfurt, Grüneburgweg 123 stellt bis 4. November zwei Positionen - Eckhard Kremers und Dietrich Klinge aus

Se även på Svenska:  CoBrA – Konst i uppbrottet. Att komma ihåg Karel Appel

 

 

Kulturexpress  ISSN 1862-1996

vom 09. Februar 2013